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Mythor - 034 - Drachenflug

Mythor - 034 - Drachenflug

Titel: Mythor - 034 - Drachenflug
Autoren: Werner K. Giesa
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aufsetzen.
    Nein! wehrte Dreifingerauge ab. Wahrscheinlich wird er es nicht überstehen und in den ewigen Schlaf sinken. Damit wäre höchstens den Dämonen gedient. Doch es gibt eine andere Möglichkeit.
    Welche?
    Man muss versuchen, den Schatten, der sich in ihm verkrochen hat, aus seinem Körper heraus zu locken.
    Die Wirkung des Mittels verflog allmählich, der stumme Dialog war beendet. Langsam erhob sich der Stumme Große und verließ die Wohnung Dreifingerauges. Was gesagt werden musste, war gesagt worden.
    *
    Besorgt sah die schlanke Frau auf den Mann hinab, der sich auf seinem Lager wälzte. Mistra strich sich durch das lange rotbraune Haar. Eine Krankheit wie diese hatte sie in ihren neunzehn Sommern noch nicht erlebt.
    Mythor war totenblass. Von seiner einstigen Kraft und Stärke war nicht mehr viel zu erkennen. Er bewegte sich unruhig unter der dünnen Decke, aber seine Augen blieben geschlossen.
    »Mythor!« sagte Mistra leise. Zärtlich strich ihre Hand über seine schweißnasse Stirn. Doch Mythor beruhigte sich nicht. Er warf sich von einer Seite auf die andere und murmelte unverständliche Worte. Fieberphantasien…
    Ihr Zeigefinger glitt tastend über seine spröden Lippen, als er einen Moment lang still lag. Dann warf sie sich herum, eilte aus dem Zimmer. Im Nebenraum stand ein Behälter mit Wasser; sie füllte einen Becher ab und kehrte zu dem Kranken zurück. Eine Hand griff stützend unter seinen Oberkörper und hob ihn an, während sie den Becher an seine Lippen führte. »Trink, Mythor«, flüsterte sie.
    Er öffnete den Mund, als habe er ihre Aufforderung verstanden, aber nach den ersten paar Schlucken erfasste ihn der nächste Anfall. Der Becher flog irgendwo hin. Mythor stieß einen rauen Schrei aus, der aus der Kehle eines Drachen zu stammen schien. Mistra fuhr unwillkürlich zurück. Dann fiel der Krieger auf das Lager zurück und lag wieder still.
    Die Tochter des Fischers Rochad trat wieder zu ihm. Ihre Hand schlug die Decke zurück, sie betrachtete seinen Körper. Er war abgemagert. Er schien sich gegen den Schatten zu wehren, der ihn auszehrte. Seine krampfartigen Anfälle waren wie ein ständiges verzweifeltes Ringen gegen das, was am Kometenstein in ihn gefahren war. Aber trotz allem kam er nicht zu Bewusstsein .
    Die Tür des Zimmers wurde geöffnet. Eine große Gestalt trat ein. Mistra sah sich um. »Der Weise Große«, sagte sie leise und neigte grüßend den Kopf.
    Dreifingerauge trat heran. Seine Augen hefteten sich auf Mythor. Es steht schlimm um ihn, pfiff er.
    »Er darf nicht sterben«, gab Mistra gestikulierend zurück. »Wenn ich nur wüsste, wie ich ihm helfen könnte… ich würde alles tun!«
    Langsam wandte Dreifingerauge den Kopf. Durchdringend sah er die junge Frau an und erkannte in ihren großen, dunklen Märchenaugen die tiefe Sorge um Mythors Wohlergehen.
    Mistra meinte, was sie sagte.
    Seine Hände bewegten sich. Er teilte ihr durch die Zeichensprache mit, dass es tatsächlich eine Möglichkeit gab, Mythor zu helfen.
    »Sage sie mir!« flehte Mistra.
    Jetzt noch nicht! bedeutete ihr Dreifingerauge mittels seiner Zeichensprache. Überlege es dir gut, Mädchen, denn diese Möglichkeit der Hilfe könnte durchaus deinen Tod bedeuten!
    Kurz nur dauerte das Erschrecken, das er in ihrem Gesicht erkannte, dann aber schob sie trotzig das Kinn vor. »Und wennschon«, sagte sie. »Ich will Mythor helfen. Er darf nicht sterben.«
    Überlege es dir gut, wiederholte Dreifingerauge. Ich scherze nicht. Willst du dein Leben wirklich so einfach verschenken?
    Ja! wollte sie schreien, aber sie schwieg, als sie in seine Augen sah. Sie nickte nur. Aber offenbar wollte es der Weise Große nicht wahrnehmen. Stumm wandte er sich um und ging.
    Mistra sah ihm nach, dann blickte sie wieder Mythor an. Sah ihn, wie er hilflos dort lag, von Krämpfen geschüttelt und gegen den Tod ringend, gegen den Schatten, der ihn fraß.
    Mythor durfte nicht sterben. Um keinen Preis. Mistra war bereit, auch das größte Opfer zu bringen.
    *
    Auf einem anderen Tafelberg, nicht mehr in Sichtweite der Speicherburg der Schurketen, erhoben sich die Mauern von Dhachar-Rash. In vielem glich die Burg der Berker der der Schurketen. Immerhin gab es jedoch auch einige gravierende Unterschiede.
    Shenol der Traurige kannte diese Unterschiede nicht. Er hatte nie Gelegenheit gehabt, Yarman-Rash näher als aus einer Distanz von hundert Pfeilschussweiten zu sehen. Seinen Namen »der Traurige« hatte er erhalten, weil er
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