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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse
Autoren: Jack Higgins
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brauchte man sein technisches Kön­ nen, als es darum ging, im März 1945 den Rhein zu überque­ ren. Er kam bei einer Explosion ums Leben, während er Arbeiten an der beschädigten Brücke von Remagen beaufsich­ tigte. Eine Sprengladung, die man übersehen hatte.«
    Ich stand auf, ging zum Fenster und schaute nachdenklich in den Regen hinaus. »Erstaunlich«, sagte ich. »Am erstaunlich­ sten finde ich allerdings die Tatsache, dass von alledem nichts an die Öffentlichkeit gedrungen ist.«
    »Dafür gab es einen besonderen Grund«, antwortete Sarah Drayton. »Die Jersey-Kumpanei. Diese Insel wurde am 9. Mai
    1945 befreit. In zwei Monaten feiern wir den vierzigsten Jah­ restag. Dieses Datum ist hier seit jeher groß gefeiert worden.« »Kann ich mir vorstellen.« »Nach dem Krieg aber gab es zunächst eine sehr schwierige Zeit. Beschuldigungen und Gegenbeschuldigungen über Leute, die angeblich mit dem Feind zusammengearbeitet hatten. Die
    Gestapo konnte tatsächlich einige Leute aufspüren, die in an­ onymen Briefen Freunde und Nachbarn denunziert hatten. Die­ se Namen standen nun offen in den Unterlagen. Ein Regierungskomitee wurde mit der Untersuchung beauftragt.«
    »Und was stellte dieses Komitee fest?«
    »Das weiß ich nicht. Die entsprechenden Unterlagen wurden archiviert und dürfen erst nach einer speziell festgesetzten Frist von hundert Jahren freigegeben werden. Der Bericht wird erst im Jahr 2045 einzusehen sein.«
    Ich kehrte zu meinem Sessel zurück.
    »Was passierte mit Helen de Ville, Gallagher und Guido?«
    »Nichts. Sie gerieten nicht in Verdacht. Guido kam bei Kriegsende in Gefangenschaft. Dougal Munro sorgte dafür, dass er nach kurzer Zeit freigelassen wurde. Ralph, Helens Mann, kehrte ziemlich mitgenommen zurück. Er war in der Wüste verwundet worden. Er erholte sich nicht wieder und starb drei Jahre nach dem Krieg.«
    »Hat sie dann Gallagher geheiratet?«
    »Nein. Es hört sich dumm an, aber ich glaube, die beiden kannten sich schon zu lange. Sie ist vor zehn Jahren an Lun­ genkrebs gestorben. Er ist ihr innerhalb weniger Monate ge­ folgt. Er war dreiundachtzig und noch immer gesund. Ich war bei ihm, als er starb.«
    »Ich hätte Lust… ich meine, wäre es möglich, das De-Ville Anwesen und Septembertide anzuschauen?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen«, erwiderte sie. »Seit dem Krieg hat sich Jersey sehr verändert. Wir gehören heute zu den wichtigsten Bankzentren der Welt. Auf der Insel gibt es viel Geld und jede Menge Millionäre. Einem davon gehört heute das De-Ville-Anwesen. Vielleicht könnte ich etwas arrangie­ ren, ich weiß nicht.«
    Die wichtigste Frage hatte ich mir bis zum Schluss aufgeho­ ben, das wusste sie. Damit rechnete sie. »Und Sie und Marti­ neau? Was wurde aus Ihnen?«
    »Ich erhielt den MBB, den Tapferkeitsorden des britischen Militärs, natürlich ohne offizielle Begründung. Aus dem glei­ chen Grund verlieh mir das Freie Frankreich das Croix de Guerre.«
    »Und die Amerikaner? Haben die sich auch erkenntlich ge­ zeigt?«
    »Himmel, nein!« Sie lachte. »Denen war die ganze Sache viel zu peinlich. Sie wollten sie möglichst schnell vergessen. Dougal Munro verschaffte mir eine Schreibtischtätigkeit in der Baker Street, die ich nicht ablehnen konnte, selbst wenn ich gewollt hätte. Immerhin hat er mich zum aktiven Offizier des Frauenhilfskorps gemacht.«
    »Und Martineau?«
    »Er bekam immer mehr Probleme mit der Gesundheit. Seine Erinnerung an Lyon, die Brustverletzung, machte ihm immer stärker zu schaffen, aber er arbeitete ebenfalls im Amt in der Baker Street. Nachdem die Invasion begonnen hatte, gab es viel zu tun. Wir lebten zusammen. Wir hatten eine Wohnung in Jacobs Well Mansions – in Gehweite vom Büro.«
    »Waren Sie glücklich?«
    »O ja«, antwortete sie und nickte. »Es waren die schönsten Monate meines Lebens. Damals wusste ich aber schon, dass die Verbindung nicht von Dauer sein würde. Wissen Sie, er wollte einfach mehr.«
    »Ein aktiveres Leben?«
    »Genau. Er brauchte den aktiven Einsatz, so wie manche Leute Alkohol brauchen – und schließlich führte ihn dieser Drang in den Tod. Im Januar 1945 setzten sich gewisse deut­ sche Generäle mit dem britischen Geheimdienst in Verbindung in dem Bestreben, den Krieg schneller zu Ende zu bringen. Dougal Munro brütete einen Plan aus, in dessen Verlauf eine Arado-Maschine der Feindmaschinen-Staffel von einem Frei­ willigen nach Deutschland zurückgeflogen werden sollte – mit Harry als
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