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Muehsam ernaehrt sich das Eichhoernchen - Zum Glueck bin ich keins

Titel: Muehsam ernaehrt sich das Eichhoernchen - Zum Glueck bin ich keins
Autoren: Elton Alexander Duszat
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Gegensatz zu den Engtanzpartys von früher haben weder Simon noch ich einen hochbekommen. Simon fand den Porno schlecht, ich fand ihn ganz okay, aber ich habe halt die ganze Zeit an meine Mutter gedacht. Unentschieden. Kein Zeltbau, kein Soloengtanz in der Lycra-Hose, kein Grund, zuzuschauen und zu grölen. Dumm gelaufen. Aber es ist eben nicht alles planbar. Und ich bin auch ganz froh, dass sich nichts geregt hat bei mir. Wie hätte ich das denn jetzt hier erklären sollen, schließlich habe ich an meine Mutter gedacht.
    Es gab auch einen Wettbewerb, bei dem ich irgendwann gar nicht mehr denken konnte. Ein Wettbewerb, der sehr anstrengend und zugleich aber auch der interessanteste überhaupt war. Ich würde fast sagen, allein für diesen Wettbewerb hat sich »Elton vs. Simon« gelohnt. So genervt ich von vielen Drehs war, die Erfahrung »Wer kann länger wach bleiben?« hätte ich sonst in meinem Leben niemals gemacht. Gut, das gilt für fast alle Wettbewerbe, die wir hatten, aber lange Wachbleiben ist eine Erfahrung, die ich niemals missen möchte. Es ist krass, was so alles passiert, wenn man nicht schläft. Bevor ich mich auf das Experiment eingelassen habe, dachte ich, dass ich einfach irgendwann einschlafe und das Spiel damit beendet ist. Was aber alles auf dem Weg dahin passiert, das hatte ich so überhaupt nicht auf dem Plan. Ich wusste bis zu dem Experiment nicht im Geringsten, was Halluzinationen sind, aber man beginnt nach etlichen Stunden ohne Schlaf tatsächlich zu phantasieren.
    Damit der Wettkampf auch fair ablief, mussten wir natürlich auch gleichzeitig aufstehen. Ab diesem Moment ist die Kunst beim »lange Wachbleiben«, die Zeit totzuschlagen, ohne sich dabei körperlich zu verausgaben oder durch irgendwas müde oder erschöpft zu werden. Das heißt Fußball spielen und saufen scheiden schon mal aus. Man muss sich schonen, ohne jedoch vor Langeweile einzuschlafen. Also Lesen, Konsole zocken, Fernsehen schauen. Dazwischen reichlich Kaffee oder Red Bull trinken und NIEMALS, auch nicht ganz kurz, die Augen schließen. Das habe ich tapfer eine ganze Weile durchgehalten, aber irgendwann kommt einfach das erste Mal der Punkt, an dem man merkt, dass es langsam schwierig wird, die Augen offen zu halten. Das war bei mir so gegen Mittag des ersten Tages. Aber nach fünf Stunden wollte ich nicht aufgeben. Also hieß es durchhalten. Und ich hielt durch.
    Ich war am Ende dieses Selbstversuchs sage und schreibe etwas über 65 Stunden wach und habe damit gewonnen. Das Schlimmste an dieser schier unendlichen Quälerei war, dass ich fast die ganzen 65 Stunden über Simon am Hals hatte. Das, in Verbindung mit der Aufgabe, wach zu bleiben, macht einen auf Dauer verrückt. So viel ist sicher. Und da hilft es auch nicht im Geringsten, wenn in der zweiten Nacht dann auf einmal auch noch ein Schimpanse durch das Loft rennt. Vor allem, wenn man irgendwann merkt, dass es sich lediglich um einen Schatten handelt, der durch das Licht des Fernsehers verursacht wurde. Das beruhigt auch nicht. Wenigstens kann man dann wieder ein paar Minuten totschlagen, wenn man die als Köder ausgelegten Bananen einsammelt. Wer auch mal derart Abgefahrenes erleben will, dem kann ich nur raten, mehrere Tage einfach nicht zu schlafen. Spätestens am dritten Tag wird es ein Heidenspaß. Kurz darauf ist die Wirkung dann aber auch vorbei, man kommt runter und schläft ein. Der entscheidende Moment bei uns war aber keinesfalls, wie man sich das so vorstellt, dass Simon sich erschöpft hingelegt und angefangen hat, selig zu schnarchen. Nein, für das große Finale sind wir extra ins Schlaflabor gegangen, und während wir noch wie Kinder am Abendbrottisch gegen das Wegnicken kämpften, konnte unter ärztlicher Aufsicht und mit den angeschlossenen Überwachungsgeräten bei Simon ein ganz kurzer Sekundenschlaf nachgewiesen werden. Hätte mich dieser Sekundenschlaf nicht erlöst, ich bin mir sicher, ein paar Minuten später wäre ich selber eingeschlafen. Aber ich hätte mich für das volle Rundumsorglos-Schnarchpaket entschieden. Nach einem lächerlichen Sekundenschlaf war mir nicht. Aber ich habe gewonnen, ich war länger wach, und das war das Wichtigste! Überhaupt habe ich die meisten Wettbewerbe gewonnen. Ich habe in unserer gemeinsamen Show also bewiesen, dass Simon gegen mich ein großmauliger Loser ist, und das reicht mir. Mehr demütigen muss ich ihn nicht. Ich glaube, auf der ewigen Bestenliste liege ich sowieso auch vorne. Warum also noch mal
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