Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Muttertier @N Rabenmutter

Muttertier @N Rabenmutter

Titel: Muttertier @N Rabenmutter
Autoren: Nives Mestrovic , Sonja Liebsch
Vom Netzwerk:
nützlichen Geschäftskontakte einen weiteren hinzuzufügen. Diesmal lehnte ich mich in meinem Chefsessel aus Kunstleder zurück – den aus echtem Leder kaufe ich mir irgendwann! –, kaute an meinem Kugelschreiber und dachte ›Ach, nee, die Maxi!‹
    Maxi ist meine Freundin aus Kindertagen. Wir hatten seit der fünften Klasse bis hin zum Abitur so einiges zusammen und auch miteinander durchgemacht. Ich musste lächeln.
    Maxi und ich waren wirklich unterschiedlich, äußerlich, charakterlich, und dennoch verstanden wir uns immer ohne Worte und wussten, was die andere dachte. Meistens blieb es aber nicht beim Denken, sondern wir taten das, was beste Freundinnen eigentlich ständig tun: Reden ohne Ende. Wenn man uns denn ließ! Heute kaum aus unserem Leben wegzudenken, aber damals in den 80ern war es total normal, kein Handy, kein Internet und keine Flatrate zu haben. Unser Festnetztelefon war auch nicht mobil. Es hing an einem vier Meter langen Kabel, es war dunkelgrün und hatte diese geniale Wählscheibe. Meine fünfjährige Tochter Franziska würde sich kaputtlachen, wenn sie heute so einen Apparat in die Finger bekäme. Und was haben wir telefoniert! Und vor allem, wie lange! Stundenlang! Und es war uns scheißegal, dass mein Vater genau über diese Nummer, die auch mit unserem Geschäft verbunden war, Bestellungen erwartete oder selbst telefonieren wollte. Und wenn er dann die Nase richtig voll hatte, stapfte er völlig entnervt aus seinem Büro in der Einliegerwohnung hoch in unser Wohnzimmer und befahl mir, das Gespräch sofort zu beenden. Okay, ich legte tatsächlich jedes Mal auf, aber das hielt Maxi nicht davon ab, kurze Zeit später zurückzurufen. Wenn dann wieder mal, leider regelmäßig, die Telefonrechnung ins Haus flatterte, rastete mein lieber Vater aus. Klar, es gab keine Flatrate, und damals waren 250 Deutsche Mark so viel wie heute 250 Euro. »Was zum Teufel quatscht ihr da so lange? Ihr seht euch in der Schule, ihr verbringt den ganzen Nachmittag miteinander! Und was, verdammt noch mal, gibt es dann noch zu erzählen?« Er war laut, aber er schrie nie. Das lag ihm nicht. Das Schreien überließ er meiner Mutter! Und ich hatte keine Antworten auf seine Fragen. Heute muss ich darüber lachen, denn wir hatten uns immer wieder über die gleichen Dinge unterhalten – Jungs, Klamotten und Musik. Wir konnten ein und dasselbe Thema so lange durchkauen, dass jemand, der uns zugehört hätte, uns sicherlich auf die manisch-depressive Schiene abgeschoben hätte. Das Ergebnis war ein Schloss auf der Wählscheibe! Telefone konnte man nicht, wie heute, umstecken; die Kabel waren damals fix in der Wand. Da ging gar nichts.
    Ich brauchte Maxi. Ich hatte immer die große Klappe und Maxi war die Diplomatin. Sie konnte sich immer so gewählt ausdrücken, so anders als ich. Wenn sie etwas nicht gut fand, konnte sie es wunderbar sozialverträglich formulieren. Bei mir hieß es dann ›Ich finde, das ist Kacke!‹ Ja, ich wurde von ihr auch irgendwie erzogen.
    Und was war ich eifersüchtig, als sie ihren ersten Freund hatte! Nein, ich war nicht eifersüchtig auf sie, sondern auf ihn, dass er nun mit meiner Maxi Zeit verbrachte, die mir zustand. Aber Maxi war Gott sei Dank schon immer einfühlsam. Natürlich hatte sie auch gespürt, was mit mir los war. Ich war richtig erleichtert, als sie mir von sich aus mitteilte, dass dieser Junge nichts an unserer Freundschaft ändern würde.
    Und die Sommerferien. Ich verbrachte sie regelmäßig auf einer kleinen Insel in Kroatien. Maxi blieb in Mönchengladbach, und wir schrieben uns Briefe, ohne Ende superlange Briefe. Auf der Insel dachten alle, ich hätte einen Freund in Deutschland, der nicht ohne mich sein konnte.
     
    Plötzlich klingelte das Handy und riss mich aus meinen Erinnerungen. Da waren der Bildschirm und diese XING-Einladung von Maxi. Wie kam sie jetzt auf mich? Nach so langer Zeit. Wir hatten sicher zehn Jahre nichts mehr voneinander gehört. Noch vor einigen Tagen hatte ich beim Aufräumen das Hochzeitsfoto von ihr und ihrem Mann Alex gefunden. Ich hatte mich gefragt, was sie jetzt wohl macht, wie es ihr geht und irgendwie fand ich es schade, dass wir uns aus den Augen verloren haben. Ich wollte mich melden, aber ich habe es nicht getan. Maxi war schneller.
    Ich schaute auf den Bildschirm und wollte ihr antworten, aber irgendwie hatte ich ein komisches Gefühl im Bauch. Es hatte mit ihrer Hochzeit zu tun. Die Hochzeit an sich habe ich nicht gerade in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher