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Nachtflamme: Roman (German Edition)

Nachtflamme: Roman (German Edition)

Titel: Nachtflamme: Roman (German Edition)
Autoren: Nora Roberts
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entsprechen würde – auf seiner Seite der Ampel stehen bleiben und mit ihr sprechen? Oder sollte er einfach weitergehen? Er überlegte noch, als er auf einmal Angst verspürte. Abrupt blieb er stehen und blickte zum Himmel.
    Auf den Drähten zwischen Main und Locust saßen sie. Die Krähen.
    Dutzende von ihnen hockten ganz still, mit angelegten Flügeln, und – das wusste er – beobachteten sie. Er warf Layla einen Blick zu. Sie hatte sie ebenfalls gesehen.
    Er fing nicht an zu rennen, obwohl es ein dringender Impuls war. Stattdessen ging er mit langen Schritten über die Straße zu ihr.
    »Sie sind real«, flüsterte sie. »Ich habe zuerst gedacht, sie wären nur … aber sie sind real.«
    »Ja.« Er ergriff sie am Arm. »Wir gehen hinein. Wir drehen uns jetzt um und gehen hinein. Dann …«
    Er brach ab, als er Flügelschlagen hinter sich hörte. In ihren Augen erkannte er, dass es zu spät war.
    Das Rauschen der Flügel dröhnte wie ein Tornado. Fox drückte Layla an das nächste Gebäude, zog sie eng an sich und schlang seine Arme um sie, um sie mit seinem Körper abzuschirmen.
    Neben und hinter ihm klirrte Glas. Bremsen quietschten, ein dumpfer Aufprall auf Metall. Er hörte Schreie, schnelle Schritte, spürte den Ansturm der Vögel in seinem Rücken, das Picken ihrer Schnäbel.
    Es war schnell vorbei. Es hatte nicht länger als eine Minute gedauert. Ein Kind schrie, immer und immer wieder – hoch und scharf. »Bleib hier«, sagte er atemlos zu Layla. »Rühr dich nicht vom Fleck.«
    »Du blutest, Fox.«
    Er richtete sich auf. Auf der Kreuzung waren drei Autos zusammengeprallt. Ihre Windschutzscheiben waren zersplittert, wo die Vögel dagegengeflogen waren. Ansonsten gab es aber nur zerbeulte Stoßstangen und erschreckte Gesichter.
    Es hätte viel schlimmer kommen können.
    »Sind Sie alle okay?«
    Er hörte gar nicht zu, was sie antworteten: Haben Sie das gesehen? Sie sind mir direkt ins Auto geflogen! Er musterte die Leute nur aufmerksam, aber außer ein paar Schrammen war wohl nichts passiert. Er wandte sich wieder zu Layla.
    Sie stand mit einer Gruppe von Leuten zusammen, die aus Ma’s Pantry und den umliegenden Geschäften geströmt waren. »Unglaublich!« Meg, die Köchin bei Ma’s, starrte auf die zersplitterte Fensterscheibe des kleinen Restaurants. »Unglaublich.«
    Das alles hatte er schon öfter gesehen, in viel schlimmerem Ausmaß noch. Fox ergriff Laylas Hand. »Lass uns gehen.«
    »Sollten wir nicht irgendetwas unternehmen?«
    »Es gibt nichts zu tun. Ich bringe dich nach Hause, und dann rufen wir Cal und Gage an.«
    »Deine Hand.« Ihre Stimme klang zittrig. »Dein Handrücken verheilt bereits.«
    »Ja, das gehört dazu«, sagte er grimmig und zog sie über die Main Street.
    »Diesen Schutz habe ich nicht.« Sie sprach leise und lief neben ihm her, um Schritt zu halten. »Wenn du mich nicht abgeschirmt hättest, würde ich bluten.« Sie hob die Hand an den Schnitt in seinem Gesicht, der sich langsam schloss. »Aber es tut weh. Wenn es passiert und wenn es heilt, dann tut es weh.« Layla blickte auf ihre Hand, die seine hielt. »Das kann ich spüren.«
    Als er sie loslassen wollte, umklammerte sie seine Hand fester. »Nein, ich möchte es spüren. Du hattest recht vorhin.« Sie blickten auf die toten Krähen, die auf dem ganzen Platz verstreut lagen, und zu dem kleinen Mädchen, das in den Armen seiner völlig geschockten Mutter heftig schluchzte. »Ich muss wirklich daran arbeiten. Du hast recht. Ich bin keine große Hilfe, wenn ich nicht akzeptiere, was in mir steckt, und wenn ich nicht lerne, wie ich es anwenden muss.«
    Sie blickte ihn an und holte tief Luft. »Die Ruhepause ist vorüber.«

2
     
    Auf dem kleinen Tisch mit den schmiedeeisernen Stühlen, die der Küche in dem gemieteten Haus eine eindeutig weibliche Note verliehen, stand ein Bier. Fox fand, dass man an allen möglichen Details sah, dass hier Frauen wohnten. Die bunten kleinen Töpfe mit Kräutern auf der Fensterbank, die Vase mit dem Blumenstrauß zum Beispiel.
    Quinn, Cybil und Layla war es gelungen, in wenigen Wochen mit Flohmarktmöbeln, Stoffen und reichlich Farbe aus dem Haus ein Zuhause zu machen.
    Dabei hatten sie die meiste Zeit damit verbracht, den Alptraum, der Hollow alle sieben Jahre für sieben Tage heimsuchte, zu recherchieren und zu ergründen.
    Dieser Alptraum hatte vor einundzwanzig Jahren begonnen, an dem Tag, an dem Fox, Cal und Gage gemeinsam ihren Geburtstag feierten. Jene Nacht hatte ihn und seine
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