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Das Laecheln Deines Moerders

Das Laecheln Deines Moerders

Titel: Das Laecheln Deines Moerders
Autoren: Karen Rose
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Seattle,
    vor drei Jahren
    S ie hätten dieses verfluchte Schwein auf dem elektrischen Stuhl grillen sollen«, sagte der erste Mann verbittert. Er brach damit das Schweigen, das sich in seiner Intensität zu einer hochexplosiven Stimmung aufgeladen hatte.
    Ein Murmeln hitziger Beifallsbekundungen ging durch die kleine Truppe, die sich versammelt hatte, um zuzusehen, wie der Umzugswagen beladen wurde. Gott allein wusste, was die Leute hier wollten. Es gab nichts zu sehen. Sofas, Stühle, Antiquitäten aller Größen und Formen. Vasen, die vermutlich so viel kosteten, wie ein Arbeiter im Durchschnitt im Jahr verdiente. Ein Flügel. Es gab nichts zu sehen außer den Habseligkeiten einer reichen Familie, die vor dem Zorn einer aufgebrachten Nachbarschaft fliehen musste.
    Und den Bodyguards, die die Familie engagiert hatte, um den Mob auf Abstand zu halten. Das war alles.
    Etwas abseits der kleinen Menschenmenge stand eine weitere Gestalt. Der Cop in Zivil – er trug alte Jeans und ein Seahawks-Sweatshirt – wusste selbst nicht genau, warum er hier im kalten Nieselregen Seattles wartete und zusah. Vielleicht, um sich zu vergewissern, dass dieser Hurensohn von Mörder wirklich die Stadt verließ. Vielleicht, um noch ein letztes Mal sein Gesicht zu sehen, bevor er auf Nimmerwiedersehen verschwand.
    Vielleicht.
    Wahrscheinlicher war jedoch, dass er einer masochistischen Neigung nachging. Dass er sich selbst quälen wollte, weil dieser Kerl davongekommen war. Weil dieses grausame, sadistische Dreckschwein davongekommen war. Und das wegen einer verdammten Formsache.
    Die Hinterbliebenen der Opfer und die Menschen, die mit ihnen trauerten, standen noch immer unter Schock; sie hatten keine Gerechtigkeit erfahren. Man hatte ihnen die Genugtuung einer Verurteilung verwehrt.
Aber was nicht ist, kann noch werden,
dachte er.
    Eine ältere Frau, die einen Regenhut aus Plastik trug, schüttelte den Kopf, während die Packer weitere Kisten in den LKW einluden. »Der elektrische Stuhl wäre nicht genug gewesen. Nicht für das, was er getan hat.«
    Ein alter Mann straffte die Schultern, die einst sicher stark gewesen waren, und starrte verächtlich auf das Haus. »Sie hätten mit ihm das machen sollen, was er den armen Mädchen angetan hat!«
    Seine Frau, die ihren Schirm über beide Köpfe hielt, schnalzte angewidert mit der Zunge. »Aber welcher halbwegs anständige Mensch würde so etwas tun?«
    »Vielleicht die Väter der Mädchen«, erwiderte ihr Mann. Seine Stimme zitterte vor hilflosem Zorn.
    Erneut zustimmendes Gemurmel.
    »Ich begreife nicht, wieso sie ihn einfach abhauen lassen«, sagte ein jüngerer Mann wütend. Er trug eine Baseball-Kappe der Mariners.
    »Es war ein Formfehler«, antwortete der erste Mann genau
    so bitter wie zuvor.
    Wegen eines Fehlers. Einer Formsache. Wegen einer gottverdammten Kleinigkeit!
    »Die Bullen kriegen ihn, und die Rechtsverdreher lassen ihn frei«, sagte der Mann, der den Schirm mit seiner Frau teilte. »O nein«, warf der Mann mit der Base-Cap ein. »Für den Formfehler war allein die Polizei verantwortlich. Es stand in jeder Zeitung. Die Cops haben Scheiße gebaut, und das Monster ist frei.«
    Ja, es stimmte.
Aber er wusste, dass es nicht »die Cops« gewesen waren. Nur einer hatte Schuld.
    »Richard.« Die Frau an der Seite des Kappenträgers nahm beruhigend seinen Arm. »Kein Grund, ausfallend zu werden.« Richard Base-Cap schüttelte die Hand der Frau ab. »Der Mistkerl vergewaltigt und tötet vier Mädchen, und
ich
bin ausfallend?« Er starrte sie ungläubig an. »Mach mal halblang, Sheila.«
    Sheila senkte den Blick. Ihre Wangen glühten. »Tut mir Leid.«
    »Ja, schon okay.« Richard blickte zum Haus hinauf. »Es kotzt mich nur an, dass reiche Leute die richtigen Anwälte bezahlen können, um sogar mit Mord durchzukommen.«
    Erneut war sich die Menge einig, und man begann, über die Tücken moderner Rechtsprechung zu diskutieren, bis die Packer den letzten Karton in den Wagen schoben und die großen Türen verriegelten. In einem Hagel aus Buhrufen und wüsten Beschimpfungen startete der LKW und fuhr davon. Die Wartenden brüllten ihm hinterher, bis sie ihn nicht mehr sehen konnten. Aber was hätten Worte schon bewirken können?
    Die kleine Menschenansammlung verstummte, als sich eins der drei Garagentore lautlos öffnete und ein schwarzer Mercedes herausfuhr. Keiner sagte ein Wort, bis die Limousine sie passierte und auf die nasse Straße rollte. »Mörder!«, schrie Richard
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