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Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)

Titel: Nachts kommt die Angst: Psychothriller (German Edition)
Autoren: Gabriela Gwisdek
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Minuten darauf saß sie in einer gemütlichen kleinen Dorfkneipe und beobachtete durch das Fenster, wie Marcel ihr Fahrrad reparierte. Sieben Monate später hatte sie ihm das Angebot gemacht, bei ihr einzuziehen. Vier Jahre hatte diese Beziehung bestanden, glückliche Jahre, wie sie sich bekümmert eingestand, jetzt war alles vorbei. Vielleicht war es ein Fehler gewesen, Marcel das Gefühl zu geben, dass Eifersucht nicht zu ihren Charaktereigenschaften gehörte. Sie wollte einfach nicht, dass er sich unfrei fühlte, nur weil sie das Bett miteinander teilten. Lange Zeit, so schien es Alexandra, war es genau dieser Umstand gewesen, weshalb die Beziehung so unkompliziert und glücklich verlief, bis sie eines Nachts eines Besseren belehrt wurde. Sie hatte ihn in flagranti mit einer anderen ertappt, noch dazu in ihrem eigenen Bett. In der Erwartung, Marcel würde die Frau beschämt aus der Wohnung geleiten, hatte sie in der Küche auf ihn gewartet. Doch stattdessen betraten beide den Raum und setzten sich ihr gegenüber an den Tisch. Das darauffolgende Gespräch führte ihre Sicht auf Marcel ad absurdum. Bis dato glaubte siesich mit ihm im Einvernehmen darüber, dass Treue eine elementare Voraussetzung für eine gute Beziehung wäre, nun erklärte er ihr das Gegenteil. Ein monogames Leben hätte er niemals in Betracht gezogen, dafür wäre seine Anwesenheit auf dieser Welt einfach zu kurz. Alexandra war geschockt. Nie war sie jemandem näher als Marcel gewesen, aber ganz offensichtlich kannte sie ihn gar nicht. Wie sonst war es zu erklären, dass sie ein so wichtiges Detail seiner Ansichten nicht wusste? Noch in derselben Nacht hatte Alexandra wutentbrannt seine Koffer gepackt und sie unten vor das Haus gestellt. Am nächsten Morgen hatte es ihr zwar leidgetan, aber die Koffer waren schon verschwunden.
    Das Dröhnen eines Warnsignals ließ Alexandra erschreckt die Augen öffnen, gleichzeitig wurde sie mit enormer Kraft gegen die vordere Sitzreihe gedrückt. Kurz darauf kam der Zug zum Stehen. Einige Gepäckstücke rutschten aus den Ablagen und fielen donnernd zu Boden. Die darauf einsetzende Stille währte nur kurz, dann hörte man allgemeines Stimmengewirr und Kinderweinen. Eine junge Frau eilte, ein Taschentuch vor die blutende Nase ihres kleinen Mädchens haltend, mit bleichem Gesicht den Gang entlang. Alexandra zog das Fenster wieder nach unten und streckte den Kopf weit nach draußen. Da sie sich im ersten Waggon des Zuges befand, konnte sie zwar den weiteren Schienenlauf überschauen, aber es war nicht festzustellen, was den plötzlichen Stopp ausgelöst hatte. Sie wollte gerade das Fenster schließen, als ihr Blick an etwas in der Böschung hängenblieb. Alexandra spürte, wie sich die Härchen in ihrem Nacken zu sträuben begannen, obgleich sie nichts Genaues erkennen konnte.
    »Ist jemand verletzt worden?«, hallte es laut durch den Waggon. Eine Frau mittleren Alters in Bahnuniform durchschritt, sich prüfend nach rechts und links umsehend, die Reihen. Der Großteil der Fahrgäste reagierte nicht, nur hin und wieder schüttelte jemand den Kopf. »Ist hier jemand verletztworden?«, hörte Alexandra sie beim Betreten des zweiten Waggons wiederholen, dann richtete sie ihr Augenmerk wieder auf die Böschung. Was sie sah, ließ ihr den Atem stocken. Ein nackter, blutüberströmter Fuß ragte unter einem Busch hervor, der Rest des Körpers wurde von herabhängenden Ästen verdeckt. In diesem Moment durchdrang ein gellender Schrei das Abteil. Alexandra schnellte herum und sah gerade noch, wie eine ältere Frau in der gegenüberliegenden Sitzreihe ohnmächtig zusammenbrach. Ihr Mann schien keinerlei Notiz davon zu nehmen, sondern starrte mit weit aufgerissenen Augen aus dem Fenster. Dann sackte er in sich zusammen und setzte sich wortlos neben seine Frau. Sein Gesicht war aschfahl, und sein Blick blieb starr geradeaus gerichtet. Alexandra reagierte instinktiv. Mit zwei Schritten war sie bei der alten Dame, ohrfeigte sie leicht, in der Hoffnung, den Ohnmachtsanfall dadurch zu beenden, und brachte sie in eine aufrechte Position. Als auch das nichts bewirkte, öffnete sie ihr hastig den oberen Blusenknopf am viel zu engen Kragen. Ein leises Röcheln drang aus der Kehle, ihre Lider zitterten, aber die Augen blieben geschlossen. Alexandra bekam es mit der Angst zu tun.
    »Gibt es hier einen Arzt? Hallo! Ich brauche einen Arzt!«, rief sie, immer lauter werdend. Innerhalb weniger Sekunden war sie von Neugierigen umringt, die
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