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Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Mrs. Alis unpassende Leidenschaft

Titel: Mrs. Alis unpassende Leidenschaft
Autoren: Helen Simonson
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die hin und wieder gesendet wurden, strotzte es doch nur so von kindischen dicken Männern, die sich zu blechernem Tonbandgelächter augenrollend über andere lustig machten.
    Er seufzte. Roger zuliebe würde er sich natürlich hocherfreut zeigen müssen. Besser, unverfroren dazu zu stehen, als sich vor Marjorie verlegen zu zeigen.
     
    Oben ging es inzwischen fast schon fröhlich zu. Das schwere Mittagessen hatte die Traurigkeit aufgesogen, und die Gäste schwangen sich, von mehreren Drinks angetrieben, zu normalen Gesprächen auf. Gleich hinter der Tür stand der Pfarrer und unterhielt sich mit einem alten Arbeitskollegen von Bertie über den Dieselverbrauch seines neuen Volvos. Eine junge Frau mit einem zappeligen Kleinkind auf dem Schoß schwärmte der benommen wirkenden Jemima von irgendeiner Trainingsmethode vor.
    »Es ist wie Spinning, nur dass man gleichzeitig mit dem Oberkörper ein Box-Workout macht.«
    »Klingt anstrengend«, meinte Jemima. Sie hatte den festlichen Hut abgesetzt, und ihre strähnchengefärbten Haare lösten sich aus dem Dutt. Sie hielt den Kopf nach rechts geneigt, als könnte ihr dünner Hals ihn nicht mehr aufrecht tragen. Gregory, ihr kleiner Sohn, der gerade ein kaltes Hühnerbein verputzt hatte, ließ den Knochen in ihre aufgehaltene Hand fallen und flitzte in Richtung Dessertbüfett los.
    »Ja, man braucht dafür schon einen guten Gleichgewichtssinn«, sagte die junge Frau.
    Der Major fand es nett, dass Jemimas Freundinnen gekommen waren, um sie zu unterstützen. In der Kirche hatten sie einen kleinen Pulk gebildet, der mehrere Bankreihen im vorderen Teil einnahm. Warum sie ihre Kinder mitgenommen hatten, konnte er sich allerdings beim besten Willen nicht erklären. Ein winziges Baby hatte während des Gottesdienstes immer wieder gebrüllt, und gerade eben saßen drei marmeladenverschmierte Mädchen mit Cupcakes, von denen sie die Zuckerglasur herunterleckten, unter dem Büfetttisch. Sobald sie mit einem Cupcake fertig waren, stellten sie ihn nackt und spuckedurchtränkt auf die Platte zurück. Gregory schnappte sich einen noch unberührten Kuchen und lief zur Terrassentür, vor der Marjorie mit Roger und der Amerikanerin stand. Routiniert streckte Marjorie den Arm aus und brachte den Jungen zum Stehen.
    »Im Haus wird nicht gerannt, das weißt du genau, Gregory!«, sagte sie und packte ihn am Ellbogen.
    »Aua!«, kreischte der Junge und wand sich, als würde er gefoltert. Sie lächelte ihn matt an, zog ihn näher heran und beugte sich zu ihm hinunter, um ihm einen Kuss auf die verschwitzten Haare zu drücken. »Sei lieb, mein Süßer«, sagte sie und ließ ihn los. Der Junge streckte ihr die Zunge heraus und sprang davon.
    »Hierher, Dad!«, rief Roger, der den Major dabei entdeckt hatte, wie dieser die Szene beobachtete. Der Major winkte ihm zu und begann, sich widerwillig zwischen den Gästen durchzuzwängen, die durch ihre Gespräche zu dichten Grüppchen zusammengeschoben worden waren wie Blätter von einer Bö.
    »Er ist ein sehr sensibles Kind«, ließ Marjorie die Amerikanerin gerade wissen. »Unruhig, aber sehr intelligent. Meine Tochter lässt ihn jetzt auf einen hohen IQ testen.« Der weibliche Eindringling schien Marjorie nicht im mindesten zu stören. Ganz im Gegenteil, sie bemühte sich nach Kräften, bei Sandy Eindruck zu schinden. Wenn Marjorie jemandem imponieren wollte, begann sie immer mit ihrem begabten Enkelsohn und schaffte es meist, sich von diesem Thema aus langsam bis zu ihrer eigenen Person vorzuarbeiten.
    »Ich möchte dir gern Sandy Dunn vorstellen, Dad«, sagte Roger. »Sandy ist im Bereich Fashion- PR und Special Events tätig. Ihr Unternehmen kooperiert mit allen wichtigen Modedesignern, weißt du.«
    »Hi!« Sandy streckte ihm den Arm entgegen. »Hatte ich also doch recht mit der Butler-Sache.« Der Major gab ihr die Hand und zog die Augenbrauen hoch, um Roger zu bedeuten, er solle damit fortfahren, sie gegenseitig bekannt zu machen, auch wenn die Vorstellung in völlig falscher Reihenfolge ablief. Aber Roger strahlte ihn nur verständnislos an.
    »Ernest Pettigrew«, sagte der Major. »Major a.D. Ernest Pettigrew, Royal Sussex.« Er brachte ein angedeutetes Lächeln zustande und fügte, um dem Ganzen Nachdruck zu verleihen, hinzu: »Rose Lodge, Blackberry Lane, Edgecombe St. Mary.«
    »Ach ja, Dad, entschuldige bitte«, sagte Roger.
    »Schön, dass ich Sie jetzt auch richtig offiziell kennenlerne, Ernest«, sagte Sandy. Der zwanglose Gebrauch seines
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