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Mount Maroon

Mount Maroon

Titel: Mount Maroon
Autoren: Ethan Bayce
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Offenbar interessierte er sich nicht dafür, sondern reduzierte Peter einzig und allein auf das Krankheitsbild.
    - „Und dann hatten wir einen Unfall?“
    - „Ja, aber machen Sie sich jetzt keine Sorgen, Sie sind soweit wiederhergestellt.“
    - „Könnte ich telefonieren? Ich muss meine Frau anrufen.“
    Dr. Jenkins zögerte einen Augenblick.
    - „Ich kann Ihnen das auf dieser Station nicht erlauben. Aber Schwester Ann wird gleich ihre Daten aufnehmen und Ihre Frau verständigen. Sie kann dann auch herkommen und in ein paar Tagen können Sie wieder nach Hause.“
    Es entstand ein dezentes Gemurmel. Zwischen den Weißkitteln wurden medizinische Details verhandelt. Peter verstand nur, dass die Magensonde entfernt werden sollte.
    - „Wo bin ich hier überhaupt?“
    Eine einfache Frage, auf die es eine eindeutige Antwort gab. Das Lächeln des Graumelierten kehrte zurück und blieb standhaft.
    - „St. George Hospital, Cincinnati, eine der besten Privatkliniken des Landes“, sagte einer der Ärzte, die das Bett auf der rechten Seite flankierten, nicht ohne Stolz. Während Peter noch verwundert darüber nachdachte, wie eine Privatklinik einen Tramper aufzunehmen bereit war, von dem man nicht einmal wissen konnte, ob er überhaupt krankenversichert war, wandte sich die Gruppe ballettartig zum Gehen. Sollte das wirklich schon alles gewesen sein? Peter hatte noch jede Menge Fragen.
    - „Ach Doc, wie geht es dem Mann?“
    - „Welchem Mann?“
    Wieder so ein Fauxpas. Wurde er alt? Noch konnte er derartige Fehlleistungen durch Amt, Würden und eine gehörige Portion Jovialität überspielen, aber irgendwann würde es sich rächen. Noch bevor er die Sache gerade rücken konnte, formulierte Peter die Nachfrage.
    - „Dem, der mich mitgenommen hat.“
    - „Ja, schon klar. Dem geht es gut“, antwortete Jenkins knapp, zögerte kurz und ergänzte: „Er hat Ihnen übrigens das Leben gerettet, Sie aus dem brennenden Wagen gezogen.“ Dann machte er auf dem Absatz kehrt. Offenbar hatte er es eilig.
    Nachdem das Ensemble abgezogen war, kam die schöne Ann herein. Sie hatte ihre Zeitschrift gegen eine Kladde eingetauscht und war auf eine fast theatralische Art um Förmlichkeit bemüht, wie eine Schauspielerin, die eine Krankenschwester spielt. Das Ausfüllen des Formulars dauerte kaum zehn Minuten und abschließend unterschrieb Peter den Bogen, auf dem neben der Krankenversicherung und seiner Telefonnummer folgende Ergänzungen eingetragen waren:
Peter Oswald Saunders, geboren am 18. Juni 1969 in Harrisburg, Illinois, wohnhaft: 14 B Mayfield, Annapolis, Maryland, verheirat mit: Ellen Saunders (geb. Hudson), eine Tochter namens Irene, neun Jahre. Arbeitgeber: Manson & Company Verlagsgesellschaft, 39 H Mayfield, Annapolis, Maryland
     

4. DER VIERTE MANN
     
    Der kleine Konferenzraum, wie man ihn hier nannte, bot Platz für sechs Personen. Er wurde für alle vertraulichen Unterredungen genutzt, an denen neben Robert Shane zwischen zwei und fünf weiteren Personen beteiligt waren. In seinem Arbeitszimmer empfing Mr. Shane jeweils nur eine Person, da dort kein Gespräch abgehalten werden sollte, an dem er nicht direkt als Sprecher oder Angesprochener beteiligt war. Der Raum, in dem sie sich jetzt befanden, lag im oberen Stockwerk von Shanes extravagantem Anbau und war eine originäre Nachbildung einer
Salle de Consultation
im Stile der französischen Adelshöfe zu Zeiten Ludwigs XV. Shane war als junger Mann für einige Monate in Frankreich gewesen und als glühender Bewunderer der höfischen Lebensart des Ancien Régime nach Amerika zurückgekehrt. Er hatte sich nie sonderlich kritisch mit den gesellschaftspolitischen Hintergründen dieser Epoche der europäischen Geschichte auseinandergesetzt und so war es ihm leicht gefallen, sich in dieser Hinsicht auf das schmucke Beiwerk zu konzentrieren. Die weiße Stuckdecke, welche über eine große Rosette und reichhaltig dekorierte Zierleisten mit hängendem Kugelfries verfügte, bildete einen abgestimmten Gegenpol zu den lindgrünen Seidentapeten. Das Mobiliar war sorgsam ausgewählt. Es bestand im Wesentlichen aus einem Sekretär mit schräger Schreibklappe, deren Seiten Ornamente aus Obsthölzern schmückten, einem Wandschrank mit bewegter Holzmaserung und grün lackierten Sockeln und einem Konsoltisch mit geschmückter Palmette, über dem ein Wandspiegel mit durchbrochener geschnitzter Bekrönung angebracht war. Bis auf Robert Shane, der an seinen Rollstuhl gebunden war, saßen die
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