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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon
Autoren: Ethan Bayce
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durchkommen“, beruhigte Myers.
    - „Ich verstehe das nicht, wir hatten doch alles durchgerechnet. Auch die Vortests verliefen absolut störungsfrei. Und jetzt so eine Katastrophe. Glaubst du, es lag an einer Überspannung?“
    Robert Shane sah an Myers Mimik, dass seine Gedanken sich in einer ganz anderen Richtung bewegten.
    - „Es gibt noch eine andere Möglichkeit. Im hinteren Bereich des Tunnels wurde ein Mann gefunden. Wir wissen nicht, wer er ist, und vor allem nicht, wie er da hingekommen ist. Er ist wie Alan ins Koma gefallen. Seine feste Kleidung hat ihm vermutlich das Leben gerettet, sie ist völlig verkohlt, aber er selbst hat nur leichte Verbrennungen. Sieht eher nach einem starken Sonnenbrand aus. Na ja, und er hatte einen Rucksack dabei. Seine Ausrüstung deutet auf …“
    - „Ein Umweltschützer?“, Shane war ungehalten.
    - „Oder ein Terrorist.“
    - „Du meinst, es war ein Anschlag?“
    - „Ich weiß es nicht. Ein Umweltaktivist ist noch nie bis in den inneren Kreis vorgedrungen. Aber seit sie sich Green Force nennen, wer weiß?“
    Beide brachten ein gequältes Lachen hervor, das schnell verebbte.
    - „Wo ist er jetzt?“, fragte Shane ernst.
    - „Jenkins kümmert sich um ihn. Ich bin gespannt, was er uns zu sagen hat.“
    Dass die Fakten intern zu behandeln waren, musste nicht explizit betont werden. Man würde die Sache in der Kategorie eines technischen Zwischenfalls abhandeln. Unfälle in Forschungsanlagen gab es allerorten, und allerorten bekamen die Witwen Blumen und eine entsprechende Abfindung. Myers und Shane würden sich an die Analyse der Ursache machen und zusammen mit der Securityabteilung nach dem Sicherheitsleck suchen, durch das der Fremde in die Anlage gelangt war.

3. PETER ERWACHT
     
    Als Erstes sah er ihre Beine. Sie waren schön, gebräunt und schlank. An den Waden konnte man geschmeidige Muskeln erkennen, die im entspannten Zustand sanfte Wogen formten. Sie saß aufreizend lässig auf einem schlichten Stuhl aus poliertem Buchenholz. Das linke Bein wippte, durch das rechte Knie gestützt, sachte in der Luft, wodurch sich die Sandale von der Fußsohle gelockert hatte und nur von den schmalen Riemchen über Zehen und Spann gehalten wurde. Ihr weißes, offenbar leicht geschlitztes Kleid hatte sich durch diese Sitzhaltung geteilt, wodurch auch Teile ihres Oberschenkels sichtbar wurden. Der Oberkörper war durch eine Zeitschrift verdeckt, aber wenn Peter seine Augen drehte, konnte er, ohne sich sonst zu bewegen, ihren Kopf sehen. Sie hatte schulterlanges braunes Haar, große, blassblaue Augen und eine entzückende Stupsnase. Ein hübsches Gesicht, wenngleich ihr Kinn für seinen Geschmack eine Nuance zu spitz war.
    Peter versuchte sich an sie zu erinnern, aber es gelang ihm nicht. In seinem Kopf war ein Blitz. Die Situation war pikant. Er war verheiratet und er liebte seine Frau und nun lag er auf dem Bett dieser schönen Fremden, die offenbar darauf wartete, dass er erwachte. Peter Saunders bewegte sich nicht, wollte Zeit gewinnen und ließ seinen Blick langsam durch den Abschnitt des Raumes wandern, der ihm in dieser Lage visuell zugänglich war. Das Zimmer war spärlich möbliert, ein schmaler Wandschrank, eine Kommode, ein Waschbecken, darüber eine Ablage und ein Spiegel. Durch das Fenster an der gegenüberliegenden Seite fiel helles Licht ein. Er sah einzelne Strahlen, woraus er schloss, dass der Tag noch nicht weit fortgeschritten war. Wo war er bloß und wer war diese Frau? Sie blätterte in der Zeitschrift ohne zu ihm herüberzusehen. Wie lang mochte sie da schon sitzen? Der Gedanke, Ellen betrogen zu haben, war ihm unerträglich. Seitdem sie zusammen waren, war Peter ihr treu, er war glücklich mit ihr, er liebte sie. Auf der anderen Seite wäre es ihm aber auch gegenüber dieser Frau unangenehm, sich nicht an ihr Liebessabenteuer zu erinnern. Er versuchte, sich den gestrigen Tag ins Gedächtnis zu rufen, aber es war als stünde er auf einem Schnee bedeckten, nebligen Feld. Keinerlei Konturen waren auszumachen, nichts als eine grenzenlose Leere umgab ihn auf der Reise in diese doch so nahe Vergangenheit. Alles, an das er sich erinnern konnte, waren die gewohnten Lebensumstände, seine Frau, seine Tochter Irene, die Wohnung in Annapolis, das Büro. Aber irgendetwas stimmte nicht. Diesem Rahmen fehlte jeglicher Bezug, konkrete Erlebnisse, die der Vorstellung eine individuelle Note verliehen, sie abhoben von den spärlichen biographischen Daten flüchtiger
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