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Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind

Titel: Nachtschrei - Deaver, J: Nachtschrei - The Bodies left behind
Autoren: Jeffery Deaver
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Enklave dar.
    Sehr privat.
    Und sehr einsam.
    Steven ging in die Abstellkammer, zog den schlaffen beigefarbenen Vorhang beiseite und blickte an einer beschnittenen Kreppmyrte vorbei auf den seitlichen Garten. »Nichts. Ich glaube, wir …«
    Emma schrie auf.
    »He, Liebling, was ist denn?«, rief ihr Mann.
    Das Gesicht musterte sie durch das Fenster der Hintertür. Der Fremde hatte sich einen Netzstrumpf über den Kopf gezogen, aber man konnte kurzes blondes Haar und eine bunte Tätowierung am Hals erkennen. Seine Augen wirkten einigermaßen überrascht, jemanden so dicht vor sich zu sehen. Er trug eine olivfarbene Uniformjacke. Mit einer Hand klopfte er nun an die Scheibe. In der anderen hielt er eine Schrotflinte, deren Mündung nach oben wies. Sein Mund verzog sich zu einem schaurigen Lächeln.
    »O Gott«, flüsterte Emma.
    Steven nahm sein Mobiltelefon, klappte es auf und tippte eine Nummer ein. »Ich kümmere mich um ihn«, sagte er. »Geh und verriegle die Haustür.«
    Emma lief los und ließ ihr Glas fallen. Die Oliven wirbelten inmitten der tanzenden Scherben umher und wurden schmutzig. Dann hörte Emma, wie die Hintertür splitternd aus dem Schloss brach. Sie schrie und drehte sich um. Der Eindringling mit der Schrotflinte riss ihrem Mann das Telefon aus der Hand
und stieß ihn gegen die Wand. Der Druck eines alten sepiafarbenen Landschaftsfotos fiel krachend zu Boden.
    Auch die Vordertür schwang auf. Ein zweiter, in gleicher Weise mit einem Strumpf maskierter Mann stürmte herein. Sein langes schwarzes Haar wurde ihm fest an den Kopf gepresst. Er war größer und stämmiger als der erste und hielt eine schwarze Pistole, die in seiner riesigen Hand klein wirkte. Er drängte Emma in die Küche, wo der andere Mann ihm kommentarlos das Mobiltelefon zuwarf. Der große Kerl erschrak im ersten Moment, fing das Gerät aber mit einer Hand auf. Er schien verärgert das Gesicht zu verziehen und steckte das Telefon ein.
    »Bitte«, sagte Steven. »Was wollen Sie?« Seine Stimme zitterte.
    Emma wandte schnell den Blick ab. Je weniger sie sah, dachte sie, desto größer war die Chance, dass sie und ihr Mann überleben würden.
    »Bitte«, wiederholte Steven. »Bitte. Sie können sich nehmen, was immer Sie wollen. Aber tun Sie uns nichts. Bitte.«
    Emma starrte die dunkle Pistole in der Hand des größeren Mannes an. Die schwarze Lederjacke. Die Stiefel, ebenfalls aus schwarzem Leder, wie die eines Soldaten. Der kleinere Kerl trug die gleichen Stiefel.
    Die Männer beachteten das Ehepaar nicht weiter. Sie sahen sich im Haus um.
    »Hören Sie«, fuhr Steven fort. »Sie können haben, was Sie wollen. Draußen steht ein Mercedes. Ich hole den Schlüssel. Sie …«
    »Halten Sie einfach die Klappe«, sagte der größere Mann und hob die Pistole.
    »Wir haben Geld. Und Kreditkarten. Und eine Geldkarte. Ich verrate Ihnen die Geheimzahl.«
    »Was wollen Sie?«, fragte Emma weinend.
    »Psst.«

    Irgendwo tief in seinem alten Innern knarrte das Haus ein weiteres Mal.

2
    »Wie bitte?«
    »Aufgelegt.«
    »Mitten im Notruf?«
    »Genau. Jemand rief an, sagte: ›Dies …‹, und legte auf.«
    »Was hat er gesagt?«
    »›Dies‹. Das Wort ›Dies‹.«
    »D-I-E-S?«, fragte Sheriff Tom Dahl noch einmal. Er war dreiundfünfzig Jahre alt, aber seine Haut war so glatt und sommersprossig wie die eines Halbwüchsigen. Rotes Haar. Das gelbbraune Uniformhemd hatte ihm vor zwei Jahren, als seine Frau es für ihn gekauft hatte, noch deutlich besser gepasst.
    »Ja, Sir«, antwortete Todd Jackson und kratzte sich am Augenlid. »Und dann wurde aufgelegt.«
    » Wurde aufgelegt oder hat er aufgelegt? Das ist ein Unterschied.«
    »Keine Ahnung. Oh, aber ich verstehe, was Sie meinen.«
    Siebzehn Uhr zweiundzwanzig, Freitag, 17. April. In Kennesha County, Wisconsin, war dies normalerweise eine eher ruhige Tageszeit. Die Leute neigten dazu, sich und ihre Mitbürger entweder früher oder später am Tag umzubringen - das galt sowohl für die Straftaten als auch für die Unfälle. Dahl kannte die Zeiten, als wären sie irgendwo abgedruckt worden; wer nach vierzehn Jahren an der Spitze einer Polizeibehörde die Besonderheiten seines Bezirks immer noch nicht durchschaut, hat in dem Job nichts verloren.

    Das Sheriff’s Department, das gleich neben dem Gerichtsgebäude und dem Rathaus stand, besaß einen alten und einen neuen Trakt. Der alte Teil war in den siebziger Jahren des neunzehnten Jahrhunderts errichtet worden, der neue exakt hundert Jahre
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