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Mythos

Mythos

Titel: Mythos
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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lächelte. Es gab Grund genug zu glauben, zu hoffen und zu lieben. Aber während der Hoffnung alles erlaubt war, durfte man den Glauben nicht auf tönernen Füßen oder Strohhalmen errichten oder ihn gar schweben lassen, getragen von Illusionen.
    Eine Frau trat in den Rahmen der Tür. Die Strahlen der Abendsonne fielen ihr in die Augen. Sie beschattete die Stirn mit der Hand und rief nach dem Kind.
    „Nicolas! Zeit fürs Bett.“
    Der Junge ging ohne Widerworte zu seiner Mutter hinüber und verschwand mit ihr im Haus.
    D’Albret schloss die Augen. Mein Gott, wie egoistisch und anmaßend war er gewesen. Wie hatte er diese Frau, die er liebte und die ihn liebte, nur so im Stich lassen können? Sein Gesicht wurde heiß vor Scham. Man konnte aufrichtige Liebe nicht befehlen. Wie konnte jemand so dumm sein, das zu versuchen? Liebe kam aus dem Herzen, nicht aus verstaubten Büchern. Und man konnte Liebe nicht verbieten. Man konnte Menschen nur daran hindern, ihre Liebe zu leben. Und das war ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Egal, ob es sich um die Liebe zwischen Mann und Frau oder zwischen zwei reifen Menschen gleichen Geschlechts handelte. Wen ging das überhaupt etwas an, verdammt?
    D’Albret griff sich an den Hals. Manchmal spürte er den steifen Rand des Kollars, obwohl es dort gar nicht mehr saß. Das Wort Phantomschmerz tauchte in seinem Kopf auf. Gar nicht unpassend, dachte er. Schon seltsam, dass etwas gerade deshalb wehtut, weil es nicht mehr da ist.
    Von der Sonne war nur noch ein schmaler Streifen zu sehen. Das Licht der Venus kämpfte sich durch das strahlende Abendrot. Oder war es die Internationale Raumstation ISS, die die Strahlen der Sonne reflektierte? Eine Kathedrale der Menschheit, in den Oücit, in rbit geworfen vom Homo sapiens ? Ein Denkmal, das sich der neue Prometheus, der Lehrer seiner selbst, als Gott des Fortschritts gewidmet hatte?
    Als die Sonne verschwunden war, erhob sich d’Albret. Langsam, aber mit leichten Schritten ging er hinüber zu dem alten Haus, das sich in den langen Schatten der Kirche duckte. Er öffnete die dunkle Tür und trat ins Licht der Küche.
    Yvonne drehte sich zu ihm und strich mit dem Unterarm Haarsträhnen aus der Stirn. Mitten in der Bewegung hielt sie inne. Von ihrer nassen Hand fielen Tropfen auf ihre bloße Schulter.
    „Darf ich dir helfen?“, fragte d’Albret. Er stützte die Hände auf den großen Holztisch, der den Raum dominierte.
    Sie schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht zeigte keine Regung, aber ihre Augen lächelten müde. Sie nickte in Richtung der Tür, die zum Flur führte. D’Albret senkte den Kopf. Er zog die dünne Lederjacke aus und hängte sie an einen Haken neben der Haustür. Dann ging er hinüber in den Flur. Er öffnete die Tür am Ende des kurzen Ganges. Das Licht der Dämmerung fiel zwischen den Vorhängen hindurch. Als er die Tür hinter sich schloss, bewegte sich das Windspiel vor dem offenen Fenster. Wie gut er diese hellen Töne kannte.
    Er setzte sich auf die Bettkante. „Hallo, Nicolas“, flüsterte er.
    Der Junge richtete sich auf und schlang ihm die Arme um den Hals.
    „Ich wusste, dass du wiederkommst“, flüsterte Nicolas in sein Ohr. „Ich habe ganz fest dafür gebetet.“
    D’Albret schluckte. Tränen stiegen ihm in die Augen.
    „Scheint, als hätte es geklappt“, sagte er heiser.
    Nicolas löste die Arme von d’Albrets Hals und ließ sich zurücksinken. Er sah d’Albret erwartungsvoll an.
    D’Albret deckte ihn zu und beugte sich zu ihm hinunter.
    Leise begann er, ihr Lied zu singen. Und während er es sang, wurde ihm bewusst, wie sehr er sich verändert hatte. Und dass auch das Lied nie mehr dasselbe sein würde.
    Guten Abend, gut’ Nacht,
    mit Rosen bedacht,
    mit Näglein besteckt,
    schlupf unter die Deck’.
    Morgen früh, ist doch klar,
    wirst du wieder geweckt.
    Morgen früh, ist doch klar,
    wirst du wieder geweckt.

Nachwort
    Mein Buch ist ein Roman, Handlung und Protagonisten sind der Fantasie entsprungen. In einer Geschichte, die sich stark an der Realität orientiert, lässt es sich jedoch nicht vermeiden, dass manche Figuren realen Personen ähneln. Aber keiner der Charaktere soll einen solchen Menschen darstellen. So erinnert Brea MacLoughlin in ihrer Einstellung sicher an Christopher Hitchens oder Richard Dawkins. Auch Arnaud d’Albret, Bertrand Merdrignac, Adem Tanriverdi und Francesco Pérez greifen auf Argumente lebender oder toter Vorbilder zurück. Sollten sie realen Personen darüber hinaus
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