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Nach dem Sturm

Nach dem Sturm

Titel: Nach dem Sturm
Autoren: Simon X. Rost
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einem Mistkerl wie Kellogg daran! Er würde niemals-“
    „Er war hier, Jefferson. Er hat zugesehen.“
    Walts Stimme war sehr leise. Dennoch lassen mich seine Worte augenblicklich verstummen. Ich sehe ihn fassungslos an und hauche: „Er war hier?“
    Walt nickt. „Auf der anderen Straßenseite. Mit seiner weißen Limousine. Die Scheiben sind verspiegelt, aber jeder kennt seinen protzigen Wagen. Er hat das IFIS-Team dabei beobachtet, wie sie hier reingestürmt sind und Carl und Sophie brutal zu Boden gedrückt haben. Wie sie mit ihren Gewehren das Schaufenster und die Vitrinen zerstört haben. Sie haben Carl einen Angelhaken in die Wange gedrückt und Sophie die Hände auf den Rücken gedreht und mit Kabelbindern fixiert. Ich hab es aus der Gasse gegenüber beobachtet. Sato war sogar noch näher dran. Er hat den besten Blick auf die Aktion gehabt.“
    Ich schüttele den Kopf und höre das Blut in meinen Ohren rauschen. Das kann nicht sein! Das darf nicht sein! Walt zuckt ergeben mit den Schultern. „Tut mir leid, Jefferson. Aber das ist die Wahrheit. So kanns nicht weitergehen.“
    Zum zweiten Mal an diesem Tag höre ich diesen Satz und er drückt wie das Joch eines Ochsen auf meine Schultern. Floyd hat sich mit zitternden Fingern eine Zigarette gedreht, steckt sie sich aber hinter das Ohr, statt sie anzuzünden. Aus wässrigen Augen blickt er mich an. „Carl hat mich aus einem Keller gezogen, als wir vor zwei Monaten bei dem Supermarkt in der Bird Street eingekesselt waren. Er hat mein Bein verbunden, uns mit einem Molotow-Cocktail eine Bresche in Hudsons Leute gesprengt und mich dann da rausgeschleppt, Jefferson. Ich verdanke ihm mein Leben. Ich würde das gleiche für ihn tun. Auch wenn Kelloggs komplette Gestapo im Weg steht. Ich will jetzt eigentlich nur wissen, ob ich das mit dir oder ohne dich durchziehen soll.“
    Floyd entzündet ein Streichholz, fischt die Zigarette hinter seinem Ohr hervor und zündet sie dennoch nicht an. Er hält das Streicholz zwischen Daumen und Zeigefinger und mustert mich mit stechendem Blick, während die Flamme langsam das kleine Hölzchen auffrisst.
    Er wartet auf meine Antwort.

- 9 -

    „Tut mir leid, Mr. Prey, Sir. Aber Mr. Sato ist im Moment leider nicht zu sprechen.”
    Elaine lächelt mir höflich zu. Ihr adrettes, fliederfarbenes Twinset sitzt akkurat und sieht aus, als wäre es an diesem Morgen frisch aus der Wäscherei gekommen. Satos Sekretärin mit dem blonden Pagenkopf bewacht von einem luxuriösen Vorzimmer aus sein weitläufiges Büro im Olympic Regent, und ihre nichtssagende Auskunft ist die gleiche, wie etliche Male zuvor an diesem Tag. Nur dass ich jetzt direkt vor ihr stehe und sie nicht, wie zuvor, am Telefon erhalten habe. Sato lässt sich verleugnen, so viel steht fest.
    Der Zorn läuft mir über den Nacken wie eine Welle aus heißem Blei. Elaine kann nichts dafür, aber sie bekommt ab, dass ich die Nacht nicht geschlafen habe und etwa ein Dutzend mal versucht habe, Sato ans Telefon zu bekommen.
    „Es ist mir egal, was er gerade tut, Elaine. Ich muss ihn sprechen!“
    Ich bin laut geworden, aber Elaines ewig lächelnde Fassade bekommt keinen Riss. „Aber er ist nicht da, Sir. Ich habe Ihnen doch bereits gesagt, dass er sich mit Heather McFarlane trifft, wegen der Schwierigkeiten bei den Agrarbetrieben.“
    Ich schließe für einen Moment die Augen und versuche, ruhig zu bleiben. Mit größter Mühe ist es mir gelungen, Floyd am vergangenen Abend davon abzuhalten, sich gewaltsam den Weg zu Carl und Sophie freizusprengen. Ich bin mit einer Polizeieskorte ins Stadion gefahren. Kellogg war nicht da und ich habe den wachhabenden Sergeant so lange bearbeitet, bis er Carl und Sophie aus Kelloggs improvisiertem Verlies im Heizungskeller des Stadions geholt hat.
    Sie sahen erbärmlich aus, ihre Verletzungen waren nicht behandelt worden. Carl hat gehumpelt und Sophie und ich haben ihn gestützt, bis er im Wagen saß. Ich musste Kelloggs Sergeanten ein halbes Dutzend Formulare unterschrieben, und habe Carl und Sophie dann dem Polizisten der Wache in der Fulham Street übergeben, einem rechtschaffenen, einfachen Mann, auf dessen Loyalität ich mich verlassen kann. Bei ihm werden sie in Untersuchungshaft bleiben, bis ihr Fall vor Gericht kommt. Man wirft ihnen die Bildung einer terroristischen Zelle vor, mit der Absicht, die Stadtverwaltung zu stürtzen. So absurd der Vorwurf ist, ich konnte nicht verhindern, dass sie sich dem Prozess stellen müssen. Und
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