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Nackte Angst

Nackte Angst

Titel: Nackte Angst
Autoren: Hans E. Koedelpeter
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bestand auch für ihn noch die Möglichkeit, die Fahrt bis zur nächsten Station auf der Lokomotive mitzumachen.
    Vorausgesetzt, die beiden Männer auf der Lok würden hier auf offener Strecke einen Menschen an sich herankommen lassen, der wie ein Tramp aussah und dessen Gesicht blutverschmiert und zerschlagen war. Wachtmeister Wheelers Befürchtungen waren indes unnötig. — Er erreichte den Lokstand nicht rechtzeitig, denn der Zug hatte sich
    wieder in Bewegung gesetzt, bevor er auch nur fünfzig Yards zurücklegen konnte.
    Der letzte Wagen rollte an dem einsam in dem Nebel zurückbleibenden Wachtmeister vorbei und kurze Zeit danach war auch das Rattern des Zuges in der Feme verklungen.
    Dennoch glaubte er Rat in seiner Lage zu wissen — Wo die Eisenbahn ein Signal auf gestellt hatte, da konnte eine Dienstleitung zum nächsten Stellwerk nicht weit sein.
    Von hier aus hoffte er, ein Gespräch oder eine Mitteilung zum Yard durch» - geben zu können. Doch weit gefehlt! —
    Weder am Vor» noch an dem dahinterliegenden Hauptsignal fand Wachtmeister Wheeler den Fernsprechkasten.
    Leicht enttäuscht machte er sich nach dieser Feststellung auf den Weg an den Schienensträngen entlang.
    Einmal mußte ja der links neben ihm verlaufende Draht, der das Signal mit dem Bedienungshebel eines Stellwerkes verband, ein Ende nehmen.
    Er wußte nicht, wie lange er schon auf dem schmalen Pfad dahingewandert war.
    Seinem schleppenden Gang nach zu urteilen, konnten es wohl Stunden gewesen sein.
    In Wirklichkeit war es aber mir eine knappe halbe Stunde, bis aus dem Grau des Nebels ein schwaches Licht vor ihm auftauchte.
    Vergessen war der holprige Streckenpfad; — vergessen der seit mehreren Minuten wieder stärker pochende Brummschädel. Nur noch ein Wunsch beseelte ihn, die sich in London in Sicherheit wiegenden Gangster durch seine Mitteilung an Kommissar Morry vor das Gericht zu bringen.
    Mehrere Treppenstufen zum kleinen Stellwerkhäuschen hinauf auf einmal nehmend, alte er der Lichtquelle entgegen.
    Erschreckt und mit großen Augen blickte ihn der Bahnbedienstete an, der neben einem Morseapparat saß und gerade die in dem Häuschen befindlichen Hebel bedienen wollte.
    „Keine Angst, mein lieber Mann!— Ich bin weder aus einem Zug gefallen noch, will ich Ihnen an den Kragen", sprach er beruhigend auf den Mann ein, als er bemerkte, daß dieser nach Überwindung seiner Schrecksekunde, nach einem am Tisch hängenden Stecken griff.
    Als der Beamte immer noch nicht die Sprache wiedergefunden hatte, und ihn sehr argwöhnisch betrachtete, griff er in seine Rocktasche, holten seinen Dienstausweis heraus und warf ihn vor dem Mann auf den Tisch.
    „Da, lesen Sie, dann wissen Sie Bescheid." Nur einen kurzen Blick warf der Mann auf den Lichtbildausweis, ausgestellt von Scotland Yard. —Sofort erhellte sich sein Gesicht und auch seine Sprache fand sich wieder.
    „Alle Wetter, wer hat Sie denn so durch die Mangel gedreht?" wollte er in Anbetracht Wachtmeister Wheelers ramponiertem Aussehens wissen.
    „Nur Mangel, sagen Sie?" Wachtmeister Wheeler ging auf die eingeschlagene Tonart des Bahnbeamten ein.
    „Mann, — ich bin unter eine Herde wild gewordener Elefanten geraten."
    „Donnerwetter, haben Sie Humor! — Ich kenne Menschen, die sich mit Ihren Kratzern dort mindestens für einige Wochen ins Krankenhaus legen würden." Der Mann war offensichtlich von der Haltung des Wachtmeisters beeindruckt.
    „Hm!" meinte Wheeler an die Worte des Boys anknüpfend.
    „Ihren Vorschlag in bezug auf einen Krankenhausaufenthalt werde ich mir, sobald ich wieder in London bin, einmal näher durch den Kopf gehen
    lassen — Aber deswegen bin ich nicht hier.
    Ich habe eine verdammt wichtige Mitteilung nach London zu geben. — Und dieses möchte ich mittels Ihres Fernsprechers machen — Ist das möglich?"
    „Direkt nicht, Mister", antwortete der Mann nach einer kurzen Einsicht in seine Dienstanweisung.
    „Aber, ich bin doch in einer wichtigen Dienstsache tätig!"
    „Es verstößt zwar gegen unsere Dienstvorschrift, das Bahn-Fernsprechnetz zu benutzen. Doch ich glaube es verantworten zu können, Ihnen über unsere Fernsprechzentrale eine Verbindung mit London herstellen zu lassen. — Welche Londoner Nummer möchten Sie haben?"
    „London 999!"
    Während der Mann die bahneigene Fernsprechzentrale anrief und einige Zeit dazu benötigte, um der Person in der Vermittlung klarzumachen, wie wichtig das Gespräch mit London für den in seiner Blockstelle
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