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Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen

Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen

Titel: Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen
Autoren: Rachel Cohn
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Flur auf sie zu warten.
    Nur Ely war zu Hause, sonst niemand. Ich hätte seine Eltern gerne mal kennengelernt. Naomi hatte oft genug Bemerkungen über sie fallen lassen, sodass ich mir die Geschichte ganz gut zusammenreimen konnte. Ich weiß, dass so was falsch ist, aber ich hatte mir immer vorgestellt, dass Elys Mutter, also die von den beiden, mit der Naomis Vater eine Affäre gehabt hatte, eine sehr attraktive Frau war. Dann wäre das alles irgendwie leichter zu verstehen, zumindest mir ging es so. Und Ely war ja auch sehr attraktiv. Nicht dass mir das bisher nicht aufgefallen war, aber ich hatte nie gedacht, dass das für mich irgendeine Bedeutung haben könnte. Ich habe es bei ihm nicht auf die gleiche Weise gespürt, wie ich es spürte, wenn ein tolles Mädchen in der Nähe war. Wie Naomi, die nicht nur schön und sexy ist, sondern sich auch gern über alle möglichen Dinge Gedanken macht. Meine nicht sehr große Erfahrung mit Beziehungen und meine kaum weniger beschränkte Erfahrung mit Freundschaften hatten mich gelehrt, dass es jede Menge Leute gibt, die Gedanken für etwas Lästiges und Ärgerliches halten. Sie finden Nachdenken einfach nicht spannend. Sie haben keine Lust, ausgetretene Pfade zu verlassen, um irgendwelche Gedanken weiterzuspinnen. Naomi dagegen schätzt die hohe Kunst des Denkens sehr. Der Haken daran ist nur, dass ich nie weiß, was sie denkt. Wahrscheinlich hat Ely davon mehr Ahnung.
    Wir gingen in ein Zimmer, dessen Wände vom Boden bis zur Decke mit Bücherregalen vollgestellt waren, ein Zimmer von der Sorte, wo die Bücher schon so lange nebeneinanderstehen, dass sie zu einer einzigen vielgliedrigen Kette verschmolzen sind.
    »Kann ich dir den Mantel abnehmen?«, fragte Ely. Ich gab ihm meine Jacke und er schmiss sie einfach auf einen Stuhl. Das hätte mich eigentlich nerven müssen, aber so, wie er es tat - als wäre es ein lustiges Spiel mit sich selbst, nicht als machte er sich über mich lustig -, hatte es schon fast wieder Charme. Ich setzte mich auf die Couch und er stand vor mir.
    »Kann ich dir was zu trinken anbieten?«
    Was dann folgte, wäre vielleicht leichter zu verstehen, wenn ich Ja gesagt hätte. Aber ich sagte Nein.
    »Das ist gut«, meinte er. »Moms Johnnie, Jack und Jim können einen ganz schön fertigmachen.«
    »Wer wie was?«, fragte ich verwirrt. »Ich dachte, deine Mutter ist nicht mit einem Mann zusammen?«
    Jetzt sah er verwirrt aus. »Ist sie auch nicht.«
    »Aber hast du nicht eben von irgendwelchen Typen gesprochen?«
    Er lachte. »Ja, aber sie steht eher auf Bloody Mary.«
    »Heißt sie nicht Mary?«
    »Hör bitte auf«, sagte er losprustend. »Du bringst mich noch um.«
    Ich lachte jetzt auch, aber durcheinander war ich immer noch. »Und wer sind jetzt diese Typen?«, fragte ich.
    »Hab ich dir doch gesagt - DIE VON MEINER MUTTER!«
    An dieser Stelle konnte er sich nicht mehr halten vor Lachen und ich lachte mit. Er wurde richtig knallrot, was mich nur noch lauter lachen ließ. Sobald unser Gelächter nachließ, brauchte er nur hervorzustoßen: »WELCHE TYPEN?«, und ich brüllte zurück: »DIE VON DEINER MUTTER!«, und wir schnaubten, prusteten und wieherten wieder los, bis uns die Tränen kamen und wir uns fast in die Hose machten. Ich war nach hinten gekippt und wischte mir die Augen. Er setzte sich neben mich auf die Couch und lachte und lachte und lachte.
    Das muss ich dazusagen: Ich lache nicht oft. Nicht aus freier Entscheidung. Ich habe nicht viel Gelegenheit. Aber wenn ich mal lache, dann ist es so, als ob ein Damm brechen würde. Dann öffnet sich etwas.
    »Fallen zwei Schokoladen die Treppe runter. Sagt die eine: Oh Mann, ich hab mir sämtliche Rippen gebrochen. Meint die andere: Was soll ich erst sagen, ich bin voll auf die Nüsse gefallen.«
    Das war das Lustigste, was wir beide jemals gehört hatten.
    »Sag mal, Papa, was ist ein Transvestit?«, presste er kieksend hervor.
    »DEINE MUTTER!«, gab ich wiehernd zurück. »Frag deine Mutter, der weiß Bescheid.«
    So machten wir mindestens zwanzig Minuten weiter. Jeder Witz, den wir in der dritten Klasse gehört hatten, wurde hervorgezerrt, um uns wie auf Befehl immer wieder zum Lachen zu bringen. Und wenn mal eine Pause eintrat, dann brauchten wir bloß »Voll auf die Nüsse!« oder »DEINE MUTTER!« zu brüllen, bis uns der nächste Witz einfiel.
    Schließlich kriegten wir beide keine Luft mehr. Wir sa-βen atemlos nebeneinander auf der Couch. Er beugte sich zu mir. Ich guckte auf seine
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