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Mottentanz

Mottentanz

Titel: Mottentanz
Autoren: Lynn Weingarten
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Zucchinibrot und natürlich einen Brownie und ein Croissant …«
    Die Jüngere fängt an zu kichern. »Und noch ein Croissant. Eins mit Mandeln!«
    »Und eine gekühlte Latte«, sagt die Ältere. »Und einen Cupcake und einen Smoothie …«
    Die Mädchen bestellen immer weiter. Ihr Lächeln wird
strahlender, und sie tauschen Blicke aus, als sei es ein Insider-Witz von ihnen, hier massenweise Essen zu bestellen. Wahrscheinlich haben sie schon seit Monaten davon gesprochen, was sie unternehmen wollen, wenn die Ältere wieder da ist. »Wenn ich zurück bin, dann gehen wir ins Mon Cœur… und bestellen alles, was es gibt!«
    Ich mache ihre Getränke und versuche, Blickkontakt zu vermeiden. Die beiden plappern, wie richtig glückliche Leute es immer tun. Sie sind richtig high vor Glück.
    »Ich liebe dieses Café«, sagt die Jüngere.
    »Ich auch, es hat mir gefehlt«, nickt die Ältere. »Sonst habe ich überhaupt nichts vermisst. Au!« Sie reißt die Augen unschuldig auf, als die Jüngere ihr spielerisch in den Oberarm boxt. Sie legt ihrer kleinen Schwester den Arm um die Schultern und küsst sie auf die Wange. Die Jüngere tut so, als wische sie den Kuss ab. Beide lachen.
    Das ganze Essen steht jetzt vor ihnen auf dem Tresen. Ich starre die beiden nur wortlos an.
    »Oh, Entschuldigung!« Die Ältere holt einen hellgrünen Geldbeutel aus der Tasche und bezahlt alles mit ganz neuen Scheinen. »Vielen, vielen Dank!«, sagt sie.
    »Ja! Vielen, vielen Dank!«, sagt auch die Jüngere. Als dankten sie mir für ihr Glück, weil ich es gesehen habe.
    Sie müssen dreimal laufen, um ihr Essen an ihren Tisch zu bringen. Normalerweise hätte ich ihnen Hilfe angeboten, aber ich schaue ihnen nur wortlos zu. Die Ältere wirft Geld in die Trinkgeldkasse, zwei Dollar. Die meisten Leute geben höchstens einen. Ich kann mich kaum zu einem Dankeschön aufraffen.

    Kurz darauf ist Brad wieder da und stellt sich neben mich. Er sieht, wie ich die beiden beobachte, und legt mir den Arm um die Schulter. »Feierabend für dich«, sagt er und reicht mir eine weiße Papiertüte. In der Tüte sind ein Dutzend zerbrochene Cookies mit rosa und weißem Zuckerguss. »Die können wir nicht verkaufen«, sagt Brad. »Ich wollte sie eigentlich Thomas mitbringen, aber meiner Meinung nach solltest lieber du sie mitnehmen. Vergiss nur nicht, nachher zu kotzen, damit du dir deine Figur nicht ruinierst.«
    Ich halte meine Nase über die Tüte und atme süßen Mandelduft ein. Das eiserne Band um meine Brust beginnt sich zu lockern. Ich habe wirklich Glück, dass ich Brad kenne, der zwar manchmal unmöglich ist, aber immer zu wissen scheint, wann ich wirklich eine große Tüte Keksstücke brauche. Und auch genau zu wissen scheint, wann ich nicht darüber reden will.

Kapitel 2

    Ich bin draußen. Die Luft ist jetzt kühler und die Sonne geht unter. Meine Augen gewöhnen sich an das Dämmerlicht und ich laufe los.
    Ich komme an einem Kosmetikstudio, einer Boutique und einem Delikatessengeschäft vorbei. Ich laufe weiter. Mon Cœur, wo ich arbeite, und der Secondhandshop Attic, in dem meine beste Freundin Amanda arbeitet, sind in der Innenstadt von Edgebridge, einem Vorort von Chicago. Einem schicken Vorort für reiche Leute, der Disneyland-Version eines Viertels, in dem normale Menschen leben sollten. Schöne neue Straßenlaternen leuchten jede Ecke aus, und in den Holzkästen, die die Straßen säumen, blühen pink- und orangefarbene Blumen. Im Herbst ist dieser Teil der Stadt mit Kürbissen und Maiskolben dekoriert und im Winter sieht man überall Lichterketten und Weihnachtsdekoration. Von hier aus dauert es mit dem Auto nur zwei Minuten bis zu Amandas Haus, deshalb haben wir beide uns hier Jobs gesucht. In meiner Nachbarschaft kann man nirgendwo arbeiten, außer in Schnapsläden oder beim Gebrauchtwagenhändler. Außerdem wohne ich quasi bei Amanda.
    Sie wartet in der Tür von Attic auf mich und küsst mich
zur Begrüßung auf die Wange. Dann tritt sie einen Schritt zurück und deutet auf ihr Outfit. »Ich probiere gerade was aus. Was meinst du?«
    Sie trägt winzige dunkelblaue Kindershorts und ein enges Jungenunterhemd. Dazu trägt sie dunkelblaue Kniestrümpfe.
    »Falls du ausprobieren wolltest, wie man sich als Junge vor der Pubertät fühlt, dann hast du was ziemlich Herausragendes übersehen.« Ich starre betont auffällig auf ihren Busen. Wir lachen.
    »Ich hab so ein Outfit in einer Zeitschrift gesehen«, sagt Amanda. »Findest du nicht, dass ich das
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