Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nächte in Babylon

Nächte in Babylon

Titel: Nächte in Babylon
Autoren: Daniel Depp
Vom Netzwerk:
Dissertation über nichtlösliche Alkaloide total festgefahren. Deshalb konnte Kenny die Kohle, die heute Morgen bei dem Deal für ihn abfallen sollte, dringend gebrauchen.
    Als ein schwerer schwarzer Lincoln Navigator auf das Parkdeck gefahren kam, drehte Kenny sich um. Der Geländewagen hielt nicht neben seinem Porsche, sondern pflanzte sich, quer über alle Begrenzungslinien hinweg, dick und fett mitten auf die freie Fläche. Myladys großer Auftritt, dachte Kenny. Er zog noch einmal an seiner Zigarette und schnippte sie über die Brüstung, genau auf die Motorhaube eines Mercedes, wo sie brutzelnd liegen blieb.
    Sie ließ sich Zeit mit dem Aussteigen, aber Kenny musste zugeben, dass sich das Warten gelohnt hatte. Hochgewachsen und blond, die Figur immer noch knackig, auch wenn der erste Lack bereits ab war. Sie trug eine helle Seidenbluse, unter der ihre leise schwingenden Brüste aufs Schönste zur Geltung kamen, und eine Designerjeans, die jeden Cent ihres gepfefferten Preises wert war. Die hochhackigen Schuhe machten sie noch größer, als sie es sowieso schon war. Und sie hatte eine Sonnenbrille auf der Nase. Um diese Uhrzeit! Lächelnd schritt sie wie eine Amazone auf ihn zu. Sie wollte ihn beeindrucken, was ihr auch gelang.
    »Ist echt ’ne geile Stadt, solange noch alle in den Federn liegen«, sagte Kenny. »Danach kann man sie vergessen.«
    Sie lehnte sich neben ihn an die Brüstung und tat so, als ob sie die Aussicht betrachtete.
    »Warum muss eigentlich jeder über L. A. lästern?«, fragte sie. »Ich liebe diese Stadt. Ich hab mich auf den ersten Blick in sie verguckt.«
    Sie wandte sich ihm zu.
    »Als ich noch in Texas gewohnt habe und Cheerleaderin an der Highschool war, hatten wir mal eine Meisterschaft hier in L. A. Ein Mordsspektakel, als ob das Wohl der Nation davon abhängt, wie wir unsere Pompons schwingen. Na, jedenfalls wollte ich überhaupt nicht mehr nach Hause. Ich hatte die Nase voll von der Cheerleaderei. Und von Dallas. Es war wie eine Offenbarung. Ich habe sogar Faye Dunaway gesehen. Leibhaftig. Sie kam aus dem Spago.«
    Sie drehte sich wieder zur Brüstung. Jetzt komm endlich zu Potte mit deiner Story, dachte Kenny.
    »Wir sind hingegangen, weil wir Stars sehen wollten – wir hatten keinen blassen Schimmer, was das Spago überhaupt für ein Laden war, ich glaube, ich wusste noch nicht mal, dass es ein Restaurant war, bloß dass da Stars ein und aus gehen. Wir haben gewartet und gewartet und keinen einzigen Promi erkannt, aber dann – dann kommt plötzlich Faye Dunaway raus. Leibhaftig. Und sie sieht fantastisch aus. Sie schwebt mehr, als dass sie geht. Sogar mitten am Tag, wenn sie bloß einen Hamburger essen will, ist sie zum Niederknien. Eine Göttin. Ein Auto fährt vor, ein Typ steigt aus und hält ihr die Tür auf. Sie fährt davon. Und ich stehe vor dem Spago auf dem Bürgersteig, umringt von einem Haufen gackernder Cheerleaderinnen, die noch nie was von Faye Dunaway gehört haben. Aber mein Leben war nicht mehr dasselbe. Auf einmal wusste ich, was ich wollte. Ich wollte so sein wie sie.«
    »Faye Dunaway«, wiederholte Kenny. »Die ist doch mittlerweile auch schon scheintot. Und diese Zähne! Ich meine, in Bonnie und Clyde hätte sie noch nicht solche Hauer gehabt. Was hat die bloß mit ihrer Fressleiste gemacht? Hat die ein künstliches Gebiss, oder was?«
    Sie starrte ihn an.
    »Kann es sein, dass die Pointe dieser Geschichte eine Spur zu hoch für Sie ist, Kenny?«
    »Kennen Sie Monica Bellucci? Das nenn ich ’ne geile Schnitte.«
    »Und an ihren Zähnen ist offenbar auch nichts auszusetzen. Soll ich Ihnen vielleicht etwas über Harrison Fords Gebisssanierung erzählen?«
    So war es richtig, immer schön sticheln und raushängen lassen, dass man was Besseres war. Kenny, der keine Lust hatte, sich noch mal den Mund zu verbrennen, ging zum Porsche und holte eine Pappschachtel heraus, nicht größer als die Geschenkverpackung einer Armbanduhr. Jetzt kramte sie natürlich erst mal ausgiebig in ihrem Handtäschchen, als ob sie die Kohle nicht finden könnte. Kenny hatte öfter Schauspieler als Kunden, und es machte ihn jedes Mal wahnsinnig, dass diese Fatzkes immer eine Riesenshow abziehen mussten.
    Sie drückte ihm einen Packen Geldscheine in die Hand.
    »Zählen Sie nach.«
    Kenny legte die Schachtel auf der Motorhaube des Porsches ab. »Fünf-fünf.«
    Umständlich förderte sie ein zweites Bündel zutage.
    »Sechs-fünf«, sagte Kenny.
    Und noch mal versenkte sie die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher