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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse
Autoren: Jack Higgins
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einsetzen will. Lass es nicht dazu kommen. Geh wieder in dein Krankenhaus.«
    »Ich glaube, man sollte grundsätzlich nicht irgendwohin zu­ rückkehren«, sagte sie und ging mit ihm auf die wartenden Wagen zu. »Und du?«, fragte sie. »Was wird aus dir?«
    »Ich habe nicht den blassesten Schimmer.«
    Sie umfasste seinen Arm und presste ihn an sich und ging mit ihm in die Dunkelheit, die sich über das Flugfeld senkte, als die Beleuchtung der Landebahn ausgeschaltet wurde.

    Jersey 1985

    17

    Es war sehr still in der Bibliothek. Sarah Drayton stand am Fenster und schaute hinaus. »Bald ist es dunkel. Manchmal frage ich mich, ob der Regen jemals wieder aufhört. Ein schlimmer Winter.«
    Vito, der Butler, brachte ein Tablett und stellte es am Kamin auf einen niedrigen Tisch. »Kaffee, Contessa.«
    »Vielen Dank, Vito. Ich schenke selbst ein.«
    Er ging, und sie nahm Platz und griff nach der Kaffeekanne. »Und danach?«, fragte ich.
    »Was aus den Beteiligten wurde? Nun ja, Konrad Hofer flog am nächsten Morgen mit dem ›Storch‹ nach Frankreich, er­ reichte Rommel und informierte ihn.«
    »Und wie sicherte sich Rommel ab?«
    »Na, im Wesentlichen so, wie Harry es vorgeschlagen hatte. Er flog nach Rastenburg.«
    »In die Wolfsschanze?«
    »Genau. Er sprach mit Hitler persönlich. Berichtete ihm, dass er aus Geheimdienstkreisen von der Gefahr eines An­ schlags auf sein Leben erfahren und deshalb Berger als Dop­ pelgänger eingesetzt hätte. Er hielt sich ziemlich an die Tatsachen. Wäre er selbst nach Jersey gereist, hätte Harry ihn ermordet. Berger wurde als miese Ratte abgetan, die das sin­ kende Schiff verließ.«
    »Ich bin sicher, ganz so hat er es dem Führer nicht darge­ legt.«
    »Mag sein. Es gab eine amtliche Untersuchung. Wenige Monate nach dem Krieg konnte ich die entsprechende GestapoAkte einsehen. Die Ermittlungsergebnisse waren ziemlich dürf­ tig. Vergessen Sie nicht, dass man von Hugh Kelso nichts wusste – und es war ausgerechnet Harry, der die Geschichte aus Rommels Sicht glaubhaft machte.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich darf Sie daran erinnern, dass Harry sich gegenüber Ho­ fer ziemlich ausführlich darüber geäußert hatte, wer er war – und diese Informationen sagten der Gestapo einiges. Immerhin führte man eine Akte unter seinem Namen und fahndete seit langem nach ihm. Vergessen Sie nicht, als er in Lyon Kauf­ mann ermordet hatte, entging er den Häschern nur knapp.«
    »Man glaubte Rommel also die Geschichte?«
    »Nun ja, Himmler war wohl nicht so überzeugt davon, aber der Führer gab sich offenbar zufrieden. Man begrub die ganze Sache. Im damaligen Kriegsstadium wollte man so etwas nicht in den Schlagzeilen sehen. Das Gleiche galt für unsere Seite, aber aus anderen Gründen.«
    »Keine Publicity?«
    »Nein.«
    »Unter den gegebenen Umständen«, sagte ich, »war der be­ dauernswerte Schuss, dem Heini Baum zum Opfer fiel, eigent­ lich ganz vorteilhaft. Der Mann hätte ein Problem werden können.«
    »Zu vorteilhaft«, sagte Sarah tonlos. »Harry hat mir einmal gesagt, Dougal Munro lege bei seinen Fällen Wert darauf, alle offenen Fragen zu klären. So kurz vor dem Beginn der Invasi­ on war Eisenhower überglücklich, Kelso intakt zurückzube­ kommen, und unser Geheimdienst wollte Rommel und den anderen Generälen, die sich gegen Hitler verschworen hatten, das Leben nicht unnötig schwer machen.«
    »Beinahe hätten sie es auch geschafft«, sagte ich.
    »Ja – der Bombenanschlag vom Juli 1944. Hitler wurde nur verwundet.«
    »Und die Verschwörer?«
    »Graf von Stauffenberg und viele andere wurden hingerich­ tet, viele auf entsetzliche Weise.«
    »Und Rommel?«
    »Drei Tage vor dem Anschlag wurde Rommels Wagen von alliierten Tieffliegern beschossen und er selbst schwer verwun­ det. Obwohl er mit den Verschwörern zu tun hatte, hielt ihn das praktisch aus der Sache heraus.«
    »Aber man erwischte ihn dann doch?«
    »Aber erst später. Im Lauf eines Gestapo-Verhörs belastete ihn ein anderer. Hitler wollte aber den Skandal vermeiden, den es gegeben hätte, wenn Deutschlands bekanntester Kriegsheld auf die Anklagebank gekommen wäre. Man gab ihm Gelegen­ heit zum Selbstmord – und versprach ihm dafür, seine Familie zu verschonen.«
    Ich nickte. »Und was wurde aus Hofer?«
    »Der fiel bei den schweren Gefechten um Caen kurz nach Beginn der Invasion.«
    »Und Hugh Kelso?«
    »Der sollte eigentlich nicht wieder in den Einsatz. Das Bein heilte nicht gut ab, doch
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