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Nacht des Ketzers

Nacht des Ketzers

Titel: Nacht des Ketzers
Autoren: Andreas Weinek
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Drachenkampfes auch Symbol für eine Prüfungsaufgabe, an deren Ende ein Schatz steht, den der Erfolgreiche erringen kann. Religiöse Szenen, wie die vom Leiden und der Auferstehung Christi sind ebenso zu finden wie die Selbsterhängung des Judas Iscariot. Eine Kuriosität ist auch zu sehen, nämlich Menschen, deren Köpfe mit Federn geschmückt sind, so dass sie wie Indianer aussehen. (Später stoße ich an anderer Stelle auf den Hinweis, dass die Steinritzungen aus dem 16. Jahrhundert sein sollen.)
    Neben dem Bild eines gestrandeten Schiffes, wie ich es auch im Templergefängnis von Domme gefunden habe, steht ein rätselhafter Satz: „O Mater Die Memento Mei – Poulain“ (Oh, Mutter Gottes, erinnere dich meiner – Poulain)
    Dieses gestrandete Schiff – nur in die entgegengesetzte Richtung zeigend – habe ich auch schon an einen anderen Ort gesehen, fährt es mir durch den Sinn. Und dann fällt es mir plötzlich ein. Genauso wie hier fein säuberlich in den Stein geritzt, nur in anderer Richtung, kann man es auch in der Kirche Saint-Gervais-Saint-Protais wiederfinden. Ob mich der geheimnisvolle Poulain dorthin schicken will? Warum nicht?
     
    Die Kirche Saint-Gervais-Saint-Protais wurde 1249 gebaut, 1497 und in den Jahren zwischen 1515 und 1591 umfangreich erweitert. Sie ist neben der Burg das zweite dominierende Bauwerk von Gisors. Sobald man die Kirche durch das Hauptportal betreten hat, stößt man linkerhand auf die Darstellung des Heiligen Avoye, dessen Orden zwar heute verschwunden ist, von dem man aber wissen muss, dass er an selber Stelle in Paris seinen Hauptsitz hatte, wo einst der Temple – Hauptsitz des Mönchsritterordens –  gestanden hat. Weiterhin stoße ich auf eine bemerkenswerte Darstellung. Sie zeigt David, das Schwert in der Hand – ist es nicht in Wirklichkeit eine Schleuder gewesen? – nach seinem Sieg über Goliath. David selbst ist gealtert, wirkt jedenfalls nicht jung und hält ein Buch in der Hand – Symbol für die Geheimlehre der Tempelritter. Zu seinen Füßen liegt das abgeschlagene Haupt seines Gegners und dieses Haupt ist maskiert und liegt neben einem geschlossenen Buch. Wer mag sich unter dieser Maske verstecken, frage ich mich? Und warum liegt dieses Haupt ausgerechnet neben dem Buch der Geheimnisse? Weil es selbst ein großes Geheimnis des Ordens darstellt? Wer dieses Haupt demaskiert, kennt den Inhalt des geschlossenen Buches, dachte ich damals – und nicht anders verhält es sich!
    Ganz in der Nähe dieser Darstellung entdeckt man auch das gestrandete Schiff wie es der Gefangene in Gisors neben seinem Hilferuf „Oh, Mutter Gottes, erinnere dich meiner – Poulain“ in die Wand – womit auch immer – geritzt hat. Und hat dieser geheimnisvolle Gefangene wirklich Poulain geheißen? In den historischen Akten ist nichts über ihn vermerkt. Bei dem französischen Autor Grasset d‘Orcet fand ich jedoch einen nicht unwichtigen Hinweis auf die wahre Identität von Poulain. In seinem Buch „Kryptografisches Material“ schreibt er über die Templer, dass sie die aufgehende Sonne verehrten wie viele antike Völker, so auch die Gallier. Ihr Name leitet sich von Gallus, der Hahn ab. Für die alten Griechen sei Apollo der Sonnengott gewesen, den sie durch einen Hahn, französisch „Poulain“ symbolisierten. Ihre Schiffe schmückten sie an der Spitze mit der Figur eines Hahnes, so dass der Ausdruck Gallionsfigur auf Französisch „Poulaine“ heißt.
    Mit Poulain ist also kein Gefangener speziell gemeint, sondern der Begriff, den irgendein Eingeweihter in die Wand des Turmes von Gisors geritzt hat, steht für eine bestimmte Idee. Poulain, der Hahn, der den Schiffssteven verziert. Der Hahn ist zugleich ein Teil des Körpers von Gott Abraxas, der auf den geheimen Templersiegeln zu sehen ist. Dass die Interpretation von Poulain als „verzierte Spitze der Steven eines Schiffes“ nicht falsch ist, beweist die Zeichnung eines Schiffes, das man in dem Raum, eine Etage über dem Gefängnis von Poulain, in die Wand geritzt finden kann. Das „poulaine“ des Schiffes wurde fast überdeutlich aus dem Stein herausgearbeitet.
    Und ein Letztes entdecke ich in der Kirche, zu der mich der Gefangene geführt hat. Neben dem „Pfeiler der Gerber“, die dem heiligen Nikolaus geweiht ist, findet sich eine seltsame schriftliche Botschaft. Der heilige Nikolaus ist der Patron der Gefangenen und zugleich mit dem Bergwerk, dem Abbau unter Tage verbunden. Unser deutsches Wort Nickel leitet
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