Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nacht der Hexen

Titel: Nacht der Hexen
Autoren: Kelley Armstrong
Vom Netzwerk:
noch für irgendetwas sonst, das mirseit ihrem Tod zugestoßen war. Und jetzt war ich hier im Keller eines fremden Hauses und hörte den heulenden Singsang, mit dem Savannahs Kummer aus ihr herausbrach, und wusste genau, wenn ich dem nicht ein Ende machte, würde sie etwas beschwören, das wir nicht kontrollieren konnten, etwas, das uns alle vernichten würde.
    Ich wusste es, und trotzdem konnte ich nichts tun. Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte. Ich hörte, wie Savannah den Namen ihrer Mutter schrie, wie ihre Stimme zu einem hysterischen Crescendo anschwoll, und tat das Einzige, was mir einfiel: Ich bat meine eigene Mutter um Hilfe. Ich schloss die Augen und rief nach ihr, rief sie aus den Tiefen meiner Erinnerung herauf und flehte um Hilfe. Als Savannah eine Pause machte, um Luft zu holen, hörte ich jemanden meinen Namen rufen. Eine Sekunde lang machte mein Herz einen Sprung – als hätte ich es irgendwie, auf irgendeine Art geschafft. Dann wurde die Stimme klarer.
    »Paige?! Savannah?! Paige?!«
    Es war Cortez oben im Haus. Ich flüsterte einen kurzen Dank an meine Mutter, die Vorsehung oder was auch immer ihn hergeschickt haben mochte; dann jagte ich an dem Ofen vorbei und die Treppe hinauf. Als ich oben ankam, sah ich Cortez am Ende des Flurs vorbeischießen.
    »Hier!« rief ich. »Ich bin hier!«
    Das Haus erzitterte. Ich stützte mich am Türrahmen ab und wappnete mich für den nächsten Stoß, aber nichts geschah. Als das Haus zitternd wieder zur Ruhe kam, jagte ich den Flur entlang. Auf halber Strecke kam mir Cortez entgegen. Er packte mich und umarmte mich heftig.
    »Gott sei Dank«, sagte er. »Wo ist Savannah? Wir müssen raus hier. Irgendwas geht hier vor.«
    »Das ist Savannah. Sie –«
    »Sieh mal an«, sagte Leahs Stimme hinter uns. »Der weiße Ritter kommt eben noch rechtzeitig. Du hast vielleicht ein Glück, Paige. Meine Ritter sterben immer vorher und überlassen es mir, ihre Kreuzzüge zu Ende zu bringen.«
    Wir fuhren auseinander und drehten uns zu ihr um.
    »Du hast dein Angebot bekommen«, sagte Cortez. »Wir haben keine Zeit für dich. Ich werde mit meinem Vater sprechen. Du wirst vor jeglichen Vergeltungsmaßnahmen sicher sein.«
    »Vergeltungsmaßnahmen?« Sie lachte. »Was für Vergeltungsmaßnehmen? Ich werde Thomas Nasts Sohn und Enkelin retten und dabei mein Leben riskieren. Die werden mich zur Vizepräsidentin machen dafür.«
    »Wohl kaum«, sagte ich. »Es gibt keinen Sohn mehr zu retten. Kristof Nast ist tot.«
    Cortez zwinkerte ein einziges Mal und fing sich sofort wieder. »Du kannst dir vorstellen, was das bedeutet, Leah. Wenn du diesen Ort lebend verlässt, wirst du die einzige Überlebende einer Kabalentragödie sein – einer Tragödie, bei der der Nast-Erbe umgekommen ist. Dafür wird Thomas Nast dich nicht belohnen. Du hast Glück, wenn er dich nicht umbringen lässt.«
    »Das wird er aber, wenn er rausfindet, dass du diese Tragödie ausgelöst hast«, fügte ich hinzu. »Du hast Savannah erzählt, ich wäre tot, ihr Vater hätte mich umbringen lassen. Du hast sie so weit gebracht. Ganz gleich, was für Pläne du hattest, sie sind schief gegangen. Also nimm das Angebot lieber an und verschwinde, bevor wir’s uns anders überlegen.«
    Ein Blumentopf kam von der vorderen Treppe her geflogen. Cortez stieß mich aus dem Weg und versuchte selbst nochauszuweichen, aber das Ding traf ihn mit solcher Wucht in den Bauch, dass er gegen die Wand geschleudert wurde. Er glitt zu Boden, krümmte sich und rang nach Atem. Ich wollte zu ihm hinüberstürzen, aber Leah stieß mich zurück.
    »Wenn ich eins beherrsche«, erklärte sie und stieg über Cortez hinweg, während er würgte und hustete, »dann ist es, eine verkorkste Sache zu meinen Gunsten zu wenden. Da hätten wir jetzt also ein total danebengegangenes Kabalenprojekt und einen toten Kabalenerben – warum machen wir nicht zwei draus? Und sichern uns gleich ein sehr großzügiges Kopfgeld. Bei einem Haus voller Leichen werden zwei mehr oder weniger kaum irgendwem komisch vorkommen.«
    Ich sprach den Erstickungszauber, aber er verfing nicht. Als sie sich vorbeugte, schleuderte ich einen Feuerball – meine einzige idiotensichere Offensivformel. Er traf sie am Hinterkopf. Als sie herumfuhr, schoss gleichzeitig ein Tischchen in die Luft, traf mich in die Seite und verschlug mir die Sprache – und die nächste Formel ebenso.
    Leah kam auf mich zu. In ihrem Rücken mühte Cortez sich ab, um sich aufzusetzen, während er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher