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Mutter macht Geschichten

Titel: Mutter macht Geschichten
Autoren: Troy Una
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abgerechnet). Seit diese Zeiten nun vorbei waren, hatte sie das Gefühl, eine Millionärin zu sein. Sogar als sie sich ins Geschäftsleben stürzte, hatte sie nicht auf die Kinder gehört. Jetzt sah sie ihren Fehler natürlich ein, aber hinterher ist es bekanntlich einfach, klug zu sein.
    Elsie hatte schon immer die Frauen bewundert – von denen man stets hört, denen man aber nie begegnet –, die Haushalt und Beruf ohne jede Schwierigkeit bewältigen; aber sogar als die Kinder schon erwachsen waren, hatte Mr. Brown ihre ganze Zeit in Anspruch genommen. Abgesehen davon hatte er auch verlangt, daß sie in jeder Geborgenheit ihres Heimes auf ihn wartete. Aber nachdem James geheiratet und in sein eigenes Haus gezogen war, Dina sich eine Wohnung zusammen mit anderen Mädchen in London gemietet hatte und nur noch Jill bekocht werden mußte, litt Elsie, eine gesunde Frau Anfang vierzig, plötzlich an einem Überfluß an Zeit und Energie. Und da hatte ihr die göttliche Vorsehung – so war es ihr damals zumindest erschienen – einen genialen Plan eingegeben. Zwei Häuser weiter wohnte die arme Agnes Trent, eine kinderlose Witwe mit künstlerischer Ader, deren verstorbener leichtsinniger Mann (so ganz anders als Mr. Brown) sie ohne einen roten Heller zurückgelassen hatte.
    Elsie saß mit Cucullan beim Frühstück, als ihr die wirtschaftliche Wahlverwandtschaft mit Agnes blitzartig zum Bewußtsein kam. Sie trank hastig ihren Kaffee aus und ging mit Cucullan direkt zu Agnes, die fröstelnd vor einem mit halber Kraft brennenden Gasofen hockte, den sie aber aus Gastfreundschaft sofort hochstellte. Agnes' Lebensmut war auch auf Sparflamme gedreht. Sie studierte gerade die Stellenangebote in der Zeitung und murmelte bedrückt: »Das einzige, was ich kann, ist kochen, putzen und waschen, und das schlecht, wie mein seliger William immer sagte. Und überhaupt finde ich Hausarbeit greulich – besonders bei anderen Leuten.« (Elsie dachte, daß es sicher kein Vergnügen gewesen war, für den verstorbenen, äußerst pingeligen William Trent zu sorgen.) »Sonst bleibt mir nur noch die Möglichkeit, Gesellschafterin bei einer alten Dame zu werden, aber das reizt mich noch weniger.« (Auch das konnte Elsie gut verstehen, nachdem die arme Agnes so lange Mr. Trent hatte Gesellschaft leisten müssen.) »Natürlich gibt es auch Annoncen für Hausfrauen, die in ihrer Freizeit auf Kommision irgendwelche Sachen verkaufen – zehn Pfund wöchentlich ab sofort garantiert …«
    »Kommt nicht in Frage«, meinte Elsie – schon ganz die energische Geschäftsfrau, »die legen einen nur rein, Agnes. Nein, Sie müssen sich überlegen, welches Ihrer Talente Marktwert hat.«
    »Aber ich sag' Ihnen doch, ich habe keine!« klagte die arme Agnes verzagt.
    »Unsinn«, widersprach Elsie, »zum Beispiel Hüte!«
    Was immer Mr. Trent mit seinem Gehalt gemacht hatte, seine Gattin hatte wenig davon gesehen. Und so hatte Agnes bei Woolworth Filzreste, Federn etc. gekauft und sie entweder für sich oder für ihre Freunde als Weihnachtsgeschenk hergerichtet. Agnes vollbringt wahre Wunder mit ein bißchen Tüll und Bändern, sagten alle, ihre Hüte sind mindestens so schick wie aus dem teuersten Laden! Elsie mußte lange auf Agnes einreden, bis diese ihren Vorschlag akzeptierte.
    »Aber Elsie, Sie riskieren Geld dabei!«
    »Ach was, die paar lahmen Aktien, die nicht mehr als fünf Prozent im Jahr abwerfen? Sie wissen doch: Wer spekuliert, der akkumuliert! Aber Ihr Beitrag ist der viel wichtigere, Sie stellen Ihr schöpferisches Talent zur Verfügung! Ich bin ja nur der stille Teilhaber – das heißt nicht ganz, weil ich mich um den Verkauf kümmern werde.«
    Ihre Kinder führten gegen das Unternehmen Argumente ins Feld, die genausogut von Mr. Brown hätten stammen können, aber Elsie machte sich stark, indem sie sich immer wieder vorsagte, daß sie ja schließlich nur die Kinder von Mr. Brown wären. Abgesehen davon brachte sie das Ganze erst zur Sprache, nachdem der Laden schon gemietet, das Lager gefüllt und die Eröffnung auf den kommenden Tag festgesetzt war.
    »Aber ich wollte euch doch überraschen«, sagte Elsie betont unbekümmert, um ihre eigenen Bedenken zu überspielen.
    »Und das ist dir auch vollauf gelungen«, erwiderte James grimmig.
    Anfangs hatte es riesigen Spaß gemacht, jeden Morgen zu ›Agnes und Elsie‹ zu gehen, den kleinen Laden zu putzen, Agnes' Schöpfungen im Schaufenster vorteilhaft zur Geltung zu bringen, sich die lila
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