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Mr Monk besucht Hawaii

Mr Monk besucht Hawaii

Titel: Mr Monk besucht Hawaii
Autoren: Lee Goldberg
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Magazin eher eine unkontrollierbare Lust hätte verspüren sollen – zumal ich zwei Männer vor mir hatte, auf die ich mich hätte stürzen können.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich.
    »Mir geht's super«, sagte Monk und ging an mir vorbei aus dem Haus. Ich schaute verwundert zu Dr. Kroger.
    »Sie haben ihm doch nicht etwa ein Beruhigungsmittel gegeben, oder?«
    Er schüttelte den Kopf. »Adrian hat die Situation akzeptiert, wie sie ist.«
    »Wirklich?«
    »Emotional ist er jetzt in einer guten Verfassung.«
    »Und was glauben Sie, wie lange das anhalten wird?«
    »Adrian weiß, wie er mich erreichen kann, wenn er in eine Krise gerät«, versicherte mir Dr. Kroger.
    »Jeder Tag ist für ihn eine Krise. Neulich abends lief im Fernsehen Alfred Hitchcocks Die 39 Stufen , und er konnte danach nicht schlafen. Den ganzen nächsten Tag hat er versucht, die Leute vom Fernsehsender davon zu überzeugen, dass es besser wäre, den Titel um eine Stufe zu ergänzen.«
    »Machen Sie sich keine Sorgen um Adrian. Er ist okay.« Dr. Kroger lächelte mich an und streichelte mir aufmunternd über den Rücken. »Genießen Sie Ihren Urlaub.«
     
     
    Monk lebte in einem Haus an der Pine Street, nur ein paar Blocks südlich von Dr. Krogers Praxis, in einem sehr gemütlichen Viertel, das seinen natürlichen Charme noch besaß und zum Glück den groß angelegten Sanierungsmaßnahmen entgangen war, die den Rest der Stadt erfasst hatten.
    Da sein Haus so dicht bei dem von Dr. Kroger lag, wartete Monk nicht darauf, dass ich ihn heimbrachte. Stattdessen winkte er beiläufig ab und trottete traurig und allein hügelaufwärts davon.
    Meinetwegen , dachte ich. Machen Sie nur. Spielen Sie ruhig das trotzige Kind. Ist mir doch egal.
    In Wahrheit war es mir natürlich nicht egal. Ich fühlte mich insgeheim schuldig und verfluchte mich beinahe dafür, dass ich etwas Zeit für mich brauchte und für meine beste Freundin bei ihrer Hochzeit da sein wollte.
    Doch dann schob ich die Schuldgefühle beiseite. Ich war schließlich nur Monks Angestellte und trug keinerlei Verantwortung für ihn.
    Viel wichtiger waren mir meine Tochter Julie und die Tatsache, dass ich sie nicht nach Hawaii mitnehmen konnte. Zum Glück störte sie das nicht im Geringsten. Im Gegenteil. Sie freute sich für mich und für Candace, und auch wenn sie Hawaii gern gesehen hätte, war es ihr wichtig, in der Schule nicht ins Hintertreffen zu geraten. Aber es gab noch einen anderen Grund, weshalb sie mich so einfach gehen ließ.
    »Wir hängen ständig zusammen, Mom«, sagte Julie. »Glaub's mir, ich hab dich wirklich lieb, aber manchmal ist es echt zu viel. Ich könnt 'ne Pause gut gebrauchen.«
    Ich wusste genau, wie sie sich fühlte. Schließlich war auch ich irgendwann ein Teenager gewesen. Aber es steckte natürlich mehr dahinter. Im Grunde freute sie sich vor allem darauf, eine ganze Woche mit ihrer Großmutter zu verbringen. Unter ihrer Aufsicht darf sie abends länger aufbleiben, so viel essen, wie sie will, und vor allem bis zum Abwinken shoppen gehen. Sie müssen wissen, dass meine Mom nicht oft nach San Francisco kommt und – was ihre einzige Enkelin angeht – alles andere als knausrig ist. Ich war mir sicher, dass ich nach meiner Rückkehr in Julies Zimmer jede Menge neue Kleider vorfinden würde. Und vielleicht sogar ein Pony.
    Wie auch immer , sagte ich mir. Wenn meine zwölfjährige Tochter ohne mich auskommt, dann wird Adrian Monk das erst recht können. Er ist ein erwachsener Mann und wird es überleben, auch wenn ich ihm ein paar Tage mal keine Desinfektionstücher reiche.
    Die viel entscheidendere Frage war jedoch: Würde er auch »funktionieren«?
    Mit Sicherheit , antwortete ich mir selbst. Er hatte schließlich auch funktioniert, bevor ich in sein Leben trat, auch wenn dies – wie Stottlemeyer meinte – eine ganz andere Zeit gewesen sei.
    Monk hatte zwar auch schon früher zu Zwangsneurosen geneigt, aber er war immer in der Lage gewesen, sie ausreichend unter Kontrolle zu halten, um beim SFPD einen Job zu ergattern und vom Patrouillendienst zum Detective im Morddezernat aufzusteigen.
    Doch dann war Monks Frau Trudy, eine freie Journalistin, bei der Explosion einer Autobombe ums Leben gekommen. Sie hatte einen extrem stabilisierenden Einfluss auf sein Leben gehabt, und ohne sie war er praktisch verloren. Seine Trauer und sein Scheitern, den Mord an ihr aufzuklären, hatten aus ihm einen anderen Menschen gemacht. Ängste und Neurosen übernahmen die Kontrolle
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