Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Gabriela Gwisdek
Vom Netzwerk:
Strömen, und in spätestens einer halben Stunde würde es stockdunkel sein. Die vierstündige Verspätung hatte ihr einen Strich durch die Rechnung gemacht. Verdrossen sah sie sich um. Die gewohnte Schlange unterschiedlich großer Taxis gab es nicht, einzig zwei normale Taxis standen in einiger Entfernung und warteten auf Gäste. Diese allerdings, so befürchtete Alexandra, würden sicher die Mitnahme eines Fahrrades verweigern. Sie wollte es trotzdem versuchen. Zielstrebig ging sie auf den ersten Wagen zu, blieb aber kurz davor wie vom Donner gerührt stehen. Irgendetwas fehlte! Ihr Gepäck! Sie musste es auf dem Bahnsteig vergessen haben, als sie ihr Fahrrad in Empfang genommen hatte. Leisefluchend machte sie kehrt. Sicher würde, wenn sie zurückkam, kein Taxi mehr da sein.
    »Hinterwäldlerisches Kaff!«, murmelte sie verstimmt, während sie sich durch den Gegenstrom der letzten Fahrgäste schlängelte.
    Nina, die überzeugte Großstädterin, hatte sie gewarnt. »Es ist das Ende der Welt! Felder, Wiesen und Seen, wohin man blickt, Arbeitslosigkeit, Osten! Eigentlich schon Polen!«, hatte sie, nach kurzer Überlegung, lakonisch hinzugefügt. Für die Freundin war es schier unvorstellbar, dass Alexandra genau das suchte. Abgeschiedenheit, Ruhe, den weiten Blick über das Land.
    Der Bahnsteig war inzwischen verwaist. Alexandra konnte schon von weitem erkennen, dass ihr Koffer nicht an der erwarteten Stelle stand. Sie wollte sich gerade auf ihr Rad schwingen, um die knapp hundert Meter bis zum Ende des Zuges schnell zurückzulegen, als ihr jemand von hinten auf die Schulter tippte.
    »Na da ham Se aber Glück, dass es mich gibt!«, hörte sie eine tiefe Stimme in ihrem Rücken. Überrascht drehte sie sich um und sah in das freundliche Gesicht eines alten Mannes. »Ich hab Sie beobachtet!«, fügte er hinzu, stockte aber, als er ihre erschrockenen Augen sah. »Ich wollt sagen, ich hab zufälligerweise gesehen, wie Sie Ihr Gepäck abstellten, um sich Ihr Fahrrad geben zu lassen.«
    Er hielt ihr am ausgestreckten rechten Arm den schweren Koffer hin, während er mit der Linken in seiner Jackentasche kramte. Als er gefunden hatte, wonach er suchte, streckte er auch noch den linken Arm aus und offerierte stolz seine Visitenkarte. Alexandra wusste nicht, wonach sie zuerst greifen sollte, zögerte und musste plötzlich lachen. Das Bild, welches er abgab, war einfach zu komisch. Der Bann war gebrochen, nun lachte auch er.
    »Entschuldigen Sie, Fräulein.« Er stellte den Koffer ab,ergriff Alexandras Hand und schüttelte sie kraftvoll. »Fuhrunternehmen Beyer, Josef Beyer! Ganz zu Ihren Diensten!«
    »Alexandra Fischer«, antwortete sie höflich und musterte ihn mit unverhohlener Bewunderung. Sie schätzte ihn auf knapp siebzig, er war klein, etwas untersetzt, und unter seinem Hut schauten kaum noch Haare hervor. Dafür waren seine Augen die eines Dreißigjährigen, wach, neugierig und aufgeschlossen. Die Kraft, mit der er am ausgestreckten Arm zwanzig Kilo zu halten vermochte, war ihm nicht anzusehen. Was hatte er gesagt? Fuhrunternehmer? Vielleicht sollte sie … Noch bevor Alexandra den Gedanken zu Ende führen konnte, griff er wieder nach ihrem Koffer und machte auf dem Absatz kehrt.
    »Wissen Se was, ich bring Sie!«, sagte er im Weggehen. »Die Taxis da draußen können Sie vergessen, die transportieren keine Fahrräder.«
    Alexandra stand noch immer an der gleichen Stelle.
    »Wohin?«, rief sie ihm nach.
    »Na da, wo Se hinwollen!«, antwortete er, ohne sich nach ihr umzudrehen.
    Während sie ihm nacheilte, versuchte sie sich diese Begegnung auf dem Frankfurter Bahnhof vorzustellen. Undenkbar, dass irgendein Mensch dort von ihr Notiz genommen, geschweige denn ungefragt seine Hilfe angeboten hätte. Nun gut, sie war auf dem Land, hier schien alles anders zu sein. Sie hatte ihn inzwischen eingeholt und versuchte mit ihm Schritt zu halten. Der alte Mann steuerte mit ungeheurem Tempo dem Ausgang entgegen und blieb erst wieder neben einem uralten Lieferwagen auf dem Parkplatz stehen. Mit Schwung hob er ihren Koffer auf die Ladefläche, schob ihr Fahrrad daneben, zog eine Plane darüber und grinste dann über das ganze Gesicht. »So, wo soll’s hingehen?«
    Alexandra zögerte. Ganz sicher ging er davon aus, sie drei Straßen weiter absetzen zu können. Dass es hingegen achtundzwanzigKilometer sein würden, war ihr mehr als peinlich. »Nach Lunow«, sagte sie zaghaft.
    Er schien kurz nachzudenken, nickte dann und schloss die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher