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Nacht des Schicksals

Nacht des Schicksals

Titel: Nacht des Schicksals
Autoren: Grace Green
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setzen, und so lehnte er sich entspannt gegen den Küchentresen. “Was ist mit deinem Mann?”, begann er. “Ist es ihm recht, wenn du die Treppe abreißen lässt?”
    Er sah, wie sich ihre Finger um den Kaffeebecher verkrampften. “Ich bin Witwe. Ich treffe meine Entscheidungen allein.”
    Witwe! Also hatte es die hübsche kleine Erbin doch nicht so leicht gehabt im Leben.
    “Tut mir leid, das zu hören.” Er meinte es ehrlich. Ein Kind allein großzuziehen war eine schwere Aufgabe. “Da musst du ziemlich einsam gewesen sein. Wie lange ist es her?”
    “Sechs Jahre.”
    “Und wo hast du gelebt? In Vancouver?”
    “Ja.”
    Die Antworten waren so einsilbig, dass Brodie beschloss, das Thema zu wechseln. “Pete hat mir erzählt, dass du das Haus als Pension führen willst. Das hat mich ziemlich überrascht.”
    “Ich bin kein Schmarotzer, Brodie.” Erneut flackerte Zorn in ihrem Blick auf. “Ich möchte das Geld selbst verdienen, von dem meine Tochter und ich leben werden. Da wir gerade vom Geld sprechen, möchte ich etwas klarstellen. Deine Tochter hat Megan gestern etwas geliehen. Ich habe mein Kind dazu erzogen, sich niemals Geld zu leihen. Ich habe ihr gleich heute Morgen etwas mitgegeben, damit sie es zurückzahlen kann.”
    “Kein Problem.” Er machte eine abwehrende Geste. “Freut mich, wenn Jodi ihr helfen konnte.”
    “Ich will damit nur sagen, dass es nicht wieder vorkommen sollte.” An ihrer Schläfe pochte eine Ader. “Wenn Megan künftig vergisst, sich Geld für das Mittagessen mitzunehmen, wird sie hungrig bleiben.”
    Brodie hatte das bestimmte Gefühl, dass mehr dahinter steckte als eine Erziehungsmaßnahme, doch er ließ es vorerst damit bewenden. “Jodi hat mir erzählt, dass sie Megan für Samstagnachmittag zu uns eingeladen hat”, wechselte er abermals das Thema. “Ich soll die Bestätigung mitbringen, dass sie kommen kann.”
    “Megan hat so etwas erwähnt.” Eine leichte Röte färbte Kendras Wangen. “Ich habe ihr gesagt, dass wir am Freitag darüber reden werden. Sie ist neu in der Schule. Ich möchte nicht, dass sie übereilt …” Kendra verstummte, hob jedoch trotzig das Kinn.
    “Ach so”, bemerkte Brodie. “Es könnte sich etwas Besseres ergeben.”
    Sie errötete noch tiefer. “Das habe ich nicht gesagt.”
    “Nein, gesagt hast du es nicht.” Er hätte es wissen müssen. Auch als Erwachsene war die Westmore-Göre – die Westmore-Witwe – genauso versnobt wie mit siebzehn. Sie schien mit allen Mitteln verhindern zu wollen, dass ihre kostbare Tochter sich mit einem Kind von Brodie Spencer anfreundete.
    Jodi tat ihm leid. Sie schien die neue Freundin sehr zu mögen. Sie würde sehr enttäuscht sein … und verletzt, wenn sie herausfand, dass Megan Westmore nicht mit ihr spielen durfte. Wie er diese Hochnäsigkeit verachtete!
    Krachend stellte er den Becher auf den Tisch. “Also gut”, stieß er hervor. “Wir wissen jetzt beide, wo wir stehen. Verschwenden wir keine weitere Zeit. Du möchtest, dass wir die Treppe abreißen? Reißen wir sie ab. Das einzige Problem ist, dass die schmiedeeiserne Treppe, die du wünschst, nicht vor Ende Oktober lieferbar ist. Deshalb sollten wir uns in der Zwischenzeit mit der Küche beschäftigen. Ich werde heute Nachmittag ein paar Männer herschicken, die das Projekt in Angriff nehmen. Ist dir klar, dass du dann vorübergehend keine Küche haben wirst?”
    “Ja.” Kendra war blass geworden. “Megan und ich werden die Kochnische in der Bedienstetenwohnung benutzten. Lass mich nur wissen, wann Wasser und Strom abgeschaltet werden, dann kommen wir schon zurecht.”
    “Du wirst neue Küchenmöbel, Armaturen, Fußboden und Wandfliesen auswählen müssen. Ruf an, damit wir einen Termin vereinbaren. Dann kann ich dir die Angebote zeigen und dich beraten.”
    Sie sah ihn erstaunt an. “Das kannst du auch?”, fragte sie. “Nicht nur die … grobe Arbeit?”
    Eben noch hätte er ihr am liebsten übers Haar gestrichen. Nun schienen seine Hände sich wie von selbst um ihren hübschen Hals legen zu wollen.
    “Ja”, erwiderte er grimmig. “Ich kann nicht nur mit der Schaufel umgehen, ich weiß auch, wie man in einem Katalog blättert.” Wenn er noch länger blieb, würde er Dinge sagen, die er später bereuen würde. Also entschuldigte er sich und ging zur Tür. Was für ein eingebildetes Frauenzimmer!
    Kendra ließ sich seufzend auf den nächsten Stuhl sinken, nachdem die Haustür krachend ins Schloss gefallen war. Erst jetzt
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