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Murray,Paul

Murray,Paul

Titel: Murray,Paul
Autoren: Skippy stirbt (Teil 2)
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Kiemen?«
    »Das ist ein Unterschied. Aber es gibt noch
einen anderen, wichtigeren. Mal sehen, ob Sie draufkommen. Kommen Sie mal her.«
Gehorsam erhebt sich Howard und inspiziert die unterschiedlich großen Fische
in ihrem beheizten Gefängnis. Hinter sich hört er den Automator atmen. Die
Fische bewegen ihre Flossen, still und unergründlich.
    »Ich seh
nichts, Greg«, sagt er nach einer Weile.
    »Eben.
Teamwork, Howard. Das ist der Unterschied. Fische sind keine Teamplayer.
Schauen Sie hin. Da ist kein System drin. Die reden nicht mal miteinander. Wie
wollen sie da irgendwas gebacken kriegen, werden Sie vielleicht fragen.
Antwort: Sie kriegen nichts gebacken. Was Sie hier sehen, das sind Fische in
Topform. Ich beobachte sie jetzt seit vier Wochen: Viel mehr tut sich da
nicht.«
    »Stimmt.«
Howard fühlt sich, als attackiere ihn ein unsichtbarer Feind von allen Seiten.
    »Man
könnte sich fragen, was die in einer Bildungseinrichtung zu suchen haben. Sieht
nicht so aus, als könnten wir viel von ihnen lernen. Und umgekehrt können sie
auch nicht viel von uns lernen. Einen Fisch kann man nicht erziehen, Howard.
Einen Fisch kann man nicht formen. Säugetiere, also Hunde, Katzen, Biber und sogar
Mäuse, kann man dressieren. Die können Ball spielen. Die sind bereit, ihren
Part zu übernehmen und auf das höhere Wohl hinzuarbeiten. Aber Fische sind
anders. Die erreicht man nicht. Die sind Einzelgänger, Solipsisten.« Er tippt
an das Glas, und wieder erfolgt keine Reaktion. Dann sagt er: »Sie haben
gestern Abend Mist gebaut, Howard. Wie großen Mist, weiß ich nicht, und
vielleicht werd ich's nie erfahren. Aber es hat mir die Augen geöffnet.«
    Howard
errötet. Vom Schreibtisch her trifft ihn ein zutiefst mitfühlender Blick von
Trudy; schnell senkt sie die Augen wieder auf ihren Block.
    »Ich hatte
Sie für einen Teamplayer gehalten, aber jetzt frage ich mich, ob Sie nicht eher
wie einer von den Fischen da sind. Sie schwimmen gern für sich allein im Wasser
herum und träumen vor sich hin. Das ist schließlich nicht verboten, werden Sie
sagen. Stimmt. Aber mit einem Fisch können wir hier am Seabrook College nicht
viel anfangen. Am Seabrook College sind wir daran interessiert, etwas gebacken
zu kriegen. Wir wollen Ziele erreichen, hohe akademische und sportliche Ziele.
Wir arbeiten zusammen, wir durchdenken die Dinge. Wir sind Säugetiere, Howard.
Säugetiere, keine Fische.«
    »Ich bin ein Säugetier, Greg«, beeilt sich
Howard zu versichern.
    »Das sehe
ich nicht so, Howard. Ein Säugetier zu sein, das hat was damit zu tun, was man macht. Das spiegelt sich noch in der
kleinsten unserer Handlungen wider. Bei Ihnen hab ich das Gefühl, Sie können
sich nicht für das eine oder das andere entscheiden.« Er strafft sich und
blickt Howard in die Augen. »Ich möchte, dass Sie die Ferien dazu nutzen,
einmal gründlich darüber nachzudenken, was Sie eigentlich wollen. Denn
entweder, Sie fangen an, sich wie ein Säugetier zu benehmen und im Team zu
spielen, oder es könnte Zeit werden, dass Sie sich ein anderes Aquarium
suchen. Habe ich mich klar ausgedrückt?«
    »Ja,
Greg.« Klar ist
vielleicht nicht das richtige Wort, aber so viel hat Howard begriffen: Seinen
Job hat er noch, wenn er dieses Büro verlässt. Eine Woge der Erleichterung
erfasst ihn, und das Schreckgespenst eines langen klärenden Gesprächs mit
Halley rückt vorerst in weite Ferne.
    »Okay, und
jetzt raus hier.« Der Automator geht zum Schreibtisch und nimmt die
Namensliste zur Hand.
    »Büro des
kommissarischen Direktors, guten Morgen«, sagt Trudy ins Telefon, und Howard
glaubt auch bei ihr einen dankbaren Unterton wahrzunehmen.
    Draußen
sitzt Brian »Jeekers« Prendergast noch immer mit Weltuntergangsmiene auf der
Bank, ganz vorn an der Kante. »Hat der Dekan noch nicht mit dir gesprochen?«,
fragt Howard.
    »Er hat
gesagt, ich soll warten«, antwortet Jeekers mit zittriger Stimme.
    Howard
beugt sich zu ihm hinab und stützt sich auf den Oberschenkeln ab. »Was war
gestern Abend eigentlich los?«, fragt er leise. »Hast du gesehen, wer an der
Bowle war?«
    Der Junge
antwortet nicht; er sieht Howard nur mit leerem Blick und zusammengepressten
Lippen an, als hätte er eine sinnlose Wortfolge von sich gegeben.
    »Na,
egal«, sagt Howard. »Bis nächste Woche dann.« Und mit hallenden Schritten geht
er davon, die Treppe hinunter.
     
    Du öffnest
die Tür, und sofort merkst du, dass etwas nicht stimmt. Es wirkt wie ein ganz
normales Zimmer, aber dann
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