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Muetter ohne Liebe

Muetter ohne Liebe

Titel: Muetter ohne Liebe
Autoren: Gaby Gschwend
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einer überragenden Bedeutung für das Kind verzichten. «Die Mehrzahl der Frauen möchte die Chefin im eigenen Haushalt und bei der Kindererziehung bleiben; das heißt sie will bestimmen, was wie gemacht wird, und die Kontrolle über diesen Lebensbereich nicht aus der Hand geben […] Der Vater, der ebenso gut oder besser bemuttert, wird keineswegs nur als eine wunderbare Entlastung empfunden […] Das Engagement des Vaters stellt auch die exklusive Position der Frau als Mutter in Frage und bedroht sie so nicht selten im tiefsten Kern ihrer Identität.» (Schenk 1998, S. 147f.) Frauen, die Macht über ihre Kinder haben und unersetzlich sein wollen, Mütter, die ihre Mängel in dieser Rolle verdecken wollen, und Frauen, die keine andere Möglichkeit sehen, als sich über die Mutterrolle zu identifizieren – sie alle brauchen den Muttermythos und halten an ihm fest. Wenn eine Frau statt über das Kind oder parallel dazu eine Bestätigung im Beruf anstreben würde, macht ihr dies wiederum die Realität der Arbeitswelt mit ihren Rahmenbedingungen, Zeiten, Löhnen, mangelnden Möglichkeiten der Kinderbetreuung schwer. Gesellschaft liche und ökonomische Bedingungen zwingen Frauen zu einem Rückzug aus dem Berufs- und Arbeitsleben, wenn sie Mütter werden und ermutigen sie zu einem Verzicht auf Eigenverantwortlichkeit für ihre finanzielle und berufliche Lebensplanung.
    Die Männer ihrerseits reißen sich nicht gerade um eine Vollzeit-Kinderbetreuung. Sie empfinden es im Allgemeinen als befriedigender, im Beruf zu stehen als Kinder zu versorgen, und die gesellschaft lichen Rahmenbedingungen unterstützen diese Position. So bleiben Männer weitgehend unbehelligt von der mühe- und anspruchsvollen Arbeit der Kinderbetreuung und -erziehung, von der langweiligen Arbeit im Haushalt und nicht zuletzt von lästigen Konkurrentinnen in der Arbeitswelt und im öffentlichen Leben. Auch trägt die mütterlich-fürsorgliche Rolle (noch) nicht zum Image des Mannes bei, sondern erweckt eher Belustigung, Misstrauen oder Verachtung. Kindererziehung ist also für den Mann so lange nicht erstrebenswert, als sie nicht eine gesellschaft lich anerkannte und wirklich hoch bewertete Arbeit ist. Die Idee einer kollektiven sozialen Verantwortung für Kinder ernst zu nehmen, würde natürlich dazu führen, die geschlechtsspezifische Rollenauft eilung zu ändern und die Arbeits- und Familienwelt umzugestalten. Teilzeitstellen für beide Geschlechter, verschiedene Formen flexibler Arbeitszeit für Frauen und Männer, gemeinschaftliche Erziehungseinrichtungen, Möglichkeiten der Ganztagesbetreuung für die Kinder wären selbstverständlich. Der Staat ist jedoch an einer möglichst billigen Form der Kinderbetreuung interessiert und das entspricht dem herrschenden Modell der Betreuung durch die Mutter. Von daher hat er ohne entsprechenden Druck kein Interesse an der Finanzierung solcher Maßnahmen.
    So gibt es also vielfältige und miteinander vernetzte Ursachen und Hintergründe, die den Verzicht auf den Muttermythos erschweren und verschiedene Motive von verschiedenen Seiten, daran festzuhalten. Ein Verzicht auf den Mythos der Mutter, eine nüchterne und sachliche Wahrnehmung und öffentliche Diskussion würde der Realität von Müttern und Kindern gerechter. Voraussetzung dafür ist, die auf einer Idealisierung der Mutter beruhenden Wahrnehmungsblockaden und Verleugnungen zu überwinden und «Unaussprechlichkeiten» in der Mutter-Kind-Beziehung zu erkennen, zu benennen und zu beschreiben. Eine Annäherung an diese Themen hat dieses Buch versucht.

Literatur
    Badinter, E. (1980). Die Mutterliebe. München: Deutscher TB Verlag.
    Balint, M. (1981). Die Urformen der Liebe. Frankfurt/Main: Ullstein.
    Beauvoir, S. de (2000). Das andere Geschlecht. Reinbek b. Hamburg: Rowohlt TB.
    Cardinal, M. (1977). Schattenmund – Roman einer Analyse. München: Rogner und Bernhard.
    Carlson, K. (1992). Nicht wie meine Mutter. München: Kösel.
    Deegener, G., Körner, W. (Hrsg.) (2005). Kindesmisshandlung und Vernachlässigung. Bern: Hogrefe.
    Egle, U., Hoffmann, S., Joraschky, P. (2005). Sexueller Missbrauch, Misshandlung, Vernachlässigung. Stuttgart: Schattauer.
    Fitch, J. (2000). Weißer Oleander. Bergisch Gladbach: Gustav Lübbe.
    Friday, N. (1982). Wie meine Mutter. Frankfurt/Main: Fischer TB.
    Fromm, E. (1981). Die Kunst des Liebens. Frankfurt/Main: Ullstein GmbH.
    Gerber, Ch. (1993). LügenLeben. Zürich: Biograph-Verlag.
    Grisebach, A.M. (1995). Frauen im
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