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Nacht der Füchse

Titel: Nacht der Füchse
Autoren: Jack Higgins
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Martineau.
    »Und haben Sie Antworten gefunden?«
    »Eigentlich nicht. Irgendwie kam ich immer zu dem Schluss, dass es darauf gar keine Antworten gibt. Dass die Fragen im Grund auch verdammt wenig Sinn ergeben.«
    Er zog den Kopfhörer herab, als sich die Funkstimme wieder meldete und ihm neue Anweisungen und einen neuen Kurs übermittelte. Martineau informierte Sorsa. Die Maschine verlor allmählich an Höhe. Wenige Minuten später meldete sich die Stimme erneut: »Direkt vor Ihnen: Hornley Field. Landen Sie selbständig.«
    Die Rollbahnbeleuchtung war deutlich zu sehen, und diesmal brauchte Sorsa keine Übersetzung mehr. Er nahm das Gas zu­ rück, fuhr die Landeklappen aus und legte eine perfekte Lan­ dung hin. Die eskortierenden Spitfires dröhnten an Backbord und Steuerbord vorbei und stiegen wieder in die Nacht empor.
    Die JU 52 wurde langsamer, und Sorsa bog von der Lande­ bahn ab und rollte auf den Kontrollturm zu. Schließlich stoppte er und schaltete die Motoren aus. Baum stand auf und lachte aufgeregt. »Geschafft!«, rief er.
    Sarah lächelte. Sie umklammerte Martineaus Hand, und Kel­ so, der noch immer auf dem Boden lag, lachte laut. Ein großar­ tiges Gefühl der Erleichterung breitete sich aus. Baum öffnete die Tür und schaute mit Martineau hinaus.
    »Bleiben Sie, wo Sie sind!«, rief eine Lautsprecherstimme.
    Eine Reihe RAF-Soldaten in blauen Uniformen, mit Geweh­ ren bewaffnet, rückte vor. In den Schatten hinter ihnen beweg­ ten sich andere Leute, die Martineau nicht erkennen konnte.
    Baum sprang aus der Maschine. Wieder rief die Stimme: »Bleiben Sie, wo Sie sind!«
    Baum knotete sich das weiße Halstuch um, grinste zu Harry hoch und legte grüßend den Feldmarschallstab an die Mütze. »Kommen Sie, Standartenführer?« Dann machte er kehrt und ging mit erhobenem Stab auf die Kette der Soldaten zu. »Legt die Gewehre fort, ihr Idioten!«, rief er auf Englisch. »Wir sind hier doch unter Freunden.«
    Ein einzelner Schuss peitschte. Baum zuckte herum und machte noch einige torkelnde Schritte auf die Postmaschine zu, ehe er in die Knie brach und zu Boden ging.
    Armeschwenkend lief Harry vor: »Aufhören, ihr Idioten!«, brüllte er. »Ich bin’s, Martineau!«
    Aus den Augenwinkeln bekam er mit, wie die Soldaten ste­ hen blieben, und schon tauchte Squadron Leader Barne’s auf und schickte die Männer zurück. Martineau kniete nieder. Baum streckte ihm die linke Hand hin und packte ihn an der Uniform.
    »Sie hatten Recht, Harry«, sagte er heiser. »Völlig ohne Sinn.«
    »Still, Heini. Nicht sprechen. Wir besorgen Ihnen einen Arzt.«
    Sarah erschien neben ihm, und Baums Griff lockerte sich. »Letzter Akt, Harry. Beten Sie Kaddisch für mich. Verspro­ chen?«
    »Versprochen«, sagte Martineau.
    Baum hustete und spuckte Blut. Sein Körper schien zu erbeben, dann rutschte seine Hand von Martineaus Uniform­ rock ab und rührte sich nicht mehr. Langsam stand Martineau auf und sah Dougal Munro und Jack Carter neben Barnes vor den RAF-Männern stehen.
    »Ein Unfall, Harry«, sagte Munro. »Einer unserer Jungs hat die Nerven verloren.«
    »Ein Unfall?«, fragte Martineau. »Nennt ihr das neuerdings so? Manchmal frage ich mich wirklich, wer eigentlich der Feind ist. Wenn es Sie übrigens noch interessiert, Ihr amerika­ nischer Colonel liegt in der Maschine.«
    Er ging an den beiden vorbei, drängte sich zwischen den Uniformierten hindurch und marschierte ziellos auf die alten Gebäude des Flugclubs zu. Plötzlich spürte er wieder das Ste­ chen in der Brust, von dem er in Jersey nichts mehr gemerkt hatte. Er setzte sich auf die Vortreppe des alten Clubhauses und griff nach einer Zigarette. Plötzlich war ihm kalt. Nach einiger Zeit wurde ihm bewusst, dass Sarah in seiner Nähe saß.
    »Was bedeutet das – Kaddisch beten?«
    »Eine Art Klagegebet. Eine jüdische Sitte. Normalerweise kümmern sich die Angehörigen darum, aber er hat keine. Sind alle in die Öfen gegangen.« Er nahm die halbgerauchte Zigaret­ te aus dem Mund und gab sie ihr. »Nun ja, jetzt weißt du, wie das so ist. Deine Lehre ist abgeschlossen. Keine Ehre, kein Ruhm, nur Heini Baum dort draußen, auf dem Rücken lie­ gend.«
    Er stand auf, und sie folgte ihm. Jemand hatte eine Bahre gebracht, und Baum wurde fortgeschafft. Flankiert von Munro und Carter, humpelte Kelso über das Flugfeld.
    »Habe ich dir schon gesagt, wie gut du dich gehalten hast?«
    »Nein.«
    »Du warst gut. So gut, dass Dougal dich wahrscheinlich wieder
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