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Mutter macht Geschichten

Titel: Mutter macht Geschichten
Autoren: Troy Una
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Versicherungskarte kramte.
    »Ich wollte natürlich auf die Bremse treten, Herr Wachtmeister, und nicht aufs Gaspedal.«
    »Sparen Sie sich Ihre Ausreden für später auf.«
    »Ich bin ja so froh, daß Ihnen nichts passiert ist. Ich hab' Sie wohl gerade in einem sehr ungünstigen Moment erwischt.«
    Seine Hand auf dem heruntergekurbelten Wagenfenster öffnete und schloß sich ungeduldig.
    Ihr Führerschein und ihre Versicherungskarte steckten natürlich zu Hause in der anderen Handtasche, was Polizeiwachtmeister Stapleton keineswegs fröhlicher stimmte. Er wiederholte mehrmals laut und deutlich, was er von ihr dachte, und fuchtelte ihr mit der Hand vor der Nase herum. Und es war sicher nicht die Schuld des treuen, mutigen Cucullan, daß er die Situation falsch verstand und in die Hand des Gesetzes biß.
    »Aber sie werden dir trotzdem die Schuld geben«, sagte Elsie traurig zu ihm. »Dir und mir und dem Auto.« Ihre Familie würde unweigerlich auf den Zeitungsartikel hin geschlossen heute abend bei ihr anrücken, und es würde bestimmt ein sehr ungemütlicher Abend werden! Am besten, sie legte eine Generalbeichte ab, um alles auf einen Schlag loszuwerden, denn die Kinder würden es ja doch merken, sobald man ihr den Gerichtsvollzieher ins Haus schickte, um die Möbel abzuholen. Und Gott allein wußte, ob es dabei blieb. Elsie hatte eine unklare Vorstellung, daß ihr noch viel Schlimmeres blühen könnte. Die amtlichen Briefe waren immer unfreundlicher geworden. »Wir sind in Ungnade gefallen.«

DRITTES KAPITEL
    Der Abend wurde genauso ungemütlich, wie Elsie es vorausgesehen hatte. Als ihre drei Kinder gemeinsam ankamen, wußte sie schon, daß sie sich vorher beraten und einen Schlachtplan ausgeheckt hatten.
    Elsie und Cucullan begrüßten sie bedrückt. Elsie umarmte sie der Reihe nach, während Cucullan sich sofort in eine Ecke verzog, wo er sich diskret zusammenrollte. Dann standen sie alle verlegen herum, anstatt sich wie sonst gleich hinzusetzen und aufeinander einzureden. James begann: »Wir sind gekommen, weil …«
    »Ich hab' mir schon irgendwie gedacht, daß ihr kommen würdet, und deshalb frische Lebkuchen gebacken.«
    »Vielen Dank, aber die essen wir … später. Zuerst, fürchte ich, müssen wir …«
    Er sah so bekümmert aus darüber, daß er mit ihr schimpfen mußte, daß Elsie ganz aufgeregt herumlief, um es ihm möglichst bequem zu machen. Sie räumte Topfpflanzen und Fotos fort und wies auf den Tisch, wo die Zeitung mit dem unangenehmen Artikel zuoberst auf einem Berg von noch viel unangenehmeren Dokumenten lag.
    »Ich wußte, daß du dahinterkommen würdest, James.«
    Dina sagte: »Ach, Mammi, warum hast du uns nur nichts gesagt? Es ist direkt beleidigend, daß du uns nicht um Hilfe gebeten hast.« Und Jill fügte hinzu: »Mammi, wie kann man nur so hinterhältig sein!«
    »Ja, vielleicht war es ein bißchen hinterhältig, andrerseits bin ich mit dem netten Richter ganz gut alleine fertig geworden, und da hab' ich gedacht, warum soll ich euch erst unnötig beunruhigen?« meinte Elsie – nicht ohne einen gewissen Stolz auf ihre brillante Selbstverteidigung vor Gericht.
    »Und wie, meinst du, ist uns jetzt zumute?«
    »Gar nicht gut, vermutlich. Es tut mir leid, daß es in die Zeitung gekommen ist, aber es ist sinnlos, sich über nun mal Geschehenes aufzuregen. Mich beunruhigt viel mehr«, und hier nahm Elsie ihren ganzen Mut zusammen, »das, was noch kommt.« Sie zeigte auf den Haufen von Papieren, der auf dem Tisch lag.
    »Und wo du jetzt schon hier bist, James, wärst du vielleicht so nett, dir das da anzusehen …«
    »Versuch nicht, uns abzulenken, Mutter. Wir sind hergekommen, um dir zu sagen …«
    »Ich glaube, wenn du dir das alles angesehen hast, wirst du mir noch viel mehr zu sagen haben, und mir wäre es am liebsten, wir brächten es möglichst rasch hinter uns.«
    Er sah sie prüfend an, noch nicht ganz überzeugt, daß es nicht doch ein Ablenkungsmanöver von ihr war; trotzdem ging er zum Tisch hinüber und griff ein paar der Papiere heraus. Elsie erkannte sofort den roten Vordruck der letzten oder der vor- oder vorvorletzten Steuermahnung. Alles, was James in die Hand nahm, war rot, und sein Blick wurde immer verstörter. Er griff hier und da eine Rechnung aus dem Wust heraus und sah sie sich genauer an. Als er den Kontoauszug entfaltete, knisterte das Papier unheilverkündend.
    »Ich mache uns Tee und hol' die Lebkuchen«, sagte Elsie hastig. »Und bitte, daß mir ja keiner
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