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Mr Pink Floyd

Mr Pink Floyd

Titel: Mr Pink Floyd
Autoren: Michele Mari
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traumhaft«, fügt er noch hinzu, »aber damit sie perfekt wird, fehlt noch eine Spur von … ja, genau, eine Spur Erotik.« – »Und das erwartest du von mir, Erotik?« – »Von dir, ja, die anderen sind doch schon zu … ach, vertrau mir einfach, morgen schicke ich dir eine gewisse Person vorbei, die dir bei dem Song helfen wird.« Tatsächlich kam diese gewisse Person, eine Sängerin namens Clare Torry, und die hat vielleicht ein Gekreische von sich gegeben, echt schrille Töne, die sich wirklich wie ein Orgasmus anhörten, also, um es kurz zu machen, wir zwei haben den Song The great gig in the sky auf die
Beine gestellt. Die anderen waren sprachlos. Vor allem Roger wirkte verärgert, zuerst dachte ich, aus Neid, denn hätte ich mich auf die Musik beschränkt, wäre es kein Problem gewesen, die Texte waren nämlich sein Revier, und unter uns haben wir ihn immer »den Lyriker« genannt, worauf er stolz war. Erst viel später habe ich verstanden, dass Roger nicht neidisch, sondern völlig verblüfft war, er war der festen Überzeugung, ein besonderes Verhältnis zu Syd zu haben, was zweifellos stimmte, aber er war auch davon überzeugt, ihr Verhältnis zueinander wäre trotz der Entfernung enger geblieben … Wie dem auch sei, ich bin mir jedenfalls sicher, dass Roger weiß, wer hinter dem Gig steckt, obwohl er nie etwas gesagt hat.

ZWEITES GESTÄNDNIS
    Die Katze

    Das bin ich, David Gilmour, genannt Dave, mit anderen Worten die Gitarre von Pink Floyd . Außerdem Sänger und Songwriter von ungefähr der Hälfte aller Songs. Von mir habt ihr bestimmt schon etliches gehört: Wie schön ich war. Wie gut ich war, und wie gut ich immer noch bin. Dass ich und Roger das gleiche ambivalente Verhältnis gehabt hätten wie Paul McCartney und John Lennon. Wer von Clapton, Page, Knopfler und mir der großartigste Gitarrist war. Alles Unsinn. Mir geht es darum, euch von diesem Schamgefühl zu erzählen, einer ganz bestimmten Scham, die schon fast ins Obszöne geht. Man muss dazusagen, dass auf dem Ganzen eine Art Genealogie lastet, etwas, das ich allenfalls als Zwangshandlung ständigen Übernehmens bezeichnen würde. Übernehmen und ersetzen. Das Körperfresser-Syndrom, könnte man sagen. Die ersten Freunde, mit denen Syd zusammen Musik machte, nannten sich Geoff Mott and the Mottoes . Ein Jahr darauf traten zwei von ihnen, ohne Syd, aber mit Albe Prior, der dazugestoßen war, als Ramblers in Erscheinung. Nach kürzester Zeit wurde Prior, was auf Latein »der Vorgänger« heißt, ersetzt: Ratet mal, von wem? Von mir natürlich! Ein Jahr später spielte ich mit ihnen bei den Jokers Wild , zusammen mit einem gewissen Tony Sainty, der über die Ramblers von den Mottoes gekommen war: Und als Tony ging, wer sprang für ihn ein, da ich ja schon zur Band gehörte? Mein Bruder Peter! Aber das ist selbstverständlich alles nur Vorgeschichte.

    Syd und ich wohnten nebeneinander und kannten uns seit der Kindheit. Ich war oft bei ihm zu Hause, wo wir dann Musik machten, auch wenn ich nie zu seinen ersten Formationen gehört habe. Auf jeden Fall haben wir uns häufig getroffen und Erfahrungen ausgetauscht. Vielleicht war das der Grund, dass mich die drei anderen, als er erste Anzeichen des Wahnsinns zeigte, zu seinem Vertreter erklärten. Gegen Ende 1967 ging das Gerücht, Pink Floyd wollten ihn ersetzen, woraufhin eine beeindruckende Liste sämtlicher Bewerber kursierte: sozusagen die besten Gitarristen des Vereinigten Königreichs. Die anderen waren noch unschlüssig, aber Roger wollte mich: Er stand Syd am nächsten, und seine größte Sorge war, ihn so wenig wie möglich zu verletzen. Als Syds Jugendfreund, so dachte er, würde er mich am ehesten als Ersatzmann akzeptieren: Nur bei mir kamen leise Zweifel auf, Syd könnte sich auf diese Weise gleich doppelt verraten fühlen. Und erst viel zu spät begriff ich, dass Prior der »Vorgänger« von Syd war, und nicht von mir …
    Die schlimmste Phase begann Anfang der 68er, als wir zu fünft auftraten. Das hieß so viel wie: Es gab Pink Floyd , und es gab mich. Solange wir im Aufnahmestudio waren, war alles noch auszuhalten, aber auf der Bühne…O Mann, die Bühne! Die Leute merkten nichts, schauten mal Syd an und mal mich, der ihn sozusagen überspielte … Ich synchronisierte ihn, versteht ihr, ich spielte genau das, was er gerade spielte, und wenn er aus dem Rhythmus kam oder stockte, machte ich weiter, als wäre ich er … Allerdings gab es einen gehörigen Unterschied zwischen
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