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Mrs Murphy 05: Herz-Dame sticht

Mrs Murphy 05: Herz-Dame sticht

Titel: Mrs Murphy 05: Herz-Dame sticht
Autoren: Rita Mae Brown
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Reiher warf den Kopf zurück, sein heller violett gekrönter Schopf fiel nach hinten. »Nicht ganz eine Woche. Es gibt noch eine Leiche, anderthalb Kilometer von hier, wenn ich fliege, mehrere Kilometer am Boden. Die steckt in einem Transporter.« Er schnappte mit seinem langen kräftigen Schnabel. »Ich wünschte, sie hätten so viel Anstand, ihre Toten zu begraben.«
    »Der Mörder hatte es eilig«, rief die Katze über den Bach.
    »Ah.« Er streckte den anmutigen Hals zum Himmel und zog ihn wieder ein. »Sie haben eine seltsame Neigung, sich gegenseitig umzubringen, nicht?«
    »Ein genetischer Defekt, vermute ich.« Auch Mrs Murphy hielt menschliche Gewalt für höchst untierlich. Immerhin töteten sie und ihresgleichen lediglich andere Arten, und dann ausschließlich zur Ernährung, wenngleich sie dem Drang, einer Maus zum Vergnügen den Garaus zu machen, gelegentlich nur schwer widerstehen konnte.
    Der Reiher breitete die Flügel aus, alle Federn der wärmenden Sonne darbietend. »Oh, das tut gut. Weißt du was, wenn ich Lust hätte, könnte ich zu dir rüberfliegen und dich am Schwanz hochheben.«
    »Zuerst müsstest du mich fangen«, konterte Mrs Murphy.
    »Du würdest staunen, wie schnell ich fliegen kann.«
    »Du würdest staunen, wie schnell ich im Zickzack rennen kann.« Mrs Murphys Zehen kribbelten. Sie fuhr ihre Krallen aus. »Ich will dir was sagen. Ich krieg einen Vorsprung, und du siehst zu, ob du mich fangen kannst. Aber heb mich nicht hoch, denn ich hab dir nichts getan – warum also solltest du mir was tun? Bloß ein Spiel, okay?«
    »Einverstanden.« Der Reiher flatterte, noch im Stehen, mit den Flügeln.
    Mrs Murphy sauste los wie der Blitz. Sie rannte am Ufer des Jones’s Creek entlang zurück zu den Maisfeldern, während der Reiher sich zu seiner Flughöhe erhob. Sie tauchte in die Maisfelder ein, womit sie die Krähen erzürnte, die aufflogen wie am Himmel verstreuter Pfeffer. Sie sahen den Reiher ankommen und schimpften, was ihre beachtlichen Lungen hergaben.
    Der Reiher stieß über dem Maisfeld herab und rief: »Unfair.«
    »Du hast nicht gesagt, dass ich nicht in Deckung gehen darf.«
    Die Krähen fielen im Sturzflug wieder über den Mais her und vergaßen einen Moment Mrs Murphy, die vorwärtssprang und beinahe einen schillernden schwarzen Schwanz zu fassen kriegte.
    »HE!« Die Krähe klappte ihren gelben Schnabel zusammen, dann machte sie sich im Steilflug davon, gefolgt von den anderen.
    Der Reiher zog einen Kreis, landete am Rand des Maisfeldes, seine Augen glitzerten. Mrs Murphy ging ans Ende der Maisreihe. Sie war vielleicht drei Meter von dem Riesengeschöpf entfernt.
    »Du könntest rausgerannt kommen und mich angreifen, bevor ich mich in die Luft erheben kann«, neckte der Reiher die Katze.
    »Vielleicht, aber warum sollte ich einem eleganten Vogel wie dir Federn ausreißen wollen?«, schmeichelte Mrs Murphy ihm. Sie kannte dieses Glitzern in den Augen und misstraute dem Reiher, auch wenn sie nicht auf dem traditionellen Speiseplan des Vogels stand.
    Das Kompliment erfreute den Reiher. Er putzte sich das Gefieder. »Oh, danke schön.« Er trat auf Mrs Murphy zu, die nicht in den Mais zurückwich. »Kennst du die tote Frau da hinten in der Weide?«
    »Ich weiß, wer sie war. Keine, an der mir lag, aber über die Menschen ist eine Flut von Morden hereingebrochen.«
    »Hm. Meine Mutter hat mir immer gesagt, sie könnte mir einen Fisch geben oder sie könnte mir beibringen, wie man fischt. Ich war natürlich faul und wollte, dass sie mir den Fisch gibt. Hat sie aber nicht. Sie hat ihn vor meiner Nase verschluckt. Das hat mich so wütend gemacht.« Der große Schnabel öffnete sich und legte eine leuchtend rosa Zunge frei. »Aber ich hab kapiert, und sie hat mir beigebracht, wie man fischt. Wenn du nicht fischen kannst, betrachtest du jedermann als kostenlose Mahlzeit oder wirst selbst zum Köder. Ich nehme an, das tote Ding da hinten konnte nicht fischen.«
    »Stimmt zum Teil. Sie hat gern im Trüben gefischt.« Die Katze betrachtete den Reiher eingehend. Die großen zinkigen Füße wirkten im Maisfeld fehl am Platz.
    »Ah. So, hat mich gefreut, mit dir zu reden, Miezekatze. Ich geh jetzt wieder in mein Nest.«
    »Mich hat’s auch gefreut.«
    Darauf erhob sich der Reiher in die Lüfte und flog einmal im Kreis. Mrs Murphy trat aus dem Maisfeld und sauste schnurstracks zurück zu dem alten Stall, während der Reiher einen weiteren Kreis zog und zu ihr hinunterkrächzte. Obwohl sie
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