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Muttergefuehle

Muttergefuehle

Titel: Muttergefuehle
Autoren: Rike Drust
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konnte, wenn er mal eine verschlafen hatte. Stattdessen wurden meine Brüste noch größer und sahen aus wie Blumenkohl, weil sich die Milch staute und sich schmerzhafte Knubbel bildeten. A propos wehgetan: Dass die Nippel andauernd wund waren und ich dann mit Kohlblättern oder Kühlstreifen auf den Brüsten auf dem Sofa beziehungsweise im Bett lag, hat auch nicht unbedingt dazu geführt, dass ich mich zum nächsten Wet-T-Shirt-Contest anmelden wollte. Und wo wir gerade dabei sind, dieses Gefühl, wenn der Milcheinschuss in den Brüsten sticht wie tausend Stecknadeln, gehört jetzt auch nicht zu den Dingen, an die ich mit einem schwelgerisch-sehnsüchtigen »Hach!« zurückdenke. Genauso wenig wie an die Brustentzündung, während der ich nur eine Seite gestillt und die andere Seite parallel abgepumpt und dann gefüttert habe – und das mit Fieber und Schüttelfrost. Verlockend praktisch klingt für mich da eher folgender Gedanke: Ich mache eine Flasche und gebe sie dem Kind.
    Trotzdem habe ich meinen Sohn ein halbes Jahr lang gestillt, weil es eben so empfohlen wird und weil es alle so gemacht haben. Ich hatte jedoch nicht das Gefühl, das Stillen habe unsere Beziehung intensiviert, und, von wegen Immunschutz, erkältet hat er sich trotzdem. Keine Frage, in manchen Regionen der Welt ist es unerlässlich, dass die Frauen stillen, und auch in unseren Breitengraden finde ich toll, wenn Frauen selbstbewusst und selbstbestimmt ihre Kinder überall stillen und das gern tun. Jetzt fehlt nur noch, dass alle auch die Frauen toll finden, die ihre Kinder, aus welchen Gründen auch immer, nicht stillen. Ich war auf jeden Fall sehr froh, als das Kapitel zu Ende war und mein Kind sich so freute, endlich etwas »Ordentliches« zu kriegen. Meine Brüste gehörten wieder mir, und zwar nicht diese drallen, schmerzenden Monsterteile, sondern die von vorher. Na ja, fast.
    Nie wieder Stillterror:
    • Ich würde beim nächsten Kind nicht noch einmal so lange stillen, wenn es sich wieder so anfühlen würde wie bei meinem Sohn.
    • Ich würde die Kommentare von aggressiven Stillmüttern selbstbewusster zurückweisen und unsensible Stillberaterinnen schneller aus dem Zimmer werfen.
    • Ich würde keine Stillklamotten mehr kaufen. Die sehen nämlich, selbst wenn sie modisch sind, meistens furchtbar aus. Zwei normale Tops oder Unterhemden übereinander haben mir völlig gereicht: Eins nach oben und eins nach unten ziehen und schon hängt zumindest der Bauch nicht mehr raus. Und es steht auch nichts Pfiffiges wie »Still good« oder »Milchbar« drauf.

JETZT NEU: Ich als Mutter.
    Was hat dieses Kind nur aus mir gemacht?
    Die Verwunderung, durch das Kind ein anderer Mensch geworden zu sein.
    Hätte man mich vor fünf Jahren pikiert gefragt, wie man nur Kippen auf die Straße werfen kann, wäre meine Antwort wahrscheinlich gewesen »Mit der Hand«. Wahrscheinlich hätte ich sie sogar selbst geworfen. Inzwischen stemme ich aufgebracht meine Arme in die Seiten und schüttle ungläubig den Kopf, wenn ich sehe, dass jemand seine Zigaretten auf dem Bürgersteig austritt. Hallo? Hier spielen Kinder! Genauso wenig habe ich noch Verständnis für Scherben auf der Straße sowie rasende Fahrrad- und Autofahrer. HALLO? HIER WOHNEN KINDER! Ich habe sogar damit angefangen, Leute zurechtzuweisen, zum Beispiel habe ich eine Frau bepöbelt, die ihren Hund an die Bank vorm Eiscafé hat pinkeln lassen, natürlich mit einem gepfefferten: »Hallo? Hier sitzen Kinder!«
    Wenn ich genauer darüber nachdenke, finde ich mich manchmal selbst ganz schön peinlich. Ich war schließlich mal genauso. Ich bin sehr zügig Auto gefahren, ich habe meine Kippen überallhin geworfen und meine leeren Bierflaschen in Häusereingängen stehen lassen. Wer kein Kind hat, denkt nicht wie eine Mutter oder ein Vater, und das ist völlig normal und viel weniger verwerflich, als radikale Eltern einen glauben machen wollen. Aber als Mutter scanne ich automatisch die Umgebung nach Gefahren für mein Kind ab, ein bisschen so, als wenn das CSI an einen Tatort kommt. Fahre ich Auto, erwarte ich hinter jedem parkenden Wagen ein Kind, das auf die Straße läuft, und auch sonst verhalte ich mich ganz schön oft wie die Ehrenvorsitzende von Greenpeace, Robin Wood und dem Kinderschutzbund zusammen. Wir haben Ökostrom und trotzdem die Standby-Funktionen ausgestellt, wir trennen unseren Müll, halten unsere CO2-Bilanz im grünen Bereich und spenden regelmäßig Geld, Kleidung und mehr für
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