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Nach Norden, Strolch

Nach Norden, Strolch

Titel: Nach Norden, Strolch
Autoren: Edgar Wallace
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für ihre Berichte bereithalten. Er liebte diese Aufnahmen, die aus den frühen Tagen seiner Amtswürde stammten. Am besten gefiel ihm eine Profilaufnahme, denn er hatte ein auffallend schönes Profil. Er dachte wohl über Oktober nach, als er nach Hause eilte, aber Phantasie war nicht seine Stärke. Sie hatte eine Dummheit begangen - wahrscheinlich war sie schon längst von ihrem Strolchgemahl weggelaufen. Er war wirklich der Meinung, daß er noch vor dem nächsten Morgen erfahren würde, sie sei in den Birkenhof zurückgekehrt. Als er sich ins Bett legte, nahm er an, sie sei wohl schon zu Hause.
    Andrew Elmer saß starr neben dem Tisch, der als Altar gedient hatte. Mrs. Elmer weinte, mehr vor Wut als Trauer, während sie sich in ihrem Schaukelstuhl wiegte. Mr. Lee Water saß auf dem Diwan, einen Arm um Sam gelegt, der verwirrt und einer Übelkeit nahe war.
    »Niemand kann mir die Schuld geben«, sagte Mr. Elmer unzusammenhängend. »Verrückte, kleine Katze! Gymnasium und Universität … Ideen …«
    Mr. Water sah ihn bösartig an. »Wird fein in den Zeitungen ausschaun, was? Mein Junge kriegt wegen eines schmutzigen alten Strolches den Laufpaß! Wie?«
    Das hatte er in den letzten zehn Minuten so oft gesagt, daß Andrew Elmer es kaum noch hörte.
    »Sie hat keine Kleider, nichts!« wimmerte Mrs. Elmer. »Was werden die Leute sagen ..
    Andrews Oberlippe ging mit erschreckender Eile auf und nieder. »Sie hat es aus Bosheit getan fing er an.
    Der Gärtner erschien in der Tür.
    »Ein Mensch ist da und will Sie sprechen, Mr. Elmer. Meiner Meinung nach Engländer… Hab’ die Hälfte von dem, was er gesagt hat, nicht verstanden.«
    Mr. Elmer blinzelte ihn an. Er warf seiner Frau einen Blick zu. Mrs. Elmer trocknete ihre Augen und ging hinaus. Sam war nicht in einem Zustand, der ihm erlaubt hätte, fortzugehen. In Lee Waters Augen lag eine Herausforderung. Er wenigstens hatte nichts, worüber er sich zu schämen brauchte; schon war Sam für ihn das Opfer eines dunklen Komplotts geworden.
    Sicher hatte ihn dieser entsetzliche Mann mit dem blauen Auge und dem geschwollenen Gesicht vergiftet oder hypnotisiert oder irgend etwas, was nichts mit Whisky zu tun hatte. In diesem Zustand der Bewußtlosigkeit hatte man den armen Jungen seiner künftigen Frau beraubt. Sam fiel immer mehr in sich zusammen und gab unharmonische Laute von sich. Mr. Elmer bekam Angst.
    »Kannst du ihn nicht in die Küche bringen, Lee?« fragte er bittend. »Mrs. Elmer hält sehr auf Reinlichkeit
    »Er singt ja nur.« Mr. Waters Stimme klang gereizt. »Es steckt eine ganze Menge hinter dieser Geschichte. Ich werde sie aufklären, und wenn es mich tausend Dollar kostet!«
    Der Gärtner spielte mit seinen Fingern zwischen dem verhaßten, feierlich steifen Kragen und seinem dürren Hals - eine Geste der Ungeduld. Eine kleine Gruppe erregter Menschen stand auf der hinteren Veranda. Sie sprachen alle gleichzeitig.
    »Mr. Elmer, der Mensch da«, sagte er, »wollte Sie sprechen.« Hinter ihm erschien eine hohe Gestalt in einem langen Staubmantel. Der Mann trug ein Monokel und braune Handschuhe. Mr. Elmer bemerkte auch die beigefarbenen Gamaschen über seinen glänzenden Schuhen.
    »Bedaure, Sie zu belästigen, - äh -« Der Mann sah gut aus, hatte einen wachsbleichen Teint, einen kleinen, braunen, seidigen Schnurrbart und ein beständiges Lächeln. Seine Stimme war weich und wohlklingend.
    »Ich habe draußen ein Durcheinander vernommen, konnte aber nicht verstehen, was die Leute sagten. Irgendwas von einem Strolch … Ich hoffe, Sie werden mir verzeihen, wenn ich hier hereinplatze!«
    Er sagte ›hereinplatze‹, als geniere er sich etwas dabei, oder wie ein Engländer, der eine fremde Sprache spricht.
    »Hm, hm. Stimmt. Ein betrunkener Strolch war da … stimmt schon.«
    Mr. Elmer sah sich plötzlich genötigt, seinen Eindruck des Geschehenen in Worte zu bringen. Es mußte ja doch früher oder später in Worte gekleidet werden. Binnen zwei oder drei Tagen würde er vor der Farmerversammlung stehen - er schauderte bei dem Gedanken.
    Die Anwesenheit von Mr. Lee Water und der Zustand des Erben des Waterschen Vermögens beeinflußten Färbung und Gestaltung seiner Erzählung. Es kam Mr. Elmer gar nicht in den Sinn, den Engländer als neugierigen Eindringling zu betrachten oder ihn zu fragen, was zum Kuckuck ihn die Sache anginge. Für ihn bedeutete dieser Fremde die Welt. In seiner Person vereinigte er symbolisch die Millionen, die am nächsten Tage am
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