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Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall

Titel: Nacht der Stachelschweine: Laura Gottbergs erster Fall
Autoren: Felicitas Mayall
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murmelte sie.
    «Scusi?»
    «Bene!» Katharina versuchte sich auf ihre bruchstückhaften Italienischkenntnisse zu konzentrieren. Sie strich ihr Haar zurück, das sie heute noch nicht gekämmt hatte. Vor diesem adretten Polizeibeamten kam sie sich plötzlich wie eine schlampige Alte vor. Aber das war auch egal. Beinahe hätte sie über ihre eigene Eitelkeit gelächelt.
    Die Katze lief mit steil aufgestelltem Schwanz auf Guerrini zu und warf sich mit der Schulter gegen sein rechtes Bein. Er bückte sich und strich über ihren Rücken.
    «Sie hieß Carolin, Carolin Wolf.» Katharinas Stimme klang zu hoch und fast lispelnd, wie die eines jungen Mädchens. Guerrini hob erstaunt den Kopf und musterte sie prüfend. Katharina räusperte sich, hatte selbst bemerkt, dass diese Stimme nicht zu ihr passte. Merkwürdig, dass hin und wieder dieser Kindchenton aus ihr herausbrach, als spräche eine Fremde, die es schon lange nicht mehr gab; die kleine Katharina, die ihre Mutter um Verzeihung bat, wenn sie etwas Falsches getan hatte.
    «Carolin, Carolina», murmelte der Commissario. «Bel nome, bella raggazza.»
    Katharina nickte. Sie hatte ihn verstanden. Aber ihr Italienisch würde nicht ausreichen, um ihm die näheren Umstände zu erklären. Sie machte eine Gebärde, die ihn auf die Bank ihr gegenüber einlud. Er nickte, lächelte ein wenig und setzte sich.
    Danach versuchten sie es mit verschiedenen Sprachen. Englisch, Französisch. Es blieb bei Sprachfetzen, von denen beide nur Bruchstücke begriffen. Nur eines verstand Katharina genau: Es gab eine Spur, Stiefelspuren, denen ein Hund folgen würde. Und dann hörte sie sich selbst einen Satz sagen, den sie lieber sofort zurückgenommen hätte. Sie sagte: «Ich glaube nicht, dass es ein Fremder war!»
    Der Commissario ließ seine Augen über die großen Töpfe mit dunkelroten Geranien wandern, über die Kletterpflanzen an den Verandasäulen, die lange antike Tafel, an der die Gruppe die Mahlzeiten einnahm, und antwortete: «Das ist ein schöner Platz, ein wirklich schöner Platz!»
    Hatte er sie verstanden? Katharina hoffte, dass sein Englisch schlecht genug war, um ihre Worte ungeschehen zu machen. Doch in diesem Augenblick wandte er ihr sein Gesicht zu, so plötzlich, dass sie seinen Augen nicht ausweichen konnte, und fragte: «Warum glauben Sie das?»
    Katharina hörte wieder ihre zu hohe Kinderstimme, die sagte: «Ich kann das nicht erklären. Nicht auf Englisch, nicht auf Französisch und nicht auf Italienisch. Wahrscheinlich nicht einmal auf Deutsch.»
    «Oh!», antwortete Guerrini. «Dann haben wir ein Problem.»

F ür den Jagdhund, der bei den Carabinieri von Montalcino regelmäßig Dienst als Spurensucher leistete, war es eine Kleinigkeit, den Stiefelabdrücken durch den Wald zu folgen. Ab und an zögerte er für den Bruchteil einer Sekunde, wenn der Unbekannte seine Richtung geändert hatte. Er zerrte seinen Herrn durch das dornige Gestrüpp, erreichte bald freies Feld, wo er ein paar Minuten winselnd und wedelnd neben einem großen Erdklumpen verharrte, der besonders intensiv zu riechen schien, hob das Bein und lief endlich auf den kleinen Bauernhof auf der Anhöhe zu. Einige Meter vor dem Hof blieb der Hund stehen, das rechte Vorderbein angewinkelt, als wittere er Beute. Die drei Carabinieri, die mit Abstand folgten, hielten ebenfalls an und beobachteten das Tier, das seinem Herrn einen kurzen Blick zuwarf und mit seinem Stummelschwanz zuckte.
    «Das muss es sein!», erklärte der Hundeführer leise und zog sich mit dem Hund und seinen Kollegen in den Schutz eines dichten Feigenbaums zurück. Über Funk riefen sie die kleine Streitmacht herbei, die im Wald an der Straße zur Abbadia wartete.
    Danach ging alles sehr schnell. Dunkelblaue Geländewagen brachen zwischen den Bäumen hervor, rasten auf den Hof zu, gelbbraune Staubwolken hinter sich lassend. In wenigen Minuten war das Gebäude umstellt, Polizisten in kugelsicheren Westen duckten sich hinter Mauern, spähten um Hausecken. Hühner flüchteten, drei Perlhühner reckten ihre dünnen nackten Hälse und stießen schrille Alarmschreie aus, als erwürgte sie gerade jemand. Die Polizisten durchsuchten den Stall, drangen ins Wohnhaus, richteten ihre Waffen auf eine kleine alte Frau, die in diesem Augenblick aus der Tür trat, ihre Augen mit einer Hand vor der Sonne schützend.
    «Dio mio!» , sagte die alte Frau und bekreuzigte sich mit der anderen Hand.
    Die Polizisten stürmten an ihr vorüber, fanden in der
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