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Mythor - 049 - Der Drachensee

Mythor - 049 - Der Drachensee

Titel: Mythor - 049 - Der Drachensee
Autoren: Peter Terrid
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auf dem glatten Wasser. Die beiden Männer hatten Zeit, sich umzusehen.
    Da waren roh zusammengezimmerte Bauten, die wie Schwalbennester in den Ruinen klebten. Da waren Götzenstatuen, eine schrecklicher und schändlicher als die andere; die Augen, die Schädel, die Körper – sie waren ausgehöhlt und dienten irgendwelchen Wesen als Behausung. Keines dieser Wesen ließ sich blicken, und seltsamerweise getraute sich weder Hrobon noch Mythor, die tiefe Stille durch lautes Rufen zu unterbrechen.
    Die Ruinen von Erham waren ein Ort der Bedrückung, das Wirklichkeit gewordene Verhängnis. Kaum wagten die beiden Männer zu atmen. Es war, als halte hier alles den Atem an und warte. Mythor wusste , dass die Ruinen noch weit von der eigentlichen Zone der Düsternis entfernt waren. Wenn es hier schon so still und schauerlich war, wie mochte dann das Leben in der Schattenzone aussehen?
    »Kaum vorstellbar, dass hier ein Stummer Großer hausen soll«, murmelte Hrobon.
    Es schien nahezu unvorstellbar, dass hier überhaupt jemand hausen sollte. Doch es gab Leben.
    Durch den Nebel klang der schrille Lärm der Drachenschwirren. Erst nach geraumer Zeit bemerkte Mythor, dass sich der Lärm verstärkte. Ein anderes Boot kam näher.
    Dann schälten sich die Konturen aus dem Nebel.
    Wieder ein Drachenkopf am Bug, dahinter stand, das Gesicht in Fahrtrichtung, eine Gestalt. Nur der Kopf des Mannes war zu sehen, ein wachsbleiches, regloses Gesicht. Der Körper wurde von einem dunkelroten Umhang eingehüllt, glatt und glänzend fiel der Stoff an der hageren Gestalt herab. Daneben schob sich ein zweites Boot aus der Nebelwand, ein drittes, eine kleine Flotte.
    Jedes Schiff trug eine solche Gestalt im Bug, dahinter je zwei Schwirrenträger, die mit gleichmäßigen Bewegungen ihre Instrumente kreisen und pfeifen ließen.
    Die Boote waren größer als der Nachen, den Mythor und Hrobon nicht hinüberzusteuern vermochten. Die Boote fassten mindestens dreißig Mann.
    Jeweils zehn Männer, erkennbar an den dunkel gefärbten Gesichtern und dem sich krass davon abhebenden schneeweißen Haar, stakten die Boote in gleichmäßigem, schweigendem Takt vorwärts. Der Kurs führte an Mythors Boot vorbei.
    Hinter den Männern mit der Stakstange stand jeweils eine bronzene Schale. In jeder dieser Schalen brannte ein Feuer mit fahler gelber Flamme, betäubender Geruch wehte zu Mythor herüber, eine süßliche Ausdünstung, die lockend und abstoßend zugleich in die Nase stieg.
    Sieben Boote waren es. Eines fuhr an der Spitze, und in seinem Heck stand ein vollkommen in Weiß gekleideter Mann und schlug mit einem Schlegel den Takt auf einer großen, dumpf klingenden Trommel.
    Quer über die sechs folgenden Boote war ein Gestell aus dünnen Stangen gebaut worden. Darauf stand ein mächtiger Scheiterhaufen, einstweilen noch nicht in Brand gesetzt.
    Mythor brachte es nicht fertig zu rufen. Der Anblick war von grässlicher Eindringlichkeit, gespenstisch, unwirklich. Es sah aus wie ein Leichenbegräbnis, es fehlte aber, wie Mythor genau sehen konnte, der Leichnam, der hier vom Feuer verzehrt werden sollte. Wurde der Leichnam von dieser Prozession erst abgeholt? Oder war dieses Schauspiel, von dem der undurchdringliche Nebel nur einen kurzen Ausschnitt sichtbar machte, eine Hinrichtung?
    Dumpf schlug die Pauke, sonst war nichts zu hören. Fast ohne Wellenschlag bewegten sich die Boote, glitten dahin zurück, woher sie gekommen waren. Mit der gleichen schauerlichen Ruhe, mit der diese Prozession des Grauens aus dem Nebel erstiegen war, glitt sie in die weißen Schwaden zurück.
    Mythor fröstelte.
    Wie gebannt warteten die beiden Männer, bis die Boote völlig verschwunden waren, bis wirklich nichts mehr zu hören war.
    Hrobon sah Mythor an und schüttelte den Kopf.
    »Wir werden ihnen nicht folgen«, sagte er tonlos. »Eher schwimme ich zurück.«
    Mythor nickte. Es gab ohnedies keine Aussicht, der Todesflotte zu folgen, deren Geruch noch schwer über dem Wasser lagerte und jedem kundtat, wer hier vorbeigeglitten war.
    Mythor sah auf den Boden des Nachens. Dort lag noch die Ausrüstung der Bootsleute: Schwerter, Dolche, Schilde.
    Mythor griff nach einem der Schilde. Hartholz, mit festem Leder überzogen. Man brauchte eine scharfe Klinge und einen starken Arm, wenn man diesen Schild spalten wollte.
    »Nimm du den anderen«, sagte Mythor. »Damit können wir vielleicht das Boot in Bewegung setzen.«
    Hrobon begriff rasch, was Mythor meinte. Die beiden benutzten die
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