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Mythos

Mythos

Titel: Mythos
Autoren: Markus C Schulte von Drach
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Seiten klebten zwischen den Blättern ganz hinten in Las Casas’ Manuskript Historia General de las Indias , das im Indienarchiv aufbewahrt wird“, erklärte Belotti.
    Und da, dachte Nora Tilly, hatten sie sich lange genug versteckt. Höchste Zeit, ihnen ihr Geheimnis zu entreißen. Genau das würde sie jetzt tun.
    „Das ist alles hochinteressant“, sagte sie. „Und mir wäre es wirklich wichtig, der Sache nachzugehen. Wissen Sie, ich brauche nämlich dringend arcch drinwieder ein Thema für einen Artikel. Meine letzte Publikation ist schon einige Zeit her, und mein Professor macht mir die Hölle heiß. Und wenn ich etwas über Las Casas finde, sage ich Ihnen Bescheid.“
    Der Mönch schaute ehrfürchtig zu Las Casas’ Porträt hinauf.
    „Natürlich“, sagte er schließlich und wandte sich von dem Gemälde ab. „Die Kopien warten sicher schon auf uns.“
    Er legte ihr die Hand auf die Schulter. „Uno Tesoro, si?“ Wieder lachte er.
    „Aber vielleicht haben Sie ja recht“, sagte er und zeigte auf Las Casas. „Wenn er damals von einem Inkaschatz erfahren hat, wollte er vielleicht verhindern, dass weitere Reichtümer der Indios in die Hände der Konquistadoren fielen. Deshalb hat er die Briefe nicht weitergeleitet.“ Er spitzte die Lippen. „Aber wahrscheinlich ist das alles Blödsinn und Sie laufen einem Hirngespinst hinterher.“ Er drehte sich um und ging in Richtung Ausgang.
    Tilly löste ihren Blick von dem Porträt des berühmten Dominikaners und folgte Belotti nachdenklich.
    Mittwoch, 3. Juni, Sevilla, Spanien
    Die Glocken der Kirchen Sevillas verkündeten die volle Stunde. 21 Uhr. Nora Tilly streckte sich, klappte den Laptop auf dem Schreibtisch zu und stand auf. Mit drei Schritten durchquerte sie ihre kleine Wohnung und holte eine Mineralwasserflasche aus dem Kühlschrank.
    Padre Belotti hatte sie gebeten, ihn heute Abend zu besuchen. Sie sollte ihn auf dem Laufenden halten. Es hätte genügt, ihn anzurufen, um ihm zu sagen, dass in dem Brief, den er ihr überlassen hatte, kein Wort über Bartolomé de Las Casas stand. Aber Belotti wohnte nicht weit entfernt im Viertel El Arenal. Und nach den langen Stunden am Computer hatte Tilly Lust auf einen kleinen Spaziergang an der frischen Luft.
    Die vergangenen zwei Tage hatte sie in ihrem Apartment vor dem Laptop verbracht, die Kaffeemaschine gefüllt und geleert, mit wachsender Begeisterung den Brief des Gaspar Riz de Santo Galo an Philipe von Hutten entziffert und gleich eingetippt. Es war schwieriger gewesen, als sie zuerst gedacht hatte, da der Schreiber nicht die Sorgfalt an den Tag gelegt hatte wie die Beamten der spanischen Krone. Auch hatte sie mit einigen Wörtern Schwierigkeiten gehabt, die heute anders geschrieben wurden. Am Nachmittag hatte sie das letzte Wort in der letzten Zeile eindeutig identifiziert. Und sie war sich jetzt absolut sicher, dass sie auf Hinweise auf einen Schatz gestoßen war. Einen Schatz, der vielleicht noch immer irgendwo in Peru auf seine Entdeckung wartete. Sie war jetzt überzeugt, dass sich ihr hier wirklich die eine große Chance in ihrem Leben bot, auf die sie immer gehofft hatte. Auf die jeder Schatzsucher hoffte.
    Dazu aber musste sie auch den Geheimtext entschlüsseln. Noch hatte sie keine Ahnung, wie. Auf jeden Fall hatte sie begonnen, auch ihn auf den Computer zu übertragen.
    Sie hatte alle 32 von Riz in seinem verschlüsselten Text verwendeten Symbole auf einem Zettel nachgemalt und ihnen im Textverarbeitungsprogramm Sonderzeichen zugeordnet. Der nächste Schritt war, die Kopie des verschlüsselten Textes entsprechend ihrer Tabelle mit Sonderzeichen ab- beziehungsweise umzuschreiben. Die Arbeit war mühselig. Abwechselnd hatte sie Riz’ Brief gelesen und den Derrotero übertragen. Sehr weit war sie mit dem Wegweiser allerdings nicht gekommen.
    Nebenbei hatte sie noch versucht herauszufinden, wer Gaspar Riz und Philipe von Hutten waren. Über von Hutten hatte sie im Internet schnell einige Informationen gefunden: ein deutscher Reichsritter, der eigentlich Philipp hieß, geboren 1505 im bayerischen Unterfranken, 1546 in Venezuela gestorben. Von Hutten war im Auftrag der deutschen Handelsgesellschaft der Welser nach Südamerika gereist. Dort hatte er nach einer goldenen Provinz und später nach dem Reich des El Dorado gesucht, das er für diese Augsburger Kaufleute erobern und plündern wollte.
    Mit Geschichten von spanischen Konqui05 schen Kstadoren in Mexiko und Peru sowie portugiesischen Eroberern in
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