Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch
Autoren: Edgar Wallace
Vom Netzwerk:
hier ein Gatter?«
    »Etwas weiter, ja …«
    »Nieder!«
    Er hatte den schwachen Schein einer brennenden Zigarette erspäht, die Männer waren im Begriff, zurückzukommen. Diesmal hatte das sich versteckende Paar einen Vorteil. Ein kleiner Erdhügel lief parallel mit dem Zaun. Hinter diesem waren sie sicher geborgen.
    Die beiden Spaziergänger blieben ihnen gegenüber stehen. Anscheinend setzte sich einer sogar auf den Holzzaun, denn sie hörten, wie seine Schuhe gegen die Latten klapperten.
    »… im Wald auf der anderen Seite der Stadt, möchte ich wetten. Wir hätten den Wald durchkämmen sollen, Lenny. Wenn ich kein Trottel gewesen wäre, hätt’ ich ihn in Schenectady gefaßt.«
    Eine Pause.
    »Die Kanone hat er erwischt«, sagte die andere Stimme.
    »Zum Kuckuck! Glaub’ ich nicht. Das schwindelt die Zeitung einfach. Man bricht doch nicht in eine Bank ein, um eine Pistole zu mopsen … Na, vielleicht war’s auch gar keine Bank, aber das Büro eines Buchhalters in einer Fabrik ist doch ebensogut wie eine Bank.«
    »In der Zeitung …«
    »Zeitung!« Er fügte noch eine Bemerkung, die an den Himmel gerichtet war, hinzu.
    Wieder Schweigen. Der Duft einer Zigarre wehte herüber.
    »Hör mal … Was hat denn der Gustl gegen ihn?«
    ›Rotbart‹ - sie konnten schon die beiden Stimmen voneinander unterscheiden - lachte auf.
    »Hör mal, Lenny, wenn wir diesen Vogel fangen, sind wir doch Gustl allerhand voraus, nicht? So komm doch schon …«
    Der Klang ihrer Schritte entfernte sich. Robin hob den Kopf und machte eine Bemerkung.
    »Gustl!« murmelte er. »Das ist ja zum Schießen!«
    Zehn Minuten vergingen, bevor er aufstand und ihr beim Aufstehen behilflich war.
    »Wo ist das Gatter?«
    Sie ging einige Schritte vor ihm her. Er mußte bemerkt haben, daß der Mantel, den sie trug, auf der Erde schleifte und nahm ihn ihr ab.
    Das Gatter wurde gefunden und stand halb offen. Sie gingen über die Landstraße, die zwar uneben war, aber doch weitaus leichter zu beschreiten als das Feld. Es war schwer von Tau gewesen - sie fühlte, wie ihr Kleid durchnäßt war.
    »Es gibt ein Haus in diesem Wald - dort spukt es. Hast du Angst?«
    »Das Haus des Schweden«, sagte sie.
    »Stimmt. Hat sich erhängt, nicht wahr? ›Penner‹ gehen nie dorthin, schlafen lieber im Regen. Soll Unheil bringen. Schrecklich abergläubische Leute - Strolche. Gehe ich zu schnell?«
    »Nein.« Hundert Meter weiter sagte sie: »Jetzt bist du nicht mehr betrunken.«
    Er wandte ihr den Kopf zu. »Doch, schrecklich betrunken! Ich denke immerzu, du seist… jemand anders und meine Beine sind ganz wackelig. Ich habe vorige Nacht nicht geschlafen. Bin die Nacht vorher mit dem Frachtzug durchgefahren, aber der Bremser hat mich gefunden und ’runtergeschmissen … Heute nacht könnte ich im Stehen schlafen. Aber betrunken bin ich doch.«
    Der Weg begann zu steigen. Sie war ihn schon so oft gegangen, daß sie ihn mit geschlossenen Augen gefunden hätte. Lärchen wurden auf der einen Seite sichtbar; der Weg wurde zum schmalen Pfad. Sie gingen vollständig im Dunkeln; das ferne Wetterleuchten kam ihnen zu Hilfe.
    »Irgendwo links ist es.«
    Sie gingen jetzt langsamer und suchten den Pfad zum Haus des Schweden.
    Ein Blitz am Horizont, und sie sahen zwei Steinstufen; ein schmaler Weg führte von ihnen anscheinend zur Hütte.
    Oben auf den breiten Stufen blieb Robin schwankend stehen. Sie glaubte, ihm sei schwindlig, aber als sie ihre Hand ausstreckte, um ihn zu stützen, machte er sich sanft von ihr frei. Dann bemerkte auch sie den roten Schimmer von einem Feuer. Es mußte auf der anderen Seite der Stelle sein, wo sie von dem Fußpfad abgebogen waren.
    »Dableiben«, sagte er heiser und ging die Stufen hinunter.
    Sich verstohlen vorwärts arbeitend, kam er Meter um Meter dem Feuer näher. Kein Laut erreichte das wartende Mädchen. Von Baum zu Baum schlich er sich bis zu einer Stelle, wo er die Lagernden sehen konnte.
    Es waren deren zwei, der eine unwahrscheinlich lang, wodurch der andere wie ein Zwerg erschien - obgleich dieser kaum kleiner als ein Durchschnittsmensch war, so dachte und sprach Robin doch von ihm nur als von ›dem kleinen Mann‹.
    Beide Strolche waren so schmierig und in ihrer Kleidung derart verkommen, daß der Sack, der von den Schultern des Großen hing, noch erstaunlich elegant wirkte. Er hatte eine schmale, fliehende Stirn, eine große Kartoffelnase und ein riesiges, bärtiges Kinn, die Augen waren so klein, so dunkel und so nahe
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher