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Nachtblüten

Nachtblüten

Titel: Nachtblüten
Autoren: Magdalen Nabb
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Frau war hin und her gerissen zwischen dem Wunsch, fortzukommen, und dem Bedürfnis, ihn zu überzeugen. Und als könnte sie seine Gedanken lesen, griff sie jetzt doch noch einmal auf ihre ursprüngliche Geschichte zurück.
    »Was immer Sie auch denken mögen, ich habe Ihnen die Wahrheit gesagt. Dieses Messer lag direkt hinter der Wohnungstür.«
    »Verstehe. Und wo ist Ihre Küche?«
    »Gleich neben dem Flur, rechts vom Eingang… Sie wollen doch nicht unterstellen, ich hätte das Messer selber fallenlassen?«
    »Ich unterstelle gar nichts. Nein, nein. Aber haben Sie vielleicht eine Katze? Oder einen Hund?«
    »Nein. Ich habe mir immer eine Katze gewünscht, aber bis ich mich nicht entsprechend darauf eingerichtet habe … Was wollen Sie damit sagen?«
    »Nichts, außer…«
    »Hören Sie, da ist noch etwas…«
    »Wenn es noch was gibt, dann können Sie einen Vermerk bei meinem Carabiniere hinterlassen. Und ich komme diese Woche mal an einem Nachmittag vorbei, wenn Sie Zeit hatten, mit Ihrem Anwalt zu sprechen.« Guarnaccia nahm den Carabiniere beiseite und sagte leise: »Stellen Sie fest, ob sie die Schlösser hat auswechseln lassen, nachdem ihre Handtasche geraubt wurde, ja? Sie wissen ja, wie das ist mit Leuten, die allein leben. Vor lauter Angst steigern sie sich in hysterische Zustände hinein, und dann stellt sich raus, daß sie nicht einmal die simpelsten Vorsichtsmaßnahmen getroffen haben.«
    Sie beobachtete ihn scharf und versuchte mitzuhören. Als der Carabiniere auf sie zutrat, sah sie den Maresciallo aus erschrockenen Augen an und fragte: »Und Sie kommen wirklich vorbei, wie Sie es versprochen haben?«
    »Ganz bestimmt.«
    Der Maresciallo kam zu spät zum Mittagessen.
    »Du bist spät dran«, sagte Teresa. »Ich werde dir frische Pasta machen. Die Jungs haben deine Portion mitgegessen.«
    »Wo stecken sie denn?«
    »Sitzen in ihrem Zimmer über dem neuen Computerspiel.«
    Mit den Küchendüften stellte sich auch die Hochstimmung des frisch heimgekehrten Urlaubers wieder ein. Teresa beugte sich über ein Gewürztöpfchen und knipste große Basilikumblätter für seine Pasta ab. Ein Glas von ihrem schier unerschöpflichen Vorrat an eingeweckten Tomaten stand geöffnet auf der marmornen Arbeitsplatte, und in einer Kiste in der Ecke türmten sich erst gestern morgen auf Sizilien gepflückte Orangen und Zitronen mit rauher Schale und glänzenden Blättern. Ihr Aroma erfüllte die ganze Wohnung mit dem Duft seiner Kindheit. Wovon sprach Teresa gerade?
    »Du hörst mir ja gar nicht zu.«
    »Wie? Doch, natürlich. Und nein, ich werde nicht versuchen, ihre gräßlichen Computerspiele zu lernen.«
    Einmal hatte er es probiert, aber da war Toto ihm bald entnervt in die Parade gefahren. »Ach, Papa!«
    Giovanni hatte mehr Geduld bewiesen. Er war selber ein bißchen schwer von Begriff und verlor immer, obwohl er für sein Leben gern spielte.
    »Für diesen Unfug ist mir meine Zeit zu schade, und sie sollten sich auch mit vernünftigeren Dingen beschäftigen.«
    »Es war deine Schwester, die ihnen das Computerspiel geschenkt hat.«
    »Sie hätten Nunziata nicht dazu überreden können, wenn du mich letzte Weihnachten nicht beschwatzt hättest, diesen dämlichen Computer anzuschaffen, ›weil sie den für die Schule brauchen‹.«
    Alle weiteren Klagen überließ er dem schrillen elektronischen Fiepen und den kreischenden Stimmen nebenan. Er wußte wohl, daß Teresa absichtlich so laut mit den Töpfen klapperte, um den Krach aus dem Kinderzimmer zu übertönen. Die Spaghetti schwappten ins Sieb. Während er einen Stich Butter in die sämige Sauce rührte, begann Teresa mit dem Abwasch.
    »Willst du dich nicht einen Moment hersetzen?«
    »Ich habe mit den Jungs gegessen. Du hast nicht angerufen, um Bescheid zu sagen, daß du später kommst.«
    »Keine Zeit.« Er haßte es, wenn sie Geschirr spülte, statt sich mit ihm zu unterhalten.
    »Siehst du, mir geht’s genauso. Ich hab noch zwei Maschinen Wäsche vor mir, von dem Berg Bügelzeug ganz zu schweigen. Ich weiß nicht, was schlimmer ist, die Vorbereitung auf die Ferien oder die Arbeit hinterher. Außerdem kann man sowieso nicht mit dir reden, wenn du so schlecht aufgelegt bist.«
    »Was denn, ich?«
    »Ja. Wenn du mich fragst, willst du nur deshalb nicht mit ihnen spielen, weil du zu langsam bist und Toto die Geduld mit dir verliert, was man ihm weiß Gott nicht verdenken kann.«
    Und hatte er das nicht eben selbst gesagt? Er war gekränkt und bereute es kein
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