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Nana - der Tod traegt Pink

Titel: Nana - der Tod traegt Pink
Autoren: Barbara Staecker , Dorothea Seitz
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aufgesetzt hat, will sie auch das Fotografieren ausprobieren. Nana selbst erzählt im September von diesem ganz besonderen Märztag in einem Filminterview ( www.recoveryoursmile.org ):

    Es war mir richtig unangenehm, als meine Mama damals an Weihnachten die Fotos machte. Doch als ich mir diese Perücke im Internet bestellt hatte, dachte ich: Jetzt schminke ich mich mal wieder! Vorher hatte ich das nicht mehr gemacht. Wenn es einem so schlecht geht, hat man kein Interesse daran, sich morgens herzurichten, um so auf die Straße zu gehen. Ich fand, das sah einfach so cool aus, weil ich auf einmal so ein anderer Mensch war! Zum einen nicht so wie vorher mit meinen Haaren, aber auch nicht mehr so krank. Dann hab ich meine Mama gefragt, ob sie denn ein paar Bilder machen will. Nicht dass ich dann irgendwann traurig bin, weil ich aus dieser Zeit keine Fotos habe. Sie meinte, sie würde das schon gerne machen, aber sie möchte auch Fotos ohne Perücke. So, wie ich geschminkt bin, mit meinem Outfit – aber eben ganz ohne Haare. Ich glaube, sie wollte mir damit zeigen, dass ich trotzdem gut aussehe.«

    Bis aufs Haar
    Sich selbst als schöne Frau trotz Glatze entdecken. Ein Wendepunkt in Nanas Leben. Denn wie wohl für alle Frauen – und ganz besonders natürlich für junge – wurde für sie der Verlust ihrer Haare zu einem buchstäblich einschneidenden Erlebnis.
    Nanas langes, dunkles, glattes Haar war weit mehr als lediglich eine Frisur. Es war ein Statement. Sie definierte damit ihren Typ, ihre modische Zugehörigkeit. Ihre schwarze Mähne reichte ihr bis zur Taille, und sie pflegte sie mit großer Hingabe.
    Perfektes Styling und Outfit – Nana offenbarte bereits über diese äußerlichen Attribute Hinweise, wer und wie sie wohl sein könnte: welche Musik sie hört, wie ihre Freunde aussehen, welche Lieblingsfilme sie sich ansieht und in welchen Clubs und Bars sie abends anzutreffen ist.
    Bild 32
    Falsche Mähne, echte Mähne. Nana mit schrillem rotschwarzem Kunsthaar (18.3.2011),
    Bild 6
    Nana mit ihren eigenen schwarzen Haaren (20.4.2009).

    Das Haar macht uns zu sinnlichen Wesen. Es steht für Anmut, Attraktivität, Verführung. Die weibliche Glatze dagegen symbolisiert Krankheit, Schwäche, Leiden – all das, was unsere Gesellschaft so gerne nachhaltig ausgrenzt. Nicht von ungefähr war Nanas erste Reaktion auf ihre Krebsdiagnose Ewing-Sarkom nicht etwa: »Muss ich sterben?« Sondern: »Werde ich jetzt meine Haare verlieren?!« Noch zu Beginn der Chemotherapie hoffte sie, das Haar oder wenigstens Augenbrauen und Wimpern würden ihr bleiben. Vergeblich. Und so flossen bittere Tränen, als sie die ersten ausgefallenen Büschel in ihren Händen hielt. Weinend stimmte Nana schließlich zu, dass Barbara die noch verbliebenen Strähnen auf Schulterlänge kürzte. Tage später wurden auch diese abrasiert, denn das Ausfallen der Haare ist nicht zuletzt körperlich ein schmerzhafter Prozess – Berührungen an den Haarwurzeln und auf der Kopfhaut sind unangenehm und tun weh.
    Monate später dann die Glatze als schönes Merkmal zu akzeptieren, stellte auch Nanas Triumph über die Krankheit dar. Und den musste sie mittels Fotos unbedingt mit der Welt teilen.
    Sterbenskrank und lebensmutig
    Wie öffnet sich ein Mensch ein Tor zur Welt, wenn er körperlich schwach und zur Isolation gezwungen ist? Nana entdeckt ihr Tor nach draußen schnell. Über Mails, Messenger, SMS und Facebook hält sie immer dann ihre Außenkontakte, wenn ein schwaches Immunsystem und wiederholte Fieberschübe Besuche in der realen Welt verbieten oder wenn sie stationär an die Klinik gebunden ist. Jede SMS ist ein Strohhalm in den einsamen Nächten ohne Familie in der Dunkelheit von Großhadern. In der Anfangszeit, in der Nana sich in jeder Hinsicht
in einer extremen Ausnahmesituation befindet, ist sie in den Nachtstunden mit der Bewältigung ihrer Krisenphasen auf sich gestellt.
    Eines Nachts hat ihre VIDE-Chemotherapie nicht nur die üblichen Folgen: Nana reagiert auf einen Wirkstoff sehr heftig – sie beginnt zu fantasieren und ist zum Teil nicht mehr ansprechbar. Als diese Nebenwirkung das erste Mal auftritt, ist Nana fassungslos und sendet am 1.11.2010 abends – nachdem ihr Freund Chris die Klinik verlassen hat – eine SMS an Barbara:

    Chris ist gerade gefahren. Ich glaub, ich hab Halluzinationen. Soll ich einfach die Augen zumachen oder einen Pfleger holen? Es sieht so aus, als wäre alles hier in Alufolie gewickelt, und vor mir steht ein
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