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Nacht Der Begierde

Nacht Der Begierde

Titel: Nacht Der Begierde
Autoren: Charlene Teglia
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abzuhalten.
    «Verdammt.»
    Er küsste mich auf den Scheitel. «Leg dich schlafen.»
    «Na klar, es lässt sich ja auch so erholsam schlafen, wenn bei einem eingebrochen worden ist und man gefangen gehalten wird.»
    Sollte ihn meine angesäuerte Reaktion interessieren, so ließ er sich das zumindest nicht anmerken.
    Ich entspannte meine Muskeln, denn mich weiter körperlich gegen ihn aufzulehnen würde mich nur erschöpfen. Es fiel mir überraschend leicht, mich an den Körper des Unbekannten zu schmiegen. Meine Arme hatte er nicht mehr schmerzhaft verdreht, sondern hielt sie nur noch so zusammen, dass ich ihn nicht mehr schlagenkonnte. Weil ich keinen steifen Hals bekommen wollte, rutschte ich ein Stückchen weiter nach unten. Er ließ es zu, dass ich es mir ein bisschen bequemer machte, aber ich konnte spüren, dass seine Muskeln noch immer angespannt waren. Er erwartete, dass ich irgendetwas tun würde. Das entlockte mir ein Lächeln.
    «Sagen Sie mir denn wenigstens Ihren Namen?»
    Er schwieg so beharrlich, dass ich nicht glaubte, er werde mir antworten. Als ich es schon fast aufgegeben hatte, sagte er: «David.»
    David, dachte ich. Na, das passte ja ganz gut. Ich hatte schließlich gemerkt, dass sein Körper so fest wirkte, als ob Michelangelo ihn aus Marmor gemeißelt hätte.
    Er küsste mich nicht noch einmal. Also schlief ich ein, da ich das Gefühl hatte, dass es das Beste sei.
     
    Ich erwachte allein, mit ein bisschen Muskelkater und leicht geschwollenen Lippen, als Beweis dafür, dass ich das alles nicht nur geträumt hatte. Ich stand auf und machte mich auf leisen Sohlen daran, meine Wohnung wie ein Strauchdieb zu durchkämmen und Ausschau zu halten nach einem Mann, der eine Lederjacke trug und dessen Lippen in einem ähnlichen Zustand waren wie meine.
    Bevor ich den Duschvorhang mit einem Ruck zurückzog, bekam ich fast eine Herzattacke, aber die Wanne war leer. Küchenschränke, Kleiderschrank – überall sah ich nach. Dann kontrollierte ich sämtliche Fenster, aber auch die waren alle fest zu. Allerdings war das über der Küchenspüle nicht abgeschlossen, und da erinnerte ich mich an den kalten Luftzug heute Nacht.
    Hier also war er eingestiegen. Ich öffnete es und steckte meinen Kopf hinaus, um den Abstand zu meinem Mini-Balkon abzuschätzen. Ein großgewachsener Mensch konnte es, auf dem Geländer balancierend, wohl schaffen,an das Fenster heranzukommen, aber es musste jemandem schon sehr wichtig sein, wenn er das im zweiten Stock machte.
    Ich zog meinen Kopf zurück und verriegelte das Fenster. Dann schloss ich es ab. Jetzt war die Wohnung so sicher vor Verrückten und küssenden Räubern, wie es ging, deshalb ging ich unter die Dusche und zog mich an. Ich würde heute nicht arbeiten gehen, aber ich hatte eine Menge zu tun.
    Zwar hatte ich nicht vor, meinen Job hinzuschmeißen, nur weil Miguel und seine Leute mich eingeschüchtert hatten. Dass Zach und sie plötzlich dort aufgetaucht waren, wo ich arbeitete, war ja nur ein Ereignis gewesen. Schwerer wog für mich, dass ich plötzlich einen fremden Mann in meiner Wohnung gehabt hatte.
    Wer immer diese Leute waren – bestimmt war mit ihnen nicht zu spaßen.
    Ich mochte keine Situationen, in denen plötzlich Fremde auftauchten und mich in die Defensive drängten. Es war Zeit, nicht immer nur auf überraschende Ereignisse zu reagieren, sondern selbst etwas zu unternehmen.
    Nach einem Telefonat, das ich führte, um eine Vertretung für meine Schicht zu finden, ging ich in die Bücherei. Ich hatte einen Hinweis bekommen, dem ich nachgehen wollte. Das war zwar nicht viel, aber alles, was ich hatte.
    Zach hatte gemeint, ich würde sie an dem Ort finden, von dem ich immer träumte. Heute war ich aufgewacht und hatte mich an einzelne Fragmente meines Traums erinnert, die möglicherweise nichts anderes waren als die unterbewusste Aufarbeitung meiner Erlebnisse mit Zach und David. Trotzdem glaubte ich, es würde sich lohnen, dieser Spur nachzugehen. Zach und auch David waren bei mir gewesen. Zwar war David wie eine gesichtslose Erscheinung im Dunkeln erschienen, aber mit der Logik einer Träumerin hatte ich genau gewusst, dass er eswar. Und irgendetwas an diesem Ort war mir so vertraut erschienen, als wäre ich schon einmal dort gewesen und würde ihn auch jederzeit wiedererkennen.
    Zwei Stunden später dachte ich, dass der Ort, nach dem ich suchte, nur in meiner Phantasie existierte. Trotzdem war es, als ob ich ihn tatsächlich schon einmal gesehen hatte
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