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Nach all den Jahrmilliarden

Nach all den Jahrmilliarden

Titel: Nach all den Jahrmilliarden
Autoren: Robert Silverberg
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Lie­ge thron­te ein großes Ge­schöpf. Es war et­wa zwei­mal so groß wie ein Mensch, hat­te einen kupp­ei­för­mi­gen Kopf und vier Ar­me, und es war mit Schup­pen be­deckt: ein Er­ha­be­ner, der tat­säch­lich ge­nau­so aus­sah wie je­ne, die wir in den Pro­jek­tio­nen der Ku­gel ge­se­hen hat­ten.
    Le­bens­er­hal­tungs­sys­te­me um­ga­ben ihn, hüll­ten ihn prak­tisch ganz ein. Ein Dut­zend ku­gel­för­mi­ger Ge­bil­de wa­ren an sei­nen Glied­ma­ßen be­fes­tigt. Auf sei­ner Brust war ein kom­pli­ziert wir­ken­des Ge­rät fest­ge­schnallt. Dräh­te dran­gen aus dem Kopf, dem Kör­per, den Hand­ge­len­ken. Der gan­ze präch­ti­ge Raum stell­te ei­ne ein­zi­ge Ma­schi­ne dar, die da­zu diente, das fla­ckern­de und zu er­lö­schen dro­hen­de Le­bens­licht in die­sem Ge­schöpf zu er­hal­ten, es zu er­näh­ren, die Funk­tio­nen sei­ner Or­ga­ne auf­recht­zu­er­hal­ten und die Gif­te des Al­ters ab­zu­fil­tern.
    Denn die­ser Er­ha­be­ne war alt. Un­ge­heu­er, furcht­bar alt.
    Sein Kör­per war fal­tig und auf­ge­quol­len. Sei­ne Schup­pen über­lapp­ten sich nicht mehr, son­dern klaff­ten auf­grund des auf­ge­quol­le­nen Lei­bes aus­ein­an­der, wa­ren an ei­ni­gen Stel­len so­gar ganz ab­ge­blät­tert und of­fen­bar­ten Fal­ten ei­ner wei­chen, gräu­li­chen Haut. Die Au­gen wa­ren trüb. Die Ge­sichts­zü­ge wa­ren apa­thisch und schlaff.
    Der Er­ha­be­ne be­weg­te sich nicht. Er gab durch nichts zu er­ken­nen, daß er sich un­se­rer An­we­sen­heit be­wußt war. Er hät­te ein wäch­ser­nes Bild­nis sei­ner selbst sein kön­nen, wenn nicht das un­deut­lich zu er­ken­nen­de, at­men­de He­ben und Sen­ken der Brust ge­we­sen wä­re.
    Com­man­der Leo­ni­das hat­te einen sei­ner Te­le­pa­then vom Schiff mit­ge­bracht. „Kön­nen Sie sei­ne Ge­dan­ken le­sen?“ frag­te er ihn. „Emp­fan­gen Sie ir­gend et­was?“
    Der TP, der mit uns hier­her­ge­kom­men war, ein Mann na­mens Da­vis, schob sich na­he an die Kris­tall­wand her­an und jus­tier­te sei­nen Geist in tiefer Kon­zen­tra­ti­on. Als er sich ei­ni­ge Au­gen­bli­cke spä­ter ab wand­te, war sein Ge­sicht blaß und vol­ler Ekel zer­furcht.
    „Ein Kohl­kopf“, sag­te Da­vis lei­se. „Das Be­wußt­sein ei­nes Kohl­kop­fes … ei­nes geis­tes­kran­ken Kohl­kop­fes.“
    „Ozy­man­di­as“, mur­mel­te Mir­rik. „Sieh mei­ne Wer­ke, die ge­wal­ti­gen, und ver­zweifle.“
    „So geht es ih­nen al­len“, sag­te Dihn Ru­uu. „Ih­re Kör­per wer­den viel­leicht bis zum En­de der Zeit über­le­ben. Ihr Geist je­doch … ihr Geist …“
    „Sie sind mehr tot als le­ben­dig“, stell­te Dr. Schein fest. „Und doch le­ben sie wei­ter.“
    „Da­mit wird ih­nen kein gu­ter Dienst er­wie­sen“, flüs­ter­te Dr. Horkkk. „Die­ses Le­ben im Tod muß furcht­bar sein! Ih­re Zeit ist vor­über. Las­sen wir sie in Frie­den ru­hen.“
    Ja, das mei­ne ich auch: Las­sen wir sie in Frie­den ru­hen.
    Und so­mit bleibt von der Mil­li­ar­de Jah­re al­ten Grö­ße nur dies üb­rig: apa­thi­sche Ge­schöp­fe, die in Kris­tall­kä­fi­gen da­hin­sie­chen, wäh­rend ih­re im­mer flei­ßi­gen Ro­bo­ter ge­dei­hen und sich ver­meh­ren und eif­rig die­nen. Un­se­re Su­che ist vor­über. Wir ha­ben die Er­ha­be­nen ge­fun­den. Wir sind ein­ge­drun­gen in das, was un­ge­stört hät­te blei­ben sol­len. Wir ha­ben den Alp­traum der stol­zes­ten Ras­se der Ga­la­xis ge­se­hen, einen Alp­traum, der sich aus un­sag­bar al­ten Bil­dern formt.
    Ich wünsch­te, man hät­te uns nie ge­stat­tet, das zu ent­de­cken.
     
    Wir ver­lie­ßen die­se Un­ter­welt aus sta­ti­schem und wie ein­ge­fro­re­nem Le­ben, in der der Tod be­tro­gen wird, kehr­ten zur glän­zen­den Ober­flä­che Mirts zu­rück und glaub­ten, wir hät­ten nun den Gip­fel des Ber­ges aus Rät­seln er­reicht.
    Wir irr­ten uns, denn Mirt hielt noch ei­ne wei­te­re Über­ra­schung für uns be­reit, ei­ne, die das Le­ben ei­nes je­den Ge­schöp­fes in der Ga­la­xis voll­stän­dig ver­än­dern wird und uns al­len ein neu­es und un­be­kann­tes und auf­re­gen­des Zeit­al­ter er­öff­net.
    Dihn Ru­uu führ­te uns in ein
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