Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mythor - 037 - Der Koloss von Tillorn

Mythor - 037 - Der Koloss von Tillorn

Titel: Mythor - 037 - Der Koloss von Tillorn
Autoren: Peter Terrid
Vom Netzwerk:
das leise Klirren der Waffen an seinem Gürtel.
    Es war eine seltsame Welt, abweisend und anheimelnd zugleich. Die Reinheit und Weiße sorgten dafür, dass er sich klein, schmutzig, fast erbärmlich vorkam. Er sah die Spuren zahlreicher Kämpfe auf seiner Kleidung, Narben, Schrammen auf den Waffen. Schmutz an den Füßen. Die Haare waren wirr und schweißverklebt, und ein wenig war die Anstrengung der letzten Tage und Stunden an Mythors Gesicht und Haltung ablesbar.
    Die Umgebung aber in ihrer lichten Klarheit ließ in ihm das Gefühl aufkommen, als sei es unehrenhaft, zu schwitzen, Hunger oder Durst zu haben, ein Weib zu begehren oder sich an wilder Hatz im Wald auf Sauen zu erfreuen, am Würfelspiel, am würzschweren Wein.
    Die Umgebung, das kalte Weiß, das ihn eng umschloss, ließ Mythor bewusst werden, dass er von der höchsten Einsicht noch weit entfernt war. Was Vangard ihm gesagt hatte, fand in diesem Raum eine seltsame Bestätigung -zum Sohn des Kometen wurde man nicht geboren, man wurde dazu gemacht, hauptsächlich durch sich selbst. Mythor versuchte sich vorzustellen, welches Maß an überlegener Ruhe, weiser Abgeklärtheit, Weltentrücktheit und Einsichtstiefe einer aufbringen musste, der für immer hier leben wollte. Mit fast schmerzhafter Deutlichkeit vermittelte der Raum Mythor das sichere Gefühl, dass er von dem Weg, den er zu gehen gewillt war, erst ein kaum sichtbares Stück zurückgelegt hatte – und das galt vor allem für die innere Entwicklung.
    Der Raum, den er durchschritt, war nicht abmessbar, er entzog sich dem Zugriff des Wirklichen; es gab ihn, aber er war nicht handfest, nicht greifbar. Und es war vor allem die Unbegrenztheit dieses Raumes, die scheinbare Endlosigkeit, die bewirkte, dass er sich ganz klein fühlte.
    Er wusste nicht, wie lange er schon durch diesen Raum gewandert war – fast kam er sich vor wie ein Pilger auf der Reise ins Ungewisse. Nach seinem Gefühl schritt er seit Stunden wacker aus, und dennoch konnte er nicht erkennen, dass er eine nennenswerte Strecke zurückgelegt hatte. Mythor wusste, wie groß der äußere Koloss war – knapp dreißig Mannslängen –, und er wusste, dass dieser Innenraum zwangsläufig kleiner sein musste als der äußere Koloss. Wie hätte er sonst hinein gepasst? Dennoch: Er kam sich vor wie in einer riesigen Halle, die kein Ende nahm.
    Weiter und weiter wanderte Mythor. Seltsam, dass er keinerlei Angst verspürte. Er verstand von dem, was es um ihn herum gab, so gut wie nichts, aber er fürchtete sich nicht. Dies war kein Raum, in dem Furcht oder ähnliche Empfindungen zu Hause waren. Im Gegenteil, Mythor überkam als feines Ahnen das Gefühl, einer überaus wichtigen Sache dienstbar zu sein, Teil zu sein eines großen, alles überwölbenden Ganzen.
    Er lächelte.
    Rätselvolle Empfindung: Er verspürte zwei Regungen, die sich eigentlich widersprachen: Demut und Stolz, und er wusste, dass beide Empfindungen von diesem seltsamen Raum hervorgerufen wurden.
    Irgendwo in der Ferne, sehr weit voraus, erschien ein winziger schwarzer Punkt in dem endlosen bläulichen Weiß. Mythor marschierte darauf zu.
    Er vermochte nicht zu sagen, worauf er losmarschierte – es mochte ein gigantisches Tor sein, es mochte nichts weiter sein als ein kleiner Punkt. Es gab keine Vergleichsmöglichkeiten in dieser alles umfassenden Weiße.
    Das Etwas kam näher. Es schien sich zu bewegen, auf Mythor zuzukommen.
    Das Etwas war schwarz. Ein Ring.
    Ein steinerner Ring aus dem gleichen grauen Marmor, aus dem der gesamte Koloss gebildet war. In dem Ring herrschte eine kalte, endlose Schwärze. Nichts war darin zu erkennen.
    Mythor sah, dass der Ring den Boden zu berühren schien. Hatte er das Tor gefunden?
    Immer weiter ging er darauf zu, auf das lockende Schwarz inmitten des eintönigen Weiß. Es schien, als werde er gleichsam hineingesogen in diese grundlose Schwärze.
    Mythor schätzte, dass der marmorne Ring mehr als mannshoch war. Das Nichts inmitten des grauen Marmors wirkte wie die Pupille eines ungeheuer großen Auges, schwarz, unergründlich, verlockend und beängstigend in einem. Mythor ging geradlinig darauf los.
    Dann hatte er den Ring erreicht. Einen Herzschlag lang zögerte er, dann trat er hinein.
    Heiß schoss die Angst in ihm hervor, versiegte dann blitzartig und machte einem Gefühl völliger Teilnahmslosigkeit Platz.
    Hinter der Schwärze gab es einen weiteren Raum. Mythor hatte den letzten, den innersten Koloss erreicht.
    Wieder der graue
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher