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Mutterliebst (German Edition)

Mutterliebst (German Edition)

Titel: Mutterliebst (German Edition)
Autoren: Antoinette van Heugten
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Danielle. „Ich bin sicher, diese Zeugin wird all Ihre Fragen beantworten können.“
    Der Gerichtsdiener kehrt zurück. „Kann … sie … nicht … finden, … Richterin“, schnauft er. Sein Gesicht ist rot vor Anstrengung.
    „Versuchen Sie es weiter“, zischt Hempstead. Sie dreht sich zu Danielle um und hebt die Stimme. „Miss Parkman, haben Sie noch weitere Zeugen, die Sie aufrufen möchten?“
    „Die Verteidigung ruft Dr. Reyes-Moreno in den Zeugenstand“, erwidert Danielle. „Und, Richterin?“
    „Ja?“
    „Dürfen wir darum bitten, dass Mr Sevillas sich wieder dem Team der Verteidigung anschließen darf?“
    Hempstead nickt dem Sheriff zu. „Führen Sie Mr Sevillas herein.“
    „Vielen Dank, Euer Ehren.“ Danielle wartet nervös, bis Tony wieder seinen Platz am Tisch der Verteidigung eingenommen hat. Ihre Blicke begegnen sich. Die Liebe ist wie ein blauer Blitz, der zwischen ihnen aufflackert. Danielle zwingt sich, zum Podium zurückzukehren.
    In Reaktion auf den Ruf des Gerichtsdieners marschiert Dr. Reyes-Moreno den Gang hinunter. Sie hält zwei in rosa Stoff eingebundene Tagebücher und einen Ziehharmonikaordner in den Händen. Der Gerichtsdiener streckt ihr die Bibel entgegen. Sie legt den Eid ab. Ihre Lippen sind zu einer schmalen Linie zusammengepresst, ihr Blick wirkt grimmig.
    Danielle geht vor ihr auf und ab. „Doktor, haben Sie sich die Dokumente angesehen, die wir Ihnen gegeben haben, und die Beweisstücke, die wir in Miss Morrisons Hotelzimmer gefunden haben?“
    „Das meiste davon, ja“, erwidert sie.
    „Genug, um darauf eine Diagnose zu gründen?“
    „Ich fürchte ja.“ Die Psychiaterin schüttelt traurig den Kopf. „Alle Puzzleteile passen perfekt zusammen – jetzt, wo es zu spät ist.“
    Danielle nickt. „Bitte erklären Sie dem Gericht, an welcher Krankheit Jonas Morrison litt – und zwar von Anfang an.“
    „Jonas Morrison litt am Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom.“
    Hempstead beugt sich zu der Zeugin vor. „Doktor, ist das hier nicht einfach ein schrecklicher Fall von Kindesmisshandlung? Das ist zumindest das, was ich sehe.“
    Reyes-Moreno schüttelt den Kopf. „Vielleicht sollte ich den Unterschied zwischen dem Münchhausen-Syndrom und dem Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom erläutern.“
    „Natürlich.“
    „Frauen mit dem Münchhausen-Syndrom, das mittlerweile sehr bekannt ist, erfinden Krankheiten, um Aufmerksamkeit zu erhalten. In einem der bemerkenswertesten Fälle hat eine Frau bis zu ihrem sechzigsten Lebensjahr zweihundert Behandlungen in über achtzig verschiedenen Krankenhäusern erhalten. Bis zu ihrem letzten Krankenhausaufenthalt wurde ihre psychische Störung nicht erkannt.“
    Die Richterin wird ganz blass. „Fahren Sie bitte fort.“
    Reyes-Moreno nimmt ihre Brille ab. „Das Münchhausen-Stellvertreter-Syndrom ist eine ähnliche, aber dennoch eigenständige Störung. Die Erwachsene nimmt die Täuschung nicht dadurch vor, dass sie ihre eigene Gesundheit manipuliert, sondern die des Kindes. Die wesentlichen Merkmale dieses Syndroms sind krankhaftes Lügen, Wanderschaft – das heißt, ständiges Umziehen, um der Entdeckung zu entgehen – und wiederholt auftretende, vorgetäuschte Krankheiten, die die Mutter dem Kind zugefügt hat. Man beobachtet es selten bei Kindern über vier Jahren.“
    „Warum das?“
    Reyes-Moreno schüttelt den Kopf. „Die meisten Kinder, die Opfer des Münchhausen-Stellvertreter-Syndroms sind, werden unzuverlässig, sobald sie älter werden und ihre Schmerzen kommunizieren können – deshalb sind die meisten Opfer Säuglinge und Kleinkinder.“
    Danielle holt tief Luft. „Bitte fahren Sie fort.“
    „Die Mutter verfügt normalerweise über antisoziale Persönlichkeitszüge, begleitet von einem merkwürdigen Mangel an Sorge für das Kind – ganz besonders im Hinblick auf schmerzhafte operative Eingriffe, die sie dem Kind aufnötigt. Sie besitzt breite Kenntnisse der fachspezifischen Medizin und zieht ein ganz besonderes Vergnügen daraus, die beteiligten Ärzte zu manipulieren sowie die verschiedenen ‚Krankheiten‘ zu erzeugen, die ihrem Kind die Aufmerksamkeit der Ärzte und Kliniken sichern.“
    „Können Sie uns sonst noch etwas über diese Mütter sagen?“
    „Ja“, erwidert sie. „Wie im Fall von Miss Morrison ist die Mutter häufig sehr intelligent, und sie erweckt den Eindruck, ihrem Kind wunderbar ergeben zu sein – oft sogar zu ergeben.“
    „Welche körperlichen Symptome haben diese
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