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München - 2030

München - 2030

Titel: München - 2030
Autoren: Alexander Golfidis
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kurz für Entspannung gesorgt. Aufgrund der leeren Kassen blieb 2022 für zwei Monate die Rentenzahlung aus. Massendemonstrationen waren die Folge, bei denen die Rentner ihre Bezüge einforderten.
                (Auch daran konnte sich Victor erinnern, er war mit Susann und Charly auf die Straße gegangen. Die Menschen in den Straßen waren so viele gewesen, dass sie die ganze Innenstadt lahmgelegt hatten.)
    Die Linken unterstützten sie mit der Forderung einer Einheitsrente von 1000 € monatlich. Der Gesetzentwurf wurde im Bundestag abgesegnet und die Regierung hatte kurzum die Rentenkosten auf die jünger Beschäftigten umgelegt.
                (Das hatten sie gemeinsam – Victor, Susann und Charly – bei ein paar Bier in einer Kneipe gefeiert.)
    Doch die Jungen, die nun die Rechnung bezahlen sollten, reagierten empört und die Akzeptanz der Alten erfuhr in der Gesellschaft einen bis dahin nie dagewesenen Tiefstand. Nun gingen die Jungen auf die Straße und forderten ihre Rechte ein. Es wurde wieder nachgebessert und die Regierung bediente sich zur Notfinanzierung aus Sparguthaben von Kleinanlegern, die sie mit einer umstrittenen Zwangsabgabe von zwanzig Prozent schröpfte. Daraufhin stürmten die Sparer die Banken und hoben binnen eines Monats ihre sämtlichen Guthaben ab. Ein Banken-Crash war die Folge und neben einigen kleinen Kreditinstituten, ging die größte Bank des Landes pleite.
    Das sei ein grober Fehler gewesen, hob der Forscher hervor. Die Banken seien schließlich die Säulen der Wirtschaft und ohne Sparer funktionierte eine Bank eben nicht.
    Was darauf erfolgte, war ein nicht mehr aufzuhaltender Domino-Effekt.
    Der Banken-Crash hatte eine Inflation ausgelöst, wobei die vielgepriesene Einheitsrente von 1000 € bald nur noch ein Drittel der Kaufkraft besaß, die sie zur Einführung gehabt hatte. Die fehlende Kaufkraft der Rentner hatte wiederum für Löcher in den Kassen gesorgt. Daraufhin war in weiten Teilen Germoneys, besonders in jenen Regionen wo der Altenanteil übermäßig hoch war, die Wirtschaft kollabiert. Die Unternehmen waren abgewandert. Und mit ihnen die Jungen. Dank der zahlreichen Rentner geriet Germoney in den Status eines Entwicklungslandes.
                Auf der letzten Seite des Interviews kam der Wissenschaftler auf München und Umgebung zu sprechen.
    Er versuchte zu erklären, warum gerade diese Region von den Geschehnissen, so stark betroffen war. Denn das Land hatte inzwischen eine Spaltung in Jung und Alt erfahren. Die Bevölkerung hatte sich aufgeteilt.
                Nach Ansicht des Forschers war die Spaltung zwischen Jung und Alt unabdingbar gewesen. Warum sie sich aber zwischen dem Norden und dem Süden ereignete, war seiner Meinung nach eher dem Zufall zuzuschreiben. Vielleicht hatte es an den überhandnehmenden Konkursanmeldungen gelegen, warum die Gegend besonders stark von der Entzweiung betroffen war, mutmaßte er. Und die Jungen waren einfach flexibler wie die Alten – das sei die plausibelste Erklärung – sie waren kurzerhand in den Norden gezogen, während die Alten zurückgeblieben waren und nun vergeblich auf bessere Zeiten hofften.
    Doch die Hauptursache für die Spaltung führte er darauf zurück, dass zeitgleich mit dem Zusammenbruch der Wirtschaft, die Stimmung umgeschlagen war: Die Alten, die bislang als Opfer angesehen wurden, waren ab diesem Zeitpunkt von Politik und Presse für das Debakel verantwortlich gemacht worden. Auf der Suche nach einem Sündenbock hatten die Politiker schnell die Verantwortung auf die Alten abgewälzt. Die Medien waren darauf eingesprungen und in zahlreichen Beiträgen in Zeitungen, Funk und Fernsehen wurde argumentiert, dass man keine Rücksicht auf die ältere Generation zu nehmen brauchte – hatte doch jeder von ihnen sein Scherflein zur gegenwertigen Situation beigetragen. Die Medien behaupteten, sie hätten auf den Kapitalismus gesetzt und damit letztendlich ihr eigenes Schicksal begründet. Denn die Kinderlosigkeit, sei ausschließlich ein Produkt allzu großer Gier und der mangelnden Bereitschaft seinen Lebenserwerb mit anderen zu teilen. Die Konsumbesessenheit hatte sie in diese Lage manövriert. Und nun sollten sie sehen wie sie damit zurechtkamen. So zumindest war es die einhellige Meinung von Politik und Medien.
    Der Forscher hob hervor, dass es aufgrund dieser Pressekampagne, dazu geführt hatte, dass die Alten plötzlich der jüngeren Bevölkerung ein Dorn im Auge waren
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