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Mythor - 044 - Piraten der Wüste

Mythor - 044 - Piraten der Wüste

Titel: Mythor - 044 - Piraten der Wüste
Autoren: Werner K. Giesa
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jener Warze dort hinten nahe genug vorbeigekommen wären, hättet ihr das Wrack eines ziemlich großen Seglers und zwei Diromen-Skelette sehen können.«
    Mythor sah die Gänsehaut, die sich auf den Oberarmen der Prinzessin unter dem Schleiergewand bildete. Er wollte beruhigend den Arm um ihre Schultern legen, aber sie entzog sich ihm rasch und mit hoheitsvoll-anmutiger Bewegung.
    »Ich selbst habe schon eine Warze bestiegen«, sagte der Pirat. »Wenn man aufpasst, ist es ungefährlich. Aber man muss schnell sein, um den Stacheln zu entgehen. Sie sind beweglich.«
    Shezad war etwas blasser geworden.
    Mythor grinste. »Und du warst schnell genug?« fragte er.
    »Nein«, sagte der Pirat trocken.
    Shezad stieß einen leisen Schrei aus. »Und – du lebst noch?« fragte sie mit geweiteten Augen.
    »Ein Kamerad half mir«, sagte der Pirat. Er zerrte an seinem weit geschnittenen Beinkleid und zog es hoch. Dort, wo sich bei anderen Menschen Fuß und Unterschenkel befinden, steckte in dem schweren Stiefel Holz.
    Shezad schluckte heftig.
    »Ganz gut gemacht, nicht wahr?« fragte der Pirat. »Baudi heiße ich übrigens, falls ihr mich anzusprechen wünscht.« Er schlug Mythor auf die Schulter. »Du gefällst mir, Mann, auch wenn du kein Pirat, sondern nur ein Gefangener bist. Du bist der erste, der nicht entsetzt die Augen gerollt hat, als du das Holzbein sahst.«
    »Der Stachel hat dich am Bein erwischt?« fragte Mythor heiser. Für Augenblicke stellte er sich vor, wie es sein musste, mit einem solchen Ersatz herum zu humpeln .
    »Am Knöchel«, sagte Baudi. »Ich war einen Herzschlag lang unvorsichtig, und prompt erwischte mich dieser verfluchte Stachel. Krümmte sich zusammen wie ein Wasserschlauch und stieß zu. Ich dachte schon, ich müsste sterben. Aber dann kam Osso. Ich weiß nicht mehr, was dann geschah, aber als ich Tage später erwachte, hatte ich unterhalb des Knies nichts mehr. Osso hatte mir das Leben gerettet. Das Gift war schon unterwegs, ihm blieb nichts als diese Lösung. Er war der beste Freund, den ich jemals hatte.«
    »Und wo ist er jetzt?« fragte Mythor rau .
    »Ein Krieger aus der Festung hat ihn mit einem Pfeil erwischt«, murmelte Baudi düster.
    »Was wolltest du eigentlich bei der Warze?« fragte Shezad stockend. Sie konnte sich nicht vorstellen, was einen Mann dazu trieb, sich dieser Gefahr zu nähern.
    »Was wohl?« Er lachte rau. »Beute. Reiche Beute. Der Segler, der dort zerschellt war, barg eine wertvolle Fracht. Wir sahen, wie er der Luftspiegelung zum Opfer fiel und an der Warze zerschellte. Als wir uns einen Tag später herantrauten, fanden wir in dem Wrack nur noch Skelette, die sich merkwürdig weich anfühlten. Wir hatten dem Segler auflauern wollen, aber er knallte vorher gegen das Stachelding. Nun, wir wollten uns seine Ladung trotzdem holen, und wir haben es auch getan. Und dabei hat mich eben der Stachel erwischt. Seitdem trage ich dieses Ding hier. Es ist kein Ersatz für mein richtiges Bein, aber besser als gar nichts. Ich kann mich immerhin halbwegs schnell bewegen.«
    Mythor schüttelte den Kopf.
    »Auch Vogelreiter rasen manchmal in die Warzen«, fuhr Baudi fort. »Und wir finden sie immer, aber nicht jeder wagt sich heran, um sie der Dinge zu entledigen, die Tote nie mehr brauchen. Denn dort, wo sie liegen, gibt es auch die beweglichen Stacheln. Und nicht jeder hat so viel Glück wie ich. Viele werden erwischt und leisten denen, die sie berauben wollten, Gesellschaft.«
    »Wie viele von diesen Warzen gibt es eigentlich?« wollte Mythor wissen.
    Baudi zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht. Der Salzspiegel ist groß, und Warzen und Warzenkolonien gibt es an vielen Stellen. Ich weiß es nicht. Du müsstest Tashan fragen. Er hat Karten angefertigt, die die Warzen zeigen.«
    »Ich werde wohl kaum die zweifelhafte Ehre haben, mich mit eurem Anführer darüber zu unterhalten«, entgegnete der Sohn des Kometen. »Ich denke, dass ich ihn höchstens im Vorbeimarsch zu Gesicht bekommen werde. Warum bin ich überhaupt hier? Es geht doch um die Prinzessin, nicht um mich oder meinen Begleiter.«
    »Frage Ashorro«, sagte Baudi mit abermaligem Schulterzucken. »Er hat die Idee ausgebrütet, euch beide mitzunehmen. Vielleicht hofft er, noch einige Sonderbedingungen herauszuschlagen, wenn er euch freigibt.«
    Mythor dachte an Hrobon. Ashorro konnte vielleicht recht haben. Vielleicht würde Hrobon tatsächlich Zugeständnisse machen, nur um seinen Todfeind in die Hände zu bekommen.
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