Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mr Pink Floyd

Mr Pink Floyd

Titel: Mr Pink Floyd
Autoren: Michele Mari
Vom Netzwerk:
(2)

    Nein, Syd war kein Problem mehr. Zumindest solange er nicht vorhatte, uns zu überraschen …
    Bis wir das ganze Repertoire erneuert hatten, dauerte es eine Weile, sodass wir erst einmal seine Songs weiterspielten. Da viele davon auf ihn als Sänger ausgelegt waren, hielten wir es für besser, seine Stimme Playback laufen zu lassen: Die Zuschauer dachten, ich hätte Syd so gut einstudiert, dass aus mir ein perfekter Pantomime geworden war: Als ich wieder mit meiner Stimme sang, muss man mich allerdings für ein chamäleongleiches Wandlungswunder gehalten haben … Nun denn, eines Tages in einem Lokal, an dessen Namen ich mich nicht mehr erinnere, zwischen den Zuschauern versteckt, stand er plötzlich da, mit gelb gefärbten Haaren und riesigen verspiegelten Brillengläsern: nicht wiederzuerkennen, aber dennoch erkannte ich ihn. Wisst ihr, was er machte, während ich den Mund zum Playback bewegte? Er sang! Er synchronisierte seine eigene Stimme und sang!
    Die unangenehmsten Momente erlebten wir jedoch während der Arbeit an SAUCERFUL. Roger hatte sich alle Mühe gegeben, den Vertrag mit der EMI zu erfüllen, und vier Monate lang gingen wir fast täglich in die Abbey Road Studios. Da es das erste Album ohne Syd war, wollte Roger ihn wenigstens symbolisch mit einem Lied dabeihaben und wählte aus den unveröffentlichten Songs Jugband blues aus. Viele hielten das Stück für einen Beweis schlechten Geschmacks, andere meinten, es zeuge
von großer Menschlichkeit, ich weiß bloß, dass ich es fürchterlich fand, auf dem Album Syds Stimme zu hören, die sagt, wie freundlich es von uns sei, seiner auf der Bühne zu gedenken, und wie dankbar er uns dafür wäre, klargestellt zu haben, dass er nicht dabei war … Er dankte uns, und das in aller Öffentlichkeit! Ein anderes Mal, während einer Probe, steht er plötzlich hinter der Fensterfront und drückt sich wie ein Kind an der Scheibe die Nase platt: Eine Zeit lang ignorieren wir ihn einfach, aber irgendwann verliert Roger die Geduld und fragt ihn, was er will. »Einen Song aufnehmen, einen einzigen, ihr müsst ihn ja nicht für die LP verwenden.« Roger kommt zurück, wir beratschlagen uns und beschließen, ihm den Wunsch zu erfüllen. Kaum geben wir ihm zu verstehen, er könne reinkommen, fuchtelt er wild mit den Armen in Richtung Flurende: Eine Minute später stürmen siebenundzwanzig Musiker in den Aufnahmeraum, die Kapelle der Heilsarmee, die gerade ihre eigenen Sachen einspielte! Völlig versteinert sehen wir zu, wie die Musiker ihre Plätze einnehmen, als wären wir nicht vorhanden. »Was sollen wir spielen, Maestro?«, fragt ihn der Kapellmeister, und Syd, schon wieder halb draußen: »Macht einfach, was ihr wollt!« Das Ergebnis hat er dann in Jugband blues eingebaut … Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie sich die Beatles am nächsten Tag im Studio A nicht mehr eingekriegt haben vor Lachen …
    Und dann gab’s da noch den Tag … puh, das tut jetzt allerdings echt weh … als er wieder einmal in die Abbey Road kam und uns anflehte, bei einem Song mitspielen zu dürfen, irgendeinem. Er wolle gar nicht singen, mir auf der Gitarre zu folgen, reiche ihm schon. Wir waren dagegen, aber er hörte nicht auf zu quengeln. »Warum erniedrigst du dich so?«, fragte Roger, ihn freundschaftlich umarmend. Darauf erwiderte er, und das werde ich nie vergessen: »Das fragst du mich?« Wir ließen ihn also bei einem Song mitspielen, der völlig unbeabsichtigt Remember a day hieß. Rick wollte die Spur hinterher wieder
löschen, denn da sie über meiner lag, klang alles verwaschen, aber Roger wäre jedem an die Gurgel gesprungen, der das gewagt hätte.

NEUNTE KLAGE AUS DEM JENSEITS
    Stanley Kubrick

    Strauss in einem Fantasyfilm war gar nicht so übel, durchaus nicht, aber in 2001 – Odyssee im Weltraum gibt’s noch viele andere Musikparts. Insbesondere für die klangliche Untermalung des Monolithen hatte ich an Pink Floyd gedacht, eine Band, die sich zwar erst kürzlich formiert hatte, aber bereits eine außergewöhnliche Reife aufwies. Schon im Titel zeigte sich bei zahlreichen Stücken die deutliche Anlehnung ans Science-Fiction-Genre; manche Stücke besaßen immerhin die Kraft, Ängste von kosmischer Tiefe in einem auszulösen oder raumzeitliche Paradoxien in eine neurotische Sprache zu übertragen. Da mir ein Mitarbeiter, ein großer Experte in Sachen Rockmusik, erzählt hatte, Pink Floyds Science-Fiction-artige Côté sei hauptsächlich auf den Einfluss von Roger
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher