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Nachthaus

Nachthaus

Titel: Nachthaus
Autoren: D Koontz
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konnte.
    Ein gemütlicheres Zimmer hätte er sich nicht wünschen können. Sein Sessel war wunderbar bequem, sein Bett ein Traum. Wie in einem vornehmen Hotel wurde die Bettwäsche täglich gewechselt.
    In seinem privaten Badezimmer gab es anstelle eines Spiegels eine auf Hochglanz polierte Stahlplatte, weil man Spiegel zerbrechen und die Scherben als Waffen benutzen konnte. Die Tür der Duschkabine bestand aus Sicherheitsglas, das sich, wenn es eingeschlagen wurde, zu einer gummiartigen Masse winziger Splitter auflöste, die sowohl für einen Amateur als auch für einen Profikiller unbrauchbar war.
    In seinem Zimmer und im Bad war Sorgfalt darauf verwendet worden, dass sämtliche Nägel und Schrauben in den Wänden, den Fußböden und den Möbelstücken versenkt und zusätzlich mit hölzernen Schutzkappen verklebt waren, um sie unzugänglich zu machen.
    Doch Mickey hatte ohnehin nicht die Absicht, jemandem etwas anzutun. Selbst wenn man ihn nicht auf antipsychotische Mittel gesetzt hätte, hätte er sich benommen. Er war glücklich und zufrieden, seit er sich seinen Wahnsinn eingestanden hatte. Die ganze Anspannung und all seine Sorgen waren von ihm abgefallen.
    Das Gericht hatte ihm untersagt, das Geld zu benutzen, das er als Auftragskiller verdient hatte. Ebenso wenig konnte er von dem Anteil des Erbes seiner Mutter profitieren, den sie seinem toten Bruder Jerry hinterlassen hatte. Aber Renata hatte Jerry nur 15 Prozent vermacht und Mickey 85, und sie war reicher gewesen, als es sich irgendjemand vorgestellt hätte.
    Charlie Criswell, Renatas Anwalt und Mickeys vom Gericht ernannter Vormund, besuchte ihn einmal im Monat, um sicherzugehen, dass gut für seinen Schutzbefohlenen gesorgt wurde. Mickey mochte Charlie. Charlie war gewissenhaft und freundlich; außerdem war er schwul und hatte nie für Renata geschwärmt.
    An einem der ersten warmen Frühlingstage bekam Mickey Dime Besuch von einem anderen Mann, als er gerade auf der Veranda saß und den Eichhörnchen zusah, die im Schatten der riesigen Eichen auf dem Rasen herumtollten. Mickey trug immer eine elektronische Fußfessel an seinem Knöchel, damit er, falls er fliehen sollte, durch einen Satelliten aufgespürt werden konnte. Wenn er auf der Veranda saß, trug er außerdem eine Weste aus Kevlar-Riemen, mit denen er an die Rückenlehne seines Rollstuhls geschnallt war. Die Räder des Rollstuhls waren festgestellt. Nur das Pflegepersonal hatte Schlüssel, um sie zu lösen. All diese Vorkehrungen gaben Mickey nicht etwa das Gefühl, ein Gefangener zu sein, sondern Sicherheit. Er fühlte sich sicher vor sich selbst. Der stämmige Krankenpfleger, der nicht weit von den Stufen zur Veranda entfernt auf einem Hocker saß und ihn im Auge behielt, besorgte einen Stuhl für den Besucher und stellte ihn in Mickeys Nähe, aber außerhalb seiner Reichweite.
    Der Besucher war groß und schlaksig und hatte auffallend stark geschwungene Augenbrauen, die so struppig wie Raupen aussahen, wenn ein bitterkalter Winter bevorstand. Seine Hände waren blass, seine Finger unnatürlich lang. Er sagte, er sei Dr. von Norquist, und Mickey hatte keinen Grund, daran zu zweifeln.
    Vor einem Monat hatte Mickey Norquist über Charlie Criswell eine Nachricht zukommen lassen: Ihre Vision einer transhu manen Zivilisation mit einer enorm reduzierten und zukunftsfähi gen Bevölkerung wird in einer Form realisiert werden, die ihre kühnsten Träume übertrifft. Sie werden die Welt einschneidender verändern als jeder andere Mann in der Geschichte der Menschheit. Ich habe diese Welt gesehen und das gilt auch für Kirby Ignis.
    Norquist sagte: »Ich weiß selbst nicht, warum ich hergekommen bin.«
    »Oh doch, das wissen Sie«, sagte Mickey.
    Die Augen des Wissenschaftlers hatten die Farbe von reifen Pflaumen, doch sein starrer, konzentrierter Blick ließ jede Spur von deren Süße vermissen. »Sie haben Kirby getötet.«
    »Ja.«
    »Warum?«
    Mickey zuckte die Achseln. »Ich bin wahnsinnig.«
    »Sie haben diese älteren Schwestern getötet, einen Sicherheitswächter, diesen hilflosen Blinden …«
    »Richtig.«
    »Und ihre Leichen haben Sie in einen Eruptionskanal geworfen, um Himmels willen.«
    »Das stimmt vermutlich. In dem Punkt bin ich mir nicht ganz sicher. Es ist das, was ich vorhatte, und daher vermute ich, dass ich es getan habe.«
    »Warum?«
    »Weil ich wahnsinnig bin«, sagte Mickey mit einem freundlichen Lächeln.
    Der Wissenschaftler starrte ihn lange an. Schließlich sagte er: »Sie
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