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Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)

Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)

Titel: Nachtnelken - Ein Altmarkkrimi (Judith Brunners vierter Fall) (German Edition)
Autoren: Heike Schroll
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dass sich die funktionärskompatiblere Idee von »Waldau 1988« durchsetzen würde, die er neulich bei einer Diskussion vor dem Dorfladen mitbekommen hatte. Das war harmlos genug, um alle irgendwie zufriedenstellen zu können.
    »Und dann?«, fragte er Tommy weiter aus.
    »Um elf war Trainingsende und ich bin nach Hause.« Nun druckste der Junge etwas herum. »Da lang eben«, deutete er in Richtung auf den unsichtbaren Pfarrgarten.
    Walter Dreyer erkannte, dass Tommy eine gern genommene Abkürzung vom Dorfplatz runter zum Neubaublock meinte. Dort wohnte der Junge mit seinen Eltern und zwei jüngeren Geschwistern in einer Vierraumwohnung. Allerdings war das keinesfalls ein offizieller Weg, der da über das Privatland der Witwe Zabel, durch ihren Vorgarten links am Pfarrhaus vorbei und dann quer durch den großen Nutzgarten führte! Die Pforte am hinteren Lattenzaun ihres Gartens öffnete sich einst auf die Wiesen. Jetzt führte sie direkt zu den zum Neubaublock gehörenden Schuppen und Ställen, von wo aus man auch rascher die am Ortseingang liegenden Gehöfte erreichte. Verständlicherweise sah es Waltraud Zabel nicht gerne, wenn ihr Grund und Boden als Durchgangsweg benutzt wurde. Ihre Schilder, die das Betreten verboten, wurden regelmäßig ignoriert; das Vorhängeschloss am Riegel der Zauntür hinderte niemanden, den defekten Jägerzaun zu überwinden. Die Frau hatte sich mit den Jahren immer seltener bei Walter Dreyer über das unrechtmäßige Betreten ihres Grundstücks beschwert und irgendwann resigniert. Inzwischen konnte Waltraud Zabel Haus und Hof ohnehin kaum noch bewältigen und der Garten war längst von ihr aufgegeben.
    »Hast du da jemanden gesehen?«, fragte Walter Dreyer nach, ohne auf die illegale Wegnutzung einzugehen.
    Tommy schüttelte stumm den Kopf.
    Jetzt kam die schwierigste Frage: »Wieso bist du eigentlich vor der Tür von Frau Zabel gewesen?« Walter Dreyer wusste natürlich, dass die – auch von ihm ab und zu benutzte Abkürzung – ein gutes Stück vom Hauseingang entfernt vorbeiführte.
    Und Tommy wusste das auch. Schuldbewusst antwortete er, ohne den Ortspolizisten anzusehen: »Wir klingeln da manchmal und rennen dann weg.«
    Na klar, ein Klingelstreich! Walter Dreyer gab sich Mühe, ernst zu klingen. »Frau Zabel ist schon alt und etwas krank. Das gehört sich nicht.«
    Der Junge seufzte ergeben. Er hörte diese Vorhaltung offenbar nicht zum ersten Mal. Nun, nach dem heutigen Erlebnis würde zumindest Tommy die Steinstufen wohl nicht so bald wieder betreten.
    »Du hast ›wir‹ gesagt. Mit wem warst du denn zusammen?«
    »Heute war ich alleine. Ab und zu sind Micki und Kulle dabei.«
    Walter Dreyer ahnte, wessen Sprösslinge damit gemeint sein können. »Also um elf bist du vom Training los und dann am Pfarrhaus lang.«
    Tommy nickte.
    »Du hast den toten Hund gefunden und bist zu meinem Haus gelaufen.«
    Tommy nickte wieder. »Ich habe angeklopft und keiner hat aufgemacht. Doch dann sah ich die Frau von der Polizei.«
    Gut. Den Rest der Geschichte kannte Dreyer. Bis hierher. Wie furchtbar sie weitergehen würde, konnte er beim besten Willen nicht ahnen.
     
 
    ~ 5 ~
     
»Sexuell motivierte Verstümmelungen bei einem Hund? Wo soll das hinführen!«
    Walter Dreyer hörte den Ausruf von Dr. Renz, als er, ordnungswidrig und ohne schlechtes Gewissen durch den Pfarrgarten kommend, um die Hausecke bog. Der Rechtsmediziner erhob sich gerade vom Erdboden und klopfte sich die Beine seiner grauen Cordhose ab. Dazu trug er ein dezent gestreiftes hellblaues Hemd, dessen Ärmel er etwas aufgekrempelt hatte. Glänzend polierte Lederschuhe rundeten den eleganten Gesamteindruck ab. Für seine mehr als siebzig Jahre machte Friedrich Renz immer noch eine hervorragende Figur.
    Walter ging auf ihn zu. »Nochmals danke, dass Sie kommen konnten.« Sie gaben sich die Hand.
    »Immer gern, Herr Dreyer. Wie ich Ihnen schon am Telefon sagte, reizen mich Herausforderungen. Und das da« – Renz deutete beiläufig auf das tote Tier – »wird sich mit Sicherheit zu einer entwickeln.«
    Dreyer nickte.
    Judith Brunner kam mit Thomas Ritter aus der seitlich gelegenen Scheune, in der sie sich etwas umgesehen hatten, während einer der Techniker der Spurensicherung Fotos von den Gebäuden und vom Grundstück machte. Ein anderer sah sich im Gelände um und kennzeichnete die Stellen, die eventuell Spuren aufweisen könnten, mit den üblichen Zahlenkärtchen.
    »Grüß dich, Walter. Da drin war nichts Auffälliges zu
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