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Nach dem Sturm

Nach dem Sturm

Titel: Nach dem Sturm
Autoren: Simon X. Rost
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vielleicht ist es sogar gut so. Mann wird von Kelloggs Willkür erfahren, dafür werde ich sorgen. Vielleicht bringt es den Umschwung. Doch zunächst muss ich wissen, ob an Walts Vorwurf etwas dran ist. An dem Vorwurf, dass Sato Bescheid weiß, ja sogar der Urheber des Ganzen ist.
    „Sir? Ist Ihnen nicht wohl? Kann ich noch etwas für Sie tun?“ Elaines Stimme klingt besorgt, weil ich noch immer mit geschlossenen Augen an ihrem Schreibtisch lehne. Die Narbe am Rücken pocht.
    Ich öffne die Augen, gehe an ihr vorbei und sage: „Ja, Elaine, das können Sie. Sie können aufhören, mich zu verarschen.“
    Ich gehe auf die breiten Flügel der Tür zu, die zu Satos Büro führt und Elaine springt entsetzt auf. Sie will mir den Weg verstellen. „Das geht nicht, Sir! Sie können da jetzt nicht-“
    Doch ich schiebe sie zur Seite und bin schon eingetreten.
    Das Büro ist leer.
    Oder nicht? Nein, da sitzt jemand mit dem Rücken zu mir am grotesk großen Schreibtisch am anderen Ende der Zimmerflucht. Versteckt sich Sato vor mir?
    Ich bleibe an der Tür stehen und spreche laut. „Wir müssen reden. Jetzt. Es ist mir egal, was du gerade vorhast, aber es muss jetzt sein.“
    Elaine tritt erschrocken neben mich. „Tut mir leid, Mam. Aber Mister Prey ist einfach reingegangen“, vermeldet sie kleinlaut. Der Bürostuhl schwingt herum und Misses Dare-Sato legt das Telefon auf und lächelt nachsichtig. „Kein Problem, Elaine. Ich erledige das schon.“
    Ich schlucke. Sato ist tatsächlich nicht da. Nur seine Frau. Elaine deutet eine kleine Verbeugung an und zieht sich in ihr Vorzimmer zurück, während Eleanor Dare-Sato aufsteht und auf mich zukommt. „Jefferson! Schön, dich mal wieder zu sehen!“
    Die Frau in den späten Vierzigern trägt eine enge sandfarbene Cordhose und darüber eine weiße Seidenbluse, die ihre üppigen, weiblichen Formen unterstreicht. Eine Perlenkette baumelt in ihrem Dekoletteé, rote Locken fließen über ihre Schultern. Sie streckt mir beide Hände zur Begrüßung entgegen und einigermaßen überrumpelt ergreife ich sie. Die hohen Absätze lassen die eher kleine Frau größer wirken. Sie zieht mich an sich und drückt mir Küsschen auf die Wangen.
    „Du hast dich rar gemacht in letzter Zeit, Jefferson“, tadelt sie mich scherzhaft und schüttelt ihren Zeigefinger, als sei ich ein ungezogener Junge. „Und du siehst blass aus! Ich muss mit Rhonda wohl ein ernstes Wörtchen reden, damit sie dir mehr zu essen gibt, hm?“
    „Hallo Eleanor. Schön, dich zu sehen“, sage ich tonlos und versuche immer noch, meiner Überraschung Herr zu werden. Eleanors blumiges Parfum hüllt mich ein. Sie hält meine Hände noch immer fest, und mustert mich streng, wie die Erbtante ihren Neffen auf dem Kindergeburtstag. Dann senkt sie vertraulich die Stimme. „Was ist denn so wichtig, dass du wie ein Berserker an Elaine vorbeirauschst und die Türen zu unserem Büro aufbrichst?“
    Ich traue meinen Ohren kaum. Hat sie tatsächlich unserem gesagt? Ich räuspere mich, versuche, mich nicht von ihrer Vertraulichkeit einwickeln zu lassen.
    „Wo ist er, Eleanor? Takumi? Ich muss mit ihm sprechen. Es gibt große Probleme.“
    Eleanor lacht auf, klatscht theatralisch die Hände zusammen. „Große Probleme? Das ist ja mal etwas ganz Neues!“ Sie wendet sich von mir ab und geht zu einem Serviertischchen, auf dem zahlreiche Flaschen mit Spirituosen stehen. Sie nimmt eine Kristallkaraffe und füllt eine bernsteinfarbene Flüssigkeit in zwei schwere Gläser. Dann hält sie mir eines hin.
    „Willkommen im Club, Jefferson. Im Club der großen Probleme.“
    Ich nehme das Glas, und sie prostet mir zu, aber ich trinke nicht. Eleanors Tonfall wird ungnädig. „Komm schon, Jefferson. Sei kein verdammter Langweiler und stoß mit mir an.“
    Sie hält mir das Glas hin und ich will mich nicht provozieren lassen. Ich proste ihr zu. Sie trinkt den Bourbon in einem Schluck.
    „Wo ist er?“, frage ich sie noch einmal ganz ruhig. „Er geht mir aus dem Weg, Eleanor.“
    Eleanor schnaubt belustigt und schenkt sich nach. „Er geht dir aus dem Weg? Lass mich mal sehen ...“ Eleanor legt gespielt den Finger ans Kinn. „Er redet gerade mit Heather, weil die Nachzüchtung der wenigen Nutztiere, die wir noch haben, völlig darniederliegt. Davor hatte er einen Termin mit Doktor Martinez, weil die Wissenschaftler die Generatoren an der Mauer einfach nicht repariert bekommen. Parallel kümmert er sich persönlich um die Räumung der
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