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Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt

Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt

Titel: Mythor - 043 - Am Kreuzweg der Lichtwelt
Autoren: Werner K. Giesa
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war schon einige Monde her, und die Ebene der Krieger war so unendlich fern…
    Mythor zwang seine Gedanken wieder in die Gegenwart zurück. So fern das Herzogtum Caer auch war, die Auswirkungen seiner Macht waren bis hierher zu spüren. Drudins Todesreiter hingen ihm im Nacken, versuchten ihn auszuschalten, und es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sich die Heere der Caer auch über die Länder des Südens ergießen würden. Und aus dem Süden kam ihnen die sich langsam, aber stetig ausdehnende Düsterzone entgegen. Es war wie eine tödliche Zange, die die Menschen der Lichtwelt langsam, aber sicher zwischen sich zu erdrücken versuchte.
    »Der Salzspiegel ist eine gefährliche Fläche«, murmelte No-Ango. Der Letzte der Rafher verzog das Gesicht. »Es gibt dort Wanderdünen, die einen überraschen und verschlingen können, und Piraten machen die Gegend unsicher.«
    Mythor zuckte mit den Schultern. Er hatte nicht vor, den ausgetrockneten Salzsee zu betreten. Es war wahrscheinlich einfacher und geradliniger, an seinem Ufer entlang in Richtung Logghard weiterzugehen.
    No-Ango warf ihm einen merkwürdigen Blick zu. Der junge Rafher war schlank und sehnig gebaut. Sein Kopf war gewissermaßen in zwei Hälften geteilt; vom Nacken zog sich über seinen ausladenden Schädel ein etwa zwei Finger breiter kahlgeschorener Streifen bis nach vorn. Der Streifen war weiß bemalt, und in dieser Färbung zog er sich durch das gesamte Gesicht bis über das Kinn hinaus. Die rechte Gesichtshälfte war sonnengebräunt, die linke bleich. Eine Folge der häufigen Gesichtshälftenfärbung, der die Rafher Schutz vor den bösen Mächten zusprachen. Zur Zeit war No-Angos linke Gesichtshälfte nicht bemalt; wenn er sie einfärbte, geschah dies mit roter Farbe und mit verschiedenen Mustern, die jeweils seinem Gemütszustand entsprachen. In gefärbtem Zustand, also mit gespaltenem Gesicht, wie er es bezeichnete, nannte er sich No-No-Ango.
    Eine bemerkenswerte Eigenheit, fand Mythor.
    Auch in seiner sonstigen Erscheinung bildete der mit einem Lendentuch bekleidete Rafher den völligen Gegensatz zu Mythors anderem Begleiter, Steinmann Sadagar. Hier der junge, kräftige Krieger, dort der alte, schmächtige Messerwerfer.
    Das kleine Anwesen, zwischen dem Fuß des Hanges und dem Ufer des Salzspiegels gelegen, wurde deutlicher und schon langsam in Einzelheiten erkennbar. An die Hütte grenzte ein Pferch. Ob sich Tiere darin befanden, konnte Mythor nicht erkennen, weil die ausladenden Baumkronen fast alles überdeckten. Der grüne Fleck war eine Erholung nach den schroffen grauen und braunen Felsen und den kümmerlichen Pflänzchen. Vielleicht handelte es sich um eine Einsiedlerklause, denn auch aus größerer Höhe hatten sie kein Dorf oder gar eine Stadt sehen können.
    Dort unten, dachte Mythor, wartet das Leben.
    Er irrte sich.
    *
    Die Schritte entfernten sich wieder. Doch immer noch wagte Larashi kaum zu atmen und rührte sich nicht in dem Graben. Es kam ihm wie ein Wunder vor, dass die Unheimlichen ihn nicht entdeckt hatten. Hufschlag klang auf. Doch Larashi konnte nicht unterscheiden, ob es zwei oder drei Pferde waren. Er wagte nicht, seine Deckung zu verlassen. Wenn einer der Schwarzgekleideten zurückgeblieben war und er sich erhob, war es aus mit ihm. Der alte Diener kauerte sich weiter nieder und wartete ab. Kein Geräusch erklang mehr, und er schöpfte wieder Hoffnung. Vielleicht hatten die Mörder die Klause tatsächlich zu dritt verlassen.
    Erst wenn die Dunkelheit einbrach, wollte der Alte seine Deckung verlassen.
    Aber dann klangen wieder Schritte auf. Diesmal konnte er sie deutlicher auseinanderhalten. Es waren die Schritte dreier Männer.
    Sie kehren zu Fuß zurück! durchfuhr es ihn. Sie wollen dem Sohn des Kometen auflauern und haben ihre Pferde irgendwo versteckt, damit sie nicht sofort entdeckt werden!
    Die Angst war wieder da, die furchtbare Angst – und die Fliegen.
    Sie umschwärmten ihn in dem trockenen Graben, setzten sich auf seinen Körper, krochen über sein Gesicht. Er wagte nicht, sich zu bewegen, um sie fort zu wischen. Jede Bewegung konnte ihn verraten.
    Eines der Insekten setzte sich auf seine Nase.
    Nein! dachte er. Nur das nicht!
    Der Niesreiz wurde immer größer…
    *
    Die drei Männer hatten die Hütte erreicht. Sie war ziemlich einfach gehalten und aus roh gehauenen Baumstämmen zusammengefügt. Mythor schätzte, dass es nicht viel mehr als vier Zimmer im Innern geben konnte.
    Nichts rührte sich.
    Mythor
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