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Nacht aus Rauch und Nebel

Nacht aus Rauch und Nebel

Titel: Nacht aus Rauch und Nebel
Autoren: Ma2
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es uns gefälligst auch holen! Ich ließ mich aus Marians Umklammerung gleiten und taumelte auf das Nichts zu. Wir hatten versagt. Ich hatte versagt. Versagt.
    Dieses eine Wort dehnte sich in meinem Kopf, bis es alles erfüllte, meine Erinnerungen und auch meine Zukunft. Die Schattenwelt war verloren. Durch meine Schuld. Genau wie die Prophezeiung es vorausgesagt hatte. Das Nichts röhrte und zitterte. Hieß es mich etwa willkommen?
    Madame Mafalda stellte sich mir in den Weg, und als ich ihr auswich, stolperte ich über den am Boden liegenden Fluvius Grindeaut. Ich stürzte und schürfte mir nun auch noch Hände und Knie auf dem Fels auf. Doch ich kroch weiter auf den Abgrund zu.
    Schon wieder packte Marian meine Taille, wollte mich zurückreißen. Aber ich schüttelte ihn ab. Dann war ich frei und sprang.
    Das Nichts gähnte mir entgegen. Geisterfratzen schimmerten in der Dunkelheit. Ich flog auf sie zu und –
    – wurde auf das Plateau zurückgeschleudert. Jemand hatte mich bei den Knöcheln gepackt und mit solcher Kraft zurückgezerrt, dass die Wucht des Aufpralls mich schwindeln ließ. Dass dieser Jemand nun auf meiner Brust kniete, um mich am Boden zu halten, machte es nicht besser. Ich blinzelte und erkannte ein Gesicht, das sich verschwommen vor den zuckenden Schwaden des Nichts unter der Decke abzeichnete.
    »Es ist nicht fehlgeschlagen«, sagte der Eiserne Kanzler. »Sie haben also keinen Grund durchzudrehen, Hoheit.«
    »Es ist … nicht?« Ich stöhnte auf. »Aber meine Eltern und … der Stein …«
    In diesem Moment implodierte das Nichts. Die Grotte erzitterte. Eine gigantische Druckwelle erfasste uns und schleuderte uns durcheinander. Wir wirbelten durch die Luft. Die Erschütterung war so stark, dass anscheinend auch unsere Körper in der realen Welt ihren Nachhall spürten und davon aufwachten.
    In der realen Welt schlug ich die Augen auf. Ich lag in meinem Bett in Essen und starrte die Decke an. Die Lichter vorbeifahrender Autos tanzten über die Tapete. Das alles geschah viel zu schnell, meine Gedanken kamen überhaupt nicht mehr nach. In der Ferne ertönte die Sirene eines Krankenwagens. Dann war ich auch schon wieder eingeschlafen und meine Seele stürzte durch Dunkelheit und Kälte zurück in die Schattenwelt.
    Ich fiel und fiel, wie ich es schon so oft getan hatte, und nach einer Weile erkannte ich tatsächlich Dächer und Plätze, Straßen und Gassen. Es war kaum zu glauben!
    Eisenheim war wieder da! Zwar waren noch vereinzelte Schwaden des Nichts geblieben, die sich erst langsam wieder zum Horizont zurückzogen, doch was sie zurückließen, war eindeutig die Schattenwelt, die ich kannte!
    Als ich in die Grotte zurückkehrte, waren die anderen bereits wieder dort. Genauso wie der lackschwarze See, der nun vollkommen still dalag. Vom Nichts und seiner Zerstörungswut fehlte jede Spur. Mafalda und Fluvius hatten Tränen in den Augen und Marian empfing mich mit einer Umarmung.
    »Wir haben es geschafft!«, raunte er.
    Ich nickte. »Aber zu welchem Preis?« Amadé, meine Eltern … Sie und so viele andere waren dem Nichts zum Opfer gefallen. Plötzlich strich eine sehr große Katze um unsere Beine. »Sei nicht traurig, kleine Flora«, schnurrte der Mantikor. Sein Skorpionschwanz klackerte über den Fels, als er den Weißen Löwen zu mir herüberschob. »Der Fürst und die Fürstin sind nun wieder vereint.«
    Mit zitternden Fingern hob ich den Stein auf und drückte ihn an meine Brust. »Sie sind tot«, sagte ich.
    »Mag sein.« Der Mantikor legte den mächtigen Löwenschädel schief. »Aber, weißt du, es gibt noch mehr Welten zwischen Himmel und Erde als Eisenheim und eure Realität. Manche Dinge sind eine Frage der Betrachtung. Und sie wollten es so, Flora. Daran solltest du immer denken. Nur so konnte Eisenheim gerettet werden.«
     
    Ich seufzte und der Mantikor winkte mich zu sich herab, um mir etwas ins Ohr zu flüstern, bevor er sich wieder einmal in Luft auflöste.
    Wenig später legte ich den Stein in Marians Hand. »Ein bisschen von seiner Macht ist noch übrig geblieben. Sie wird kein Tor in unsere Welt mehr öffnen können. Aber sie würde ausreichen, um …« Mein Blick wanderte über den See hinweg bis zu Ylva und dem Materiophon am anderen Ufer.
    Einen Moment lang war Marian wohl zu überrascht, um zu reagieren. Dann strahlte er mich mit einem Mal an. Ohne Vorwarnung küsste er mich. Der Geruch von finnischem Wald umfing mich. Seine Lippen strichen sanft über meine. Eine Weile
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